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Deutliche Worte eines Direktors: Krankenstand an Schule "besorgniserregend hoch"

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Corona-Zahlen steigen, Erkältungen kommen hinzu: Schulleiter gehen davon aus, dass in nächster Zeit noch mehr Unterricht ausfällt.

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Foto: dpa  Foto: Caroline Seidel (dpa)

Der Elternbrief des Eppinger Hartmanni-Gymnasiums ist an Dramatik kaum zu überbieten. Familien bezeichnen das Schreiben, das unserer Zeitung vorliegt, als „Schulschließung mit Ansage“: Die Fallzahl positiver PCR-Test steige an der Schule weiter an. „Hinzu kommen eine Vielzahl von Erkältungskrankheiten, die die Schülerinnen und Schüler und die Lehrkräfte gerade heimsuchen.“ Die Schulleitung spricht von einem „besorgniserregend hohen Krankenstand“, die Versorgung der Schüler könne „teilweise nur noch notdürftig“ gewährleistet werden.

Direktor Ulrich Müller berichtet im Gespräch mit stimme.de davon, dass erst diese Woche 20 Lehrer ausgefallen seien, Unterricht nach Plan konnte dennoch stattfinden – Klassen seien vertreten worden, heimgeschickt werden musste aber niemand. Ansage sei schon immer, so Müller: Kranke Lehrer sollten wenn möglich das Unterrichtsmaterial über die Lernplattform bereitstellen. Im Elternbrief schreibt die Schule weiter: „Sollten sich die Zahlen aber in der bisherigen Dynamik weiterentwickeln, werden wir uns gezwungen sehen, gegebenenfalls Unterricht zu kürzen.“ Die Situation ist der Region kein Einzelfall. „Das ist eher Alltag“, heißt es aus einer anderen Schule.

 


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Die Quarantäne-Zahlen an Schulen steigen

Landesweit schießt die Anzahl an Lehrern und Schülern, die in Quarantäne sind, in die Höhe. Laut Kultusministerium waren nach den Herbstferien 114 Lehrer (0,08 Prozent) in Quarantäne, zuletzt vermeldete Stuttgart 538. Bei den Schülern stieg die Anzahl im selben Zeitraum von fast 1600 (0,11 Prozent) auf etwa 11 400. Teilweise müssen sogar schon Präsenzklassen wegen einer hohen Zahl an Corona-Positiven in den Fernunterricht geschickt werden. Zehn waren es nach den Herbstferien, jetzt schon sind es 204. In der Region geht ein Schulleiter geht davon aus, dass es bis Ende dieser Woche auch sein Haus trifft.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) weiß, wie ernst die Versorgungslage ist.

 


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GEW spricht von angespannter Situation an vielen Schulen

„Die Situation ist wirklich an vielen Schulen angespannt“, sagt Harald Schröder, GEW-Sprecher im Kreis Heilbronn. Krankheit, Corona-Fälle von geimpften Pädagogen (sogenannte Impfdurchbrüche), Schwangere: Es seien längst keine Einzelfälle mehr, dass 20 bis 30 Prozent der Lehrer „an einzelnen Tagen“ ausfallen. Das wirkt sich auf den Unterricht aus. Harald Schröder sagt: Oft werde einfach geschaut, dass die Schülerinnen und Schüler „irgendwie unterrichtet, manchmal auch nur noch betreut werden“. Er ergänzt: „Die Frage nach Qualität kann da leider zunehmend nicht mehr positiv beantwortet werden.“ Die Erkältungswelle schlage nach allgemeiner Einschätzung früher und heftiger zu als bisher, die sowieso schon schlechte Unterrichtsversorgung tue ihr Übriges.

Bei Lehrern liegen die Nerven blank

Lehrer sind, so jedenfalls die Einschätzung der Gewerkschaft, mit ihrer Kraft am Ende. „Die Lehrkräfte sind in größerer Anzahl auch psychisch nicht so stabil wie es nötig ist“, weiß Harald Schröder. „Die Nerven liegen blank.“ Länger gediente Lehrer könnten sich nicht daran erinnern, schon einmal eine solche Situation erlebt zu haben. Die Gewerkschaft kritisiert, dass aus Stuttgart keine Unterstützung kommt. „Interessant ist auch, dass aus dem Kultusministerium keine Durchhalteparolen mehr kommen.“ Die Kultusverwaltung hinterlasse einen hilflosen Eindruck. Dass die Schulen nicht „die Flagge streichen“, hängt nach Einschätzung von Harald Schröder mit der Motivation der allermeisten Lehrerinnen und Lehrer zusammen, die sich in der Verantwortung für die Schüler noch zusammenreißen.

Jana Kolberg, die GEW-Vorsitzende in Hohenlohe ist, sieht das ähnlich. "Grundproblem ist, dass seit Schuljahresbeginn Lehrkräfte fehlenden, da zu wenig Lehrkräfte ausgebildet wurden und damit nicht ausreichend eingestellt werden konnten." Es müssten dringend Studienplätze geschaffen werden, da die dann ausgebildeten Lehrer immer noch nicht ausreichen würden. Sie fordert zudem, dass mehr Stellen kommen, "damit eine echte Krankheitsreserve geschaffen werden kann". Jana Kolberg sagt: "Corona verschärft die aktuelle Situation leider einfach nur."

Ziel fürs Schulamt ist, einen möglichst geordneten Unterrichtsbetrieb aufrechtzuerhalten

Markus Wenz, der das Staatliche Schulamt in Heilbronn leitet, sagt auf Anfrage unserer Zeitung: Die Grippe- und Erkältungszeit komme wie jedes Jahr, es sei mit saisonal bedingten vorübergehenden Ausfällen von Lehrkräften zu rechnen. „Darüber hinaus nehmen die Covid-Fallzahlen zu.“ Wenn eine Reihe unglücklicher Umstände an einer einzelnen Schule zusammenkomme, könne es selbstverständlich auch zu vorübergehendem Unterrichtsausfall kommen.

 


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Markus Wenz, der mit seinem Amt für alle Schulen außer den Gymnasien zuständig ist, ergänzt: „Da solche Ereignisse nicht vorhersagbar sind, muss im Einzelfall gemeinsam geschaut werden, welche Maßnahmen geeignet sind, einen möglichst geordneten Unterrichtsbetrieb aufrechtzuerhalten.“ Schulleitungen und Schulamt würden mögliche Maßnahmen sondieren, gegebenenfalls werde das Regierungspräsidium einbezogen, „falls eine befristete Einstellung erforderlich beziehungsweise möglich ist“. Er ist aber skeptisch, dass dies gelingt: Der Bewerbermarkt sei „auch im Bereich der für befristete Verträge infrage kommenden Personen ziemlich dünn“.

In Hohenlohe zeigt sich der Winter noch relativ normal

„Die Nerven liegen blank.“ Das bringen die Pädagogen am heutigen Freitag bei einem Warnstreik in Stuttgart zur laufenden Tarifrunde zum Ausdruck. Auch Lehrer aus Hohenlohe werden bei der Demonstration dabei sein. Hoffentlich mit Mütze auf dem Kopf und Schal um den Hals. Denn anders als in Heilbronn meldet Bettina Hey vom Staatlichen Schulamt Künzelsau, dass die Unterrichtsversorgung im Hohenlohekreis zwar angespannt sei, der Unterrichtsbetrieb aber unter den gegebenen Umständen stattfinde. Die Winterzeit sorgt natürlich auch hier für etwas mehr Krankmeldungen. Das aber nicht in ungewöhnlich großer Zahl, heißt es von der Freien Schule Anne-Sophie in Künzelsau.

Vertretungsliste ist zu bewältigen 


Und auch Frank Schuhmacher, Schulleiter am Hohenlohe-Gymnasium in Öhringen, sagt: „Die Vertretungsliste ist noch nicht so lang, dass es mir den Angstschweiß auf die Stirn treiben würde.“ Sicher seien einige Lehrer im Krankenstand. Zum Glück aber seien keine längerfristigen Ausfälle dabei. Dass sich am HGÖ aktuell weniger Menschen gegenseitig anstecken: Dies könne der Tatsache geschuldet sein, dass wegen der Großbaustelle derzeit in verschiedenen Gebäuden unterrichtet werde, die Lehrer auf mehrere Zimmer verteilt, viel zwischen den Gebäuden unterwegs und an der frischen Luft seien. Das fördere zwar nicht die Kommunikation unter den Lehrern, verhindere aber im Gegenzug mögliche Ansteckungen.

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