Wie groß ist die Gefahr von Stromausfällen im Winter?
Die Debatte um die Versorgungssicherheit in Deutschland nimmt an Fahrt auf. Regionale Netzbetreiber gehen allerdings nicht von großflächigen und andauernden Stromausfällen aus. Zeitlich begrenzte Engpässe sind aber nicht auszuschließen.
Angesichts der fehlenden Gaslieferungen aus Russland und der geplanten Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke warnen Industrie und Energieversorger immer lauter vor einem drohenden Blackout. Solch ein unkontrollierter, großflächiger und lange andauernder Stromausfall wird auch bei Netzbetreiber Transnet-BW nicht ausgeschlossen. "Ein solches Szenario halten wir aber für unwahrscheinlich", erklärt Claudia Halici, Pressesprecherin der EnBW-Tochter.
Schutz vor einem Blackout
Nach Auskunft einer Sprecherin von Zeag-Energie sei ein großflächiger und länger anhaltender Stromausfall nahezu ausgeschlossen. Durch die Umstellung des Netzes auf 110 Kilovolt sei selbst bei einem extremen Stromverbrauch das Netz gegen einen Blackout geschützt. Zeag ist der Verteilnetzbetreiber für Heilbronn und mehrere Gemeinden im Landkreis.
Ein Sprecher von Netze-BW, das große Teile des Stromnetzes des Landkreises Heilbronn betreibt, geht bei einer Überlastung des Stromnetzes durch zu viele eingeschaltete elektrische Heizgeräte davon aus, dass sich ein Ausfall partiell beschränke. Auch er hält einen lang anhaltenden Stromausfall für unwahrscheinlich.
Angespannte Versorgungssituation
Allerdings sei die Versorgungssituation im Winter äußerst angespannt, warnt Halici. Das sei auch das Ergebnis des sogenannten Stresstests der vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz, Amprion, Tennet und Transnet-BW gewesen, der vor wenigen Tagen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck vorgelegt wurde. "Es kann sein, dass es im kommenden Winter zu Stromausfällen kommt", fasst die Sprecherin den Bericht zusammen.
Bei einer Strommangellage würde deutschlandweit vereinzelt, kontrolliert und zeitlich begrenzt der Strom ausfallen, erläutert sie. Bei einem nicht zu behebenden Engpass im Stromnetz würde dort, wo Kraftwerkskapazitäten fehlen, der Strom ausfallen - ebenfalls kontrolliert und zeitlich begrenzt. "Ein unkontrollierter Zusammenbruch des europäischen Stromsystems ist allerdings nicht zu erwarten."
In Europa könne aber im Winterhalbjahr im Strommarkt der Bedarf wohl nicht vollständig gedeckt werden. "Wir rechnen zwar nicht mit einem flächendeckenden Stromausfall. Aber natürlich sind wir auch für diese Situation vorbereitet", sagt sie. Es fänden regelmäßig Trainings statt, bei denen ein Ernstfall geübt werde.
Lieferungen aus Frankreich
Hinzu kommt, dass momentan Frankreich von Deutschland Strom geliefert bekommt. An der Grenze zum Saarland wird zwar kommende Woche ein Kohlekraftwerk wieder in Betrieb genommen. Doch Stand Donnerstag sind immer noch 28 der 56 französischen Atomkraftwerke abgeschaltet. Der Versorger EDF begründet dies mit aufgeschobenen Wartungen in der Corona-Krise und Korrosionsproblemen, auf die derzeit 13 Reaktoren überprüft würden. Der alternde Kraftwerkspark erfordere außerdem eine aufwendigere Wartung, anders als ursprünglich geplant sollen die Meiler nun länger als 40 Jahre am Netz bleiben.
Noch ist nicht entschieden, ob die Bundesregierung zwei der drei noch aktiven Atomkraftwerke - Isar 2 und Neckarwestheim 2 - länger am Netz lässt, um die Versorgung sicherzustellen. Planmäßig sollen zum 31. Dezember die Lichter ausgehen. Habeck will zwei der drei Meiler noch bis Mitte April 2023 am Netz lassen, allerdings nur in Reservebereitschaft. Ob sie benötigt werden, hänge maßgeblich von der Leistung der Meiler in Frankreich ab, sagte er. Nach derzeitigem Stand will die Bundesregierung im November die Entscheidung über eine AKW-Notreserve treffen. In Isar 2 gibt es bereits einen Reparaturbedarf.


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