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Schockanruf-Prozess
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Heilbronner Landgericht schickt Telefonbetrüger ins Gefängnis

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Das Gericht verurteilte den Hintermann einer Bande, die mit Schockanrufen ältere Menschen in Deutschland betrogen hat. Der Angeklagte spielte im Prozess immer wieder den Unschuldigen. Die Richterin sprach bei der Urteilsverkündung von "unterster Schublade". Wie die Betrugsmasche ablief.

Der 33-jährige Angeklagte muss wegen Betrugs ins Gefängnis.
Foto: Archiv/Seidel
Der 33-jährige Angeklagte muss wegen Betrugs ins Gefängnis. Foto: Archiv/Seidel

Zu einer Gefängnisstrafe von fünf Jahren und acht Monaten hat das Landgericht Heilbronn am Freitag den 33-jährigen Kosovaren verurteilt, der sich seit Ende Mai wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs verantworten muss. Nach Auffassung der 14. Großen Strafkammer besteht kein Zweifel an einer Mittäterschaft in zwölf nachgewiesenen Fällen im ersten Quartal 2021.

Demnach war der Angeklagte einer der Hintermänner, die von der Türkei aus per Telefon gezielt ältere Menschen in Deutschland angerufen und dabei um Geldbeträge im drei- bis vierstelligen Bereich betrogen haben.

Richterin findet klare Worte beim Urteilsspruch im Landgericht Heilbronn

Richterin Ursula Ziegler-Göller fand bei der Urteilsbegründung klare Worte. "Das ist so ziemlich das Mieseste, was man sich vorstellen kann", sagte die Vorsitzende Richterin. Die Menschen hätten sich das Geld im Laufe ihres Lebens hart erarbeitet und gespart. Die Taten des Beschuldigten seien "sittlich verwerflich" und "unterste Schublade".

 


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Nach Überzeugung des Gerichts war die Betrugsmasche in allen Fällen immer die gleiche. Ein sogenannter Keiler habe von der Türkei aus bei den Opfern angerufen und sich als Bankmitarbeiter ausgegeben. Im Gespräch habe er behauptet, dem Angerufenen drohe eine Kontosperre. Ein weiteres Bandenmitglied gab sich anschließend als Rechtsanwalt aus, der das Opfer Glauben machen wollte, die Kontosperrung mit einer drei- bis vierstelligen Summe abwenden zu können. Dafür sollte der Angerufene das Bargeld an eine manipulierte Adresse schicken, unter anderem in der Stadt Heilbronn und im Landkreis Heilbronn. Dort hat ein weiteres Bandenmitglied das Geld abgeholt und an die Hintermänner - unter anderem an den Angeklagten - geschickt.

Angeklagter spielte Unschuld in Person

Der Verurteilte hatte im Prozess immer wieder behauptet, mit der Sache nichts zu tun zu haben. Auch ein abgehörtes Telefonat, bei dem der Beschuldigte nach Auffassung der Kammer eindeutig zu identifizieren ist, wies er von sich. Er habe an dem Gespräch nicht teilgenommen, erkenne aber die Stimmen. Laut Ursula Ziegler-Göller habe der Angeklagte versucht, "die Unschuld in Person" zu spielen. "Das ist Ihr gutes Recht. Aber der Schuss kann auch nach hinten losgehen", sagte die Richterin.

 



Auch die 180-Grad-Wende, die ein Zeuge während der Verhandlung vollzogen hatte, kann sich die Kammer erklären. Noch bei der Polizei hatte der inzwischen selbst Verurteilte, der als Geldbote fungierte, den Kosovaren stark belastet. Im Zeugenstand vor Gericht wollte er am zweiten Verhandlungstag davon nichts mehr wissen. Laut Richterin sei das der Versuch gewesen, alle Schuld auf einen weiteren Hintermann abzuwälzen, gegen den zwar auch ermittelt wird, der aber nicht greifbar ist. Er ist mutmaßlich in der Türkei auf der Flucht.

Die Spitze des Eisbergs

"Wahrscheinlich war das nur die Spitze des Eisbergs", sagte die Richterin. Immerhin sprach eine Ermittlerin im Zeugenstand von mehr als 1000 Anrufen innerhalb von sieben Monaten.

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