Personal auf Intensivstationen der SLK-Kliniken ist am Limit
Die Intensivstationen der SLK-Kliniken sind ausgelastet, es fehlt an Personal. SLK-Klinikdirektor Marcus Hennersdorf erwartet angesichts der aktuellen Lage vor Januar keine Entspannung.

Die Intensivbelegung im Krankenhaus am Gesundbrunnen in Heilbronn hat das Maximum des Möglichen erreicht. Sechs Patienten wurden bereits in andere Klinken verlegt. Klinikdirektor Professor Marcus Hennersdorf spricht über Kapazitätsgrenzen, Personalschlüssel und die umstrittenen Zahlen im Divi-Register. "Wir hätten ein geringeres Problem, wenn alle geimpft wären", sagt der Arzt angesichts der aktuellen Lage.
Wie sieht es derzeit auf den Intensivstationen der SLK-Kliniken aus?
Prof. Marcus Hennersdorf: In den letzten Tagen haben wir immer 20 bis 22 Covid-Patienten auf der Intensivstation im Gesundbrunnen, zwischen zwei und vier in Löwenstein. Außerdem 15 bis 20 andere Intensivpatienten. Damit haben wir aktuell ein Maximum erreicht.
Sie haben bereits Patienten verlegt. Warum?
Hennersdorf: In den vergangenen zwei bis drei Wochen haben wir sechs Patienten in andere Kliniken verlegt. Aus Kapazitätsgründen, nicht aus medizinischen. Wir haben hier alle Möglichkeiten und arbeiten auf höchstem medizinischen Niveau. Aber man telefoniert Kliniken ab, die derzeit noch mehr Kapazitäten haben, in der Regel sind das Uni-Kliniken. Wir haben Patienten nach Heidelberg und Freiburg verlegt. Das bundesweite Kleeblatt haben wir am Mittwoch das erste Mal genutzt.
Wie viele Intensivpatienten sind geimpft?
Hennersdorf: Anfangs war es wirklich die Ausnahme, inzwischen ist es messbarer: Etwa zehn bis 15 Prozent sind geimpft. Das sind vermehrt ältere Patienten, kurz vor der Booster-Impfung. Eins ist klar: Es sind mehr Ungeimpfte auf Intensiv. Wir hätten ein geringeres Problem, wenn alle geimpft wären.
Wie viele Ihrer Mitarbeiter sind geimpft?
Hennersdorf: Über alle Berufsgruppen verteilt liegt die Impfquote derzeit bei 85 Prozent.
Die Hospitalisierungsquote ist inzwischen eine wichtige Größe. Was sagt sie aus?
Hennersdorf: Sie ist ein Maß, das die Pandemie im Rückspiegel betrachtet. Für uns ist sie nicht ausschlaggebend, wir orientieren uns immer noch an der Inzidenz. Die zeigt uns an, was auf uns zukommt.
Und was sagt sie Ihnen derzeit?
Hennersdorf: Ich erwarte auf der Intensivstation noch keine Entspannung, wenn überhaupt dann erst Mitte Januar. Die Krankheit hält viele Überraschungen bereit und die Patienten haben lange Liegezeiten.
Die Intensivbettenbelegung wird im Divi-Register erfasst. Es gab vereinzelt Zweifel an der Richtigkeit der Zahlen. Wie werden die ermittelt?
Hennersdorf: Das Divi-Register wurde in der ersten Welle ins Leben gerufen. Bis 12 Uhr muss die Gesamtzahl der Intensivbetten und die Belegung übermittelt werden. Dabei wird unterschieden in Covid-Patienten und andere, auch das Alter und ob jemand beatmet wird, ist erfasst. Es ist ein großes Zahlengerüst. Ich übermittle täglich unsere Zahlen, und die entsprechen den Tatsachen. Wenn jemand behauptet, das stimmt nicht, dann ist das völliger Unsinn. Aber Medizin ist schnelllebig, um 16 Uhr können die Zahlen auf der Station schon wieder ganz anders aussehen. Auch die Gesamtbettenzahl schwankt abhängig vom Personal.
Was ist die ausgewiesene Notfallreserve?
Hennersdorf: Das sind Einheiten im Haus, die schnell zur Intensivstation umgewandelt werden könnten. Wir haben solche Ressourcen in der Hinterhand - aber nur räumlich. Das Personal dafür fehlt. Wenn wir weitere Kapazitäten schaffen müssen, muss dafür ein anderer Bereich geschlossen werden.
Und damit andere Patienten abgewiesen werden?
Hennersdorf: Niemand wird abgewiesen. Alle Patienten, die zu uns kommen, werden versorgt. Unter Umständen werden jedoch planbare Eingriffe verschoben.
Was bedeutet die Pandemie für Ihr Personal?
Hennersdorf: Das Personal ist vollkommen ausgelastet. Wir haben umstrukturiert, um die Intensivstation aufzustocken, aber das Problem ist auf der Covid-Station dasselbe. Wir haben Kollegen, die sind seit mehr als 30 Jahren im Dienst und sagen, so anstrengend wie jetzt war es noch nie. Trotzdem arbeiten sie jeden Tag mit größtmöglichem Engagement, weil sie an ihrem Beruf hängen. Aber die Arbeitsbelastung zermürbt die Kollegen seit Monaten.
Der Personalschlüssel auf der Intensivstation ist eins zu zwei - ein Mitarbeiter auf zwei Patienten - ist das realistisch?
Hennersdorf: Das ist für uns in der aktuellen Phase noch schwieriger, als sonst. Der Pflegeaufwand ist bei einzelnen Patienten sogar so hoch, dass es bei manchen eigentlich eins zu eins sein müsste. Aber wir haben Hilfsstrukturen etabliert, zum Beispiel Studenten und Azubis geschult oder Mitarbeiter aus anderen Abteilungen, die uns unterstützen.
Heißt das, Sie schulen quasi jeden?
Hennersdorf: Nein, nur Personen, die medizinische Berufe haben.
Haben viele Mitarbeiter während der Pandemie gekündigt?
Hennersdorf: Einige haben die Klinken verlassen, weil sie überlastet waren, andere weil die Ausbildung im Krankenhaus in einer Pandemie nicht mehr dieselbe ist. Das führt natürlich zu Frust.
Brauchen wir einen Lockdown?
Hennersdorf: Das ist eine politische Entscheidung. Ich kann dazu nur sagen, dass grundsätzliche Einschnitte erforderlich sind. Kontakte müssen reduziert werden, und das wird ohne Beschränkungen nicht möglich sein. Und ohne jede Frage appelliere ich dafür, dass sich alle impfe lassen.