Angeklagte im Doppelgängerinnen-Mord spricht über Tattag: „Habe angefangen zu weinen“
Die Tatverdächtige belastet ihren Bekannten im Prozess in Ingolstadt schwer. Der schweigt weiterhin zum sogenannten "Doppelgängerinnen-Mord" an der Frau aus Eppingen.

Mit Stift und einem weißen Blatt Papier hat sich die angeklagte Deutsch-Irakerin Schahraban K. (24) neben ihren Verteidiger gesetzt. Sie zeichnet eine Skizze des mutmaßlichen Tatorts aufs Papier. Dann steht sie auf, läuft in Fußfesseln an die lange Richterbank in Saal elf des Landgerichts Ingolstadt. Zuvor hatte ihr Verteidiger angekündigt, dass seine Mandantin Angaben zu den Geschehnissen im Wald bei Bad Rappenau-Fürfeld machen möchte. Es ist der 16. Verhandlungstag im sogenannten Doppelgängerin-Prozess. Der Richter projiziert die Skizze auf eine Leinwand. Schahraban K. beginnt mit ihrer Version der Geschehnisse an jenem 16. August 2022.
Demnach habe sie ihr schwarzes Mercedes Coupé in einer Einmündung im Wald kurz vor Fürfeld abgestellt. Mit im Auto saßen ihr Bekannter Sheqir K. (25) und die Algerierin Khadidja O. aus Eppingen. Der Kosovare Sheqir K., der ebenfalls angeklagt ist, habe an jenem Augusttag im Wald austreten müssen. Schahraban K. habe eine Zigarette mit dem späteren Opfer geraucht. Sheqir K. habe sich dazugestellt, habe zwei Zigaretten geraucht und sei dann mit der der Eppingerin fünf, sechs Meter weiter zu einem Wegweiser weitergegangen. Sie selbst habe neben der Fahrertür gewartet.
Doppelgängerinnen-Mord: Möglicher Tatort in Eppingen wird im Prozess in Ingolstadt thematisiert
Plötzlich habe der Kosovare Sheqir K. mit der Faust auf den Kopf der Eppingerin eingeschlagen. Die damals 23-jährige Khadidja O. sei zu Boden gegangen, habe geschrien. "Ich war wie im Schock, habe angefangen zu schreien, bin hingefallen" beschreibt die Angeklagte, wie es sich ihrer Meinung nach zugetragen habe. Sie habe eine Blockade gespürt und nicht mehr gewusst, was sie tun soll. "Dann habe ich mir die Ohren zugehalten." Der Vorsitzende Richter will von der Angeklagten wissen, ob sie ein Messer gesehen habe. "Nein, kein Messer. Sie hat auch nicht geblutet", antwortet sie. Wie das Opfer ins Auto gelangt sei, könne sie nicht sagen. Khadidja O. habe irgendwann schräg auf der Rückbank des Autos gelegen. Der Angeklagte habe weiter auf das Opfer eingeschlagen. Dann habe er sie angewiesen loszufahren. Bereits an einem anderen Prozesstag hat die Angeklagte grausame Szenen geschildert.
Der Angeklagte Sheqir K. macht auch an diesem Verhandlungstag keine Angaben. Gelassen verfolgt er die Schilderungen seiner Bekannten, mit der er an jenem Tag nach Eppingen gefahren war. Die Anwälte der Angeklagten beantragen eine Ortsbegehung, während die Anwälte von Sheqir K auf detailliertere Angaben zu den Örtlichkeiten und den Geschehnissen in Eppingen und Bad Rappenau-Fürfeld drängen. Wie weit war die Straße vom mutmaßlichen Tatort entfernt? Wo genau habe das Fahrzeug gestanden, wo die beteiligten Personen? Wie ist das Höhenniveau vor Ort und wie schwer war die mögliche Tatwaffe? Der Vorsitzende Richter gesteht ein, dass solche Angaben zur Objektivität beitragen könnten.
Bekannte oder Freunde – In welcher Beziehung standen die Angeklagten zum Opfer aus Eppingen?
Dies will auch zwei Brüdern, die als Zeugen geladen und vom Gericht nacheinander befragt worden sind, nicht so recht gelingen. Sie haben die Angeklagte nur flüchtig gekannt, eher noch den Angeklagten. Noch besser wollen beide einen Mann gekannt haben, der angab, in einer Beziehung mit der Eppingerin gewesen zu sein. Bereits in der Tatnacht, als Khadidja O. tot im Auto in Ingolstadt aufgefunden wurde, wollen die Brüder erfahren haben, dass eine Frau aus Eppingen getötet worden sei und Sheqir K. und Schahraban K. daran beteiligt waren. Dies habe unter Bekannten in Ingolstadt bereits die Runde gemacht.
Der Mann, der mit der Eppingerin befreundet gewesen sei, habe Panik bekommen, es könne sich bei der Toten um seine Freundin handeln, erzählen beide. Ominös bleibt auch die Angabe der beiden Brüder zu einer Liste, auf der die Namen der Zeugen stehen sollen. Die sei bei einem Gefangenen in einem Gefängnis aufgetaucht. Damit könnte sich die Wortkargheit des einen Bruders erklären. Auf einen Großteil der Fragen antwortete er: "Weiß ich nicht, kann mich nicht erinnern."
Was bisher im Prozess um den Doppelgängerinnen-Mord geschah
Am 16. August 2022 sollen die beiden Angeklagten von Ingolstadt nach Eppingen gefahren sein. Die Angeklagte Schahraban K. soll zuvor über das Internet zu Khadidja O. aus Eppingen Kontakt aufgenommen haben. Sie gab laut Staatsanwaltschaft Ingolstadt vor, das spätere Opfer kostenlos in ihrem Kosmetikstudio zu behandeln. Zwischen der Familie von Schahraban K. und der Familie ihres Ex-Freundes war es aufgrund von Trennung und Versöhnungsversuchen zu Meinungsverschiedenheiten gekommen. Offenbar wollte die Angeklagte die Beziehung mit ihrem Ex-Freund fortführen.
Auf der Fahrt von Eppingen nach Ingolstadt soll Khadidja O. in einem Waldstück in Bad Rappenau-Fürfeld unter einem Vorwand aus dem Auto gelockt worden sein. Die Staatsanwaltschaft ist davon überzeugt, dass der mitangeklagte Komplize Sheqir K. die Eppingerin mit mindestens einem Schlag auf den Hinterkopf zu Boden brachte und anschließend mit 56 Messerstichen tödlich verletzte. Eine Tatwaffe ist im seit 16. Januar andauernden Prozess noch nicht präsentiert worden. Beide sind wegen Mordes angeklagt.