Flüchtlingsunterkunft in Kirchardt: Ein Kompromiss im Sinne der Eltern
Die Flüchtlingsunterkunft im alten Rathaus soll nur mit Paaren und Familien belegt werden. Damit reagiert der Gemeinderat auf teils heftigen Widerstand in der Bevölkerung.

Es scheint für alle ein guter Kompromiss zu sein: Das alte, seit März leerstehende Rathaus in Kirchardt wird trotz des Protests vieler Bürger nun doch eine Flüchtlingsunterkunft. Allerdings unter der Auflage, vorwiegend Familien und Paare dort unterzubringen. Das hatten die Kirchardter bei einer Bürgerversammlung im März immer wieder vehement gefordert. Zum Schutz der Kinder in der benachbarten Grundschule, wie die Unterzeichner einer Petition erklärten. "Es wurde deutlich, dass es keine Einwände gegen eine Familienunterbringung gibt", fasst Bürgermeister Gerd Kreiter zusammen. Darauf sei man nun eingegangen.
Möglich ist das auch, weil die Verwaltung kurzfristig ein Wohngebäude für sogenannte "Regelflüchtlinge" anmieten konnte. Dort werden 15 bis 20 Personen aus Iran, Irak oder Afghanistan untergebracht. Genau dieses Kontingent bekommt die Kommune noch in diesem Jahr vom Landratsamt zugeteilt. Plus die gleiche Anzahl aus der Ukraine.
Kein alternativer Standort für Flüchtlingsunterkunft
Eine Alternative zum alten Rathaus habe es nicht gegeben, so Kreiter: "Wir haben für einen Neubau keinen geeigneten Standort." Außerdem werde damit kurzfristig nicht das Unterbringungsproblem gelöst. Eine Containerlösung - ebenfalls ein Vorschlag aus der Bürgerschaft - außerhalb der Gemeindegrenzen lehnen sowohl Verwaltung als auch Gemeinderat ab. Ein Grund: Die Kosten dafür liegen um ein Vielfaches höher als der Umbau des Rathauses, der mit 120 000 Euro veranschlagt ist.
Auch wenn Gerd Kreiter die Befürchtungen vor allem von Eltern schulpflichtiger Kinder versteht: "Ich bin der Meinung, dass die objektive Sicherheit an jedem Standort in Kirchardt gleich groß ist." Wenn eine Person komme, die Probleme mache, dann passiere so oder so etwas. Egal, wo sie untergebracht sei. "Die soziale Kontrolle ist bei einer Unterkunft im Ort besser."
Ein weiteres Anliegen der Bürger ist die Betreuung der Flüchtlinge. Auch in diesem Bereich rührt sich etwas bei der Verwaltung, die prüfen will, ob weiteres hauptamtliches Personal eingestellt werden kann. Denn sowohl der ehrenamtliche Arbeitskreis Flüchtlingshilfe sowie die Gemeindeverwaltung und ein Integrationsmanager des Landratsamts Heilbronn stoßen laut Gerd Kreiter mittlerweile an ihre Kapazitätsgrenzen.
Bei den Gemeinderatsmitgliedern trifft die Entscheidung auf breite Zustimmung. Kein Wunder, denn bereits im vergangenen Jahr hatten sich die Mitglieder einstimmig dafür ausgesprochen.
Ein Entgegenkommen
Den Kompromiss, wenn möglich nur Familien und Paare aus der Ukraine im alten Rathaus unterzubringen, konnten auch jetzt wieder fast alle Gremiumsmitglieder mitgehen. Bei nur einer Nein-Stimme wurde dem Kompromiss zugestimmt. "Das ist das Salz in einer Demokratie", fasst beispielsweise Gerd Wolf von der SPD zusammen.
Als nächstes werden die Arbeiten für die erforderlichen Umbaumaßnahmen vergeben. Sobald alles fertig ist, können die ersten Personen einziehen. Doch einen Wermutstropfen gibt es: "Solange wir für Alleinreisende andere Möglichkeiten haben, können wir so verfahren", so Gerd Kreiter. Sprich: Werden Kirchardt über einen längeren Zeitraum hinweg noch mehr "Regelflüchtlinge" zugewiesen und es ergeben sich keine Alternativen auf dem privaten Wohnungsmarkt, könnte die Verwaltung notgedrungen auf das Gebäude ausweichen müssen. Jetzt habe man aber erst einmal einen "Königsweg" gefunden, sagt der Bürgermeister. "Wir kommen damit den Eltern entgegen."
Pflichtaufgabe
Der Gemeinde Kirchardt werden vom Landratsamt Heilbronn Flüchtlinge zur Anschlussunterbringung zugewiesen. Die Zuweisung erfolgt durch eine Quote, die einwohnerabhängig ist. Kirchardt ist verpflichtet, eine gewisse Anzahl an Personen anzunehmen. Die Verwaltung geht davon aus, dass in diesem Jahr noch 15 bis 20 sogenannte "Regelflüchtlinge" sowie die gleiche Anzahl Personen aus der Ukraine aufgenommen werden müssen. Das alte Rathaus soll für diese Zwecke umgebaut werden.



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