Aquatoll: Es gibt wohl interessierten Investor
Wird die beliebte Attraktion in Neckarsulm saniert oder abgerissen? Ende April will sich der Gemeinderat festlegen. Am Montagabend hat das Gremium in einer Sondersitzung die Optionen beraten. In zwei Wochen folgt eine weitere Veranstaltung für Bürger.

Das Aquatoll bewegt die Gemüter. Das hat die Sondersitzung am Montagabend in der Ballei gezeigt, zu der 150 interessierte Zuschauer gekommen waren. Saunalandschaft und Spaßbereich der Attraktion müssten saniert werden. Außerdem wären Investitionen erforderlich, um die Einrichtung attraktiver zu gestalten. Nur: Das Paket kostet derzeitigen Berechnungen zufolge 37,5 Millionen Euro, denn auch das jährliche Defizit fürs Aquatoll betrüge weiterhin fast zwei Millionen Euro. Insgesamt müsste die Stadt mit weiteren Investitionen in Bäder fast sechs Millionen Euro pro Jahr stemmen, inklusive Abschreibungen. Zum Schluss der Sitzung, ohne aber in die Details zu gehen, sagte der OB: Es gebe wohl einen Investor, der sich dafür interessiert.
Das jährliche Defizit bliebe bei Sanierung hoch
Teilen des Gemeinderats ist das zu viel, denn auch das jährliche Defizit fürs Aquatoll betrüge weiterhin fast zwei Millionen Euro. Das müsste von der Stadt übernommen werden. Es ist davon auszugehen, dass sich das Gremium im April für den Abriss ausspricht. Eine Online-Petition mit über 6000 Unterzeichnern dürfte daran genauso wenig ändern wie Bedenken aus dem Umfeld des Aquatoll-Architekten Ulrich Bechler, der sich an der Diskussion nicht beteiligt.
Für Oberbürgermeister Steffen Hertwig soll die Bäderlandschaft finanzierbar sein
Auch neu sind Überlegungen der Werkleitung, zweieinhalb Millionen Euro in die Technik zu stecken, um den Betrieb vorläufig zu sichern. Die SPD und die Grünen lehnen dies ab. Gemeinderat und Stadtverwaltung informieren ausführlich vor der finalen Entscheidung über das Aquatoll, am Montag befasste sich das Gremium mit den denkbaren Wegen, in zwei Wochen folgt eine weitere Veranstaltung für Bürger. Die Verantwortlichen haben sich dabei nicht allein mit dem Aquatoll beschäftigt. Oberbürgermeister Steffen Hertwig sprach davon, die städtische Bäderlandschaft so aufzustellen, dass sie auch in 20 Jahren unter anderem finanzierbar sei.

Das sind die Varianten
Deshalb wurden auch das Freibad in Neckarsulm-Obereisesheim, das gerichtet werden muss, sowie das Lehrschwimmbecken im Stadtteil Amorbach und das ehemalige Lehrschwimmbecken in Obereisesheim analysiert. Langfristig würde bei der Komplettsanierung das Bad in Amorbach wegfallen. Am günstigsten ist die Möglichkeit "Kommunale Bäderlandschaft". Hier verschwände das Aquatoll, dafür blieben das Freibad und das Becken in Amorbach, außerdem würde das Lehrschwimmbecken in Obereisesheim reaktiviert. Dieses Becken, im Untergeschoss der Schule gelegen, befindet sich schon länger im Rohbaustadium. Eine Sauna könnte unter privater Federführung bestehen bleiben.
Das ist auch beim dritten Weg denkbar, dem wahrscheinlichsten. Unter dem Arbeitstitel Wilfenseebad wäre das Aquatoll zwar Geschichte, stattdessen entstünde ein neues Bad, das die überregionale Ausrichtung verlöre. Es orientierte sich nur an Bedürfnissen der Neckarsulmer.
Eine Boosterung, also die Investition in die grundlegenden Problembereiche der Anlage, kostet laut Werkleiter zweieinhalb Millionen Euro.
So steht es um den Denkmalschutz
Bei der Aquatoll-Frage geht es unter anderem um Emotionen der Stammgäste, aber auch um die besondere Gestaltung des ersten Spaßbads der Region. Darauf weisen Experten aus dem Umfeld des Aquatoll-Erbauers hin. Das Aquatoll gilt als eines der ersten Bäder mit einem Wildwasserkanal. Für die Kuppel in Muschelform gab es in den 1990er-Jahren sogar einen Stahlbaupreis. Ob das Aquatoll aufgrund seiner Besonderheiten unter Denkmalschutz gestellt werden sollte, will ein Fachmann nicht beantworten. Er lenkt aber den Blick ins benachbarte Bad Friedrichshall: Dort genieße das Neue Rathaus, errichtet Ende der 1960er Jahre, diesen Status.

Unklar ist, ob das Aquatoll den Schutz-Status erhalten könnte. Das Landesamt für Denkmalpflege (LAD) im Regierungspräsidium (RP) Stuttgart prüfe, aktualisiere und ergänze kontinuierlich die bestehende Liste der zirka 90.000 Kulturdenkmale in Baden-Württemberg, so eine RP-Sprecherin auf Anfrage. Dabei werde das LAD entweder selbst aktiv oder gehe Hinweisen aus der Bevölkerung nach.
Heiko Schulz, Initiator der Online-Petition, kennt die Haltung im Gemeinderat und weiß um die Enttäuschung bei Unterzeichnern. Er wundert sich, dass bei der Sanierung die Technik ausgebaut würde - um den Estrich zu erneuern. Er kennt ein Unternehmen, in dem der Estrich in Hallen saniert wurde, "ohne dass auch nur eine Anlage ausgebaut werden muss".