Prozess um ermordete Eppingerin: Fragwürdiger Auftritt eines Zeugen
Vor dem Landgericht Ingolstadt sagt der Freund der ermordeten Eppingerin aus. Richter, Staatsanwältin und Verteidiger nehmen den Mann in die Mangel.

"Ich erinnere mich nicht." "Das weiß ich nicht mehr. Keine Ahnung." Der 24 Jahre alte Freund einer jungen Frau aus Eppingen, die am 16. August 2022 brutal ermordet und deren Leiche in Ingolstadt entdeckt worden ist, kann sich an viele Einzelheiten kaum erinnern. Seine oft wortkargen und im Detail widersprüchlichen Aussagen machen ihn verdächtig. Er erweckt nicht den Eindruck, dass er zur Aufklärung des Doppelgängerin-Mords beitragen möchte. Außerdem kennt er nicht nur das Opfer, sondern auch die Angeklagten.
Doppelgängerin-Mord: Zeuge beschimpft Angeklagte
Dazu im krassen Widerspruch steht sein emotionaler Auftritt gleich zu Beginn der Zeugenaussage gestern vor dem Ingolstädter Landgericht. Er pöbelt und bellt "Scheiß-Mörder" in Richtung Anklagebank. Dort sitzen eine 24-jährige Deutsch-Irakerin und ihr 24-jähriger Bekannter. Die beiden stehen im Verdacht, die Frau aus Eppingen abgeholt und in einem Wald bei Bad Rappenau-Fürfeld umgebracht zu haben. Die Angeklagte habe ihren eigenen Tod vortäuschen wollen. Das Opfer, Khadidja O., soll der Beschuldigten ähnlich gesehen haben.
Der 24 Jahre alte Freund der getöteten Eppingerin ist türkischer Staatsangehöriger, ledig, zurzeit arbeitslos und lebt in Ingolstadt bei den Eltern. "Ich fand sie voll hübsch, wir haben jeden Abend telefoniert", beschreibt er die Beziehung zu Khadidja O.. Nachdem sie zunächst chatteten und telefonierten, habe er sie im Juni 2022 zum ersten Mal persönlich getroffen. Er und ein Kumpel seien mit dem Zug nach Heilbronn und weiter nach Eppingen gefahren. Dort habe er einige Tage mit Khadidja O. verbracht. Sie seien essen gegangen und nach Karlsruhe zu einem Volksfest gefahren. Er habe bei ihr übernachtet. Einige Wochen später habe sie ihn in Ingolstadt besucht. In der Zeit danach beschränkte sich der Kontakt aufs Telefon. Zu einem weiteren Treffen kam es nicht mehr. Die Beziehung sei trotzdem ernst gewesen, berichtet der Freund. "Wir wollten in die Zukunft schauen."
Leiche mit mehr als 60 Schnitt- und Stichwunden
Die Leiche der Eppingerin wurde nachts in Ingolstadt in einem Mercedes entdeckt. Ihr Körper wies mehr als 60 Schnitt- und Stichverletzungen auf. Der Freund sagt aus, er habe an jenem Tag ab 17 Uhr nichts mehr von Khadidja O. gehört.
Weil der 24-Jährige die beiden Beschuldigten kennt, stellen Richter, Staatsanwältin und Verteidiger bohrende Fragen. Sie versuchen herauszufinden, wann exakt er wusste, dass es sich bei der Leiche um seine Freundin handelt. Wer aus seinem Bekanntenkreis wann genau wen informierte. Ein Verteidiger fragt den Freund auf den Kopf zu: "Waren Sie an dem Mordauftrag beteiligt?" Der Zeuge reagiert dünnhäutig, wird laut. Immer wieder stellt sich Sicherheitspersonal in dessen Nähe, um gegebenenfalls einzugreifen.
Zeuge leidet seit Langem unter psychischer Erkrankung
"Entweder er ist nicht aussagetüchtig oder er lügt", sagt ein Verteidiger zur Zeugenaussage. Eine Begutachtung der Glaubwürdigkeit lehnt das Gericht vorerst ab. Es liegt ein nervenärztliches Attest vor. Demnach leidet der 24-Jährige an Depressionen und hat Suizidgedanken. Schon vor dem Mord war er deswegen in Behandlung.