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Corona-Impfstoff: So lange dauert es, bis die Region immun ist

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Bis ein Großteil der Bevölkerung in der Region durch eine Impfung geschützt ist, wird es noch dauern. Gesundheitsminister Manne Lucha rechnet mit einer Rückkehr zur Normalität im Sommer, vorausgesetzt es gibt genug Impfstoff. Wir geben einen Überblick, wie weit der Weg noch ist.

Nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation müssten sich 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung impfen lassen, damit eine wirksame Herdenimmunität erreicht werden kann. Eine Impf-Pflicht gibt es nicht. Foto: dpa
Nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation müssten sich 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung impfen lassen, damit eine wirksame Herdenimmunität erreicht werden kann. Eine Impf-Pflicht gibt es nicht. Foto: dpa  Foto: Klaus-Dietmar Gabbert (dpa-Zentralbild)

Die Impfungen gegen das neuartige Coronavirus sind in der Region angelaufen. Heute gehen mit einer Woche Verspätung die Impfzentren in Heilbronn-Horkheim, Ilsfeld-Auenstein und Öhringen an den Start. Mit der zunehmenden Zahl Geimpfter sollen die Menschen Antikörper gegen das Virus bilden und Neuinfektionen zurückgehen. Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) äußerte sich vor Kurzem optimistisch und prognostizierte eine Rückkehr zur Normalität bis Sommer: "Ich habe die Erwartung, dass wir uns auch mit den leichter handelbaren Impfstoffen Mitte 2021 in die Normalität impfen." Wir geben einen Überblick, was bis dahin noch ansteht.

 

Wann ist eine Herdenimmunität erreicht?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht davon aus, dass eine Herdenimmunität wirksam ist, wenn zwischen 60 und 70 Prozent der Bevölkerung geimpft sind. Dann seien genügend Menschen durch eine Impfung geschützt, so dass auch Menschen ohne Impfschutz sich nicht mehr anstecken können. Die Bundesregierung folgt dieser Einschätzung. Auch das Sozialministerium in Stuttgart orientiert sich an den Vorgaben der WHO und einer Impfquote von 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung.

Wie viele Menschen müssen dafür in Heilbronn und Hohenlohe geimpft werden?

In der Region leben laut Angaben des statistischen Landesamts vom vergangenen Jahr 587.215 Menschen: 128.917 in Heilbronn, 345.643 im Landkreis Heilbronn und 112.655 im Hohenlohekreis. Falls also etwa 60 Prozent der hier lebenden Bevölkerung zu einer Impfung bereit sind, müssten in Heilbronn 77.350 Menschen geimpft werden. Im Landkreis wären es 207.385 Menschen und im Hohenlohekreis 67.593. Insgesamt müssten sich also mindestens 352.329 Menschen impfen lassen.

 

Wollen sich so viele Menschen impfen lassen?

In einer Umfrage der Barmer Krankenkasse geben 55 Prozent der Befragten in Baden-Württemberg an, sich gegen das Coronavirus impfen lassen zu wollen. Das Sozialministerium geht von ähnlichen Annahmen aus, wie Sprecher Florian Mader auf Anfrage erklärt: "Umfragen vom November zeigen, dass sich rund die Hälfte der Menschen in Baden-Württemberg impfen lassen möchte. Das ist schon eine gute Quote, reicht aber noch nicht aus." Man werde weiter für das Impfen werben und aufklären. "Aber es ist klar: Die Impfung gegen das Coronavirus ist freiwillig, eine Impf-Pflicht gibt es nicht."

 


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Wie viele Impfungen finden in der Region statt?

Jeder der drei Kreise in der Region hat ein eigenes Impfzentrum. Die Impfung muss nicht im eigenen Kreis stattfinden, sie kann theoretisch in jedem Impfzentrum im Land durchgeführt werden. Wer möchte, kann sich auch in den Zentralen Impfzentren, etwa in Rot am See, Stuttgart, Karlsruhe oder Heidelberg impfen lassen. Aufgrund des derzeit noch knappen Impfstoffs sind Termine jedoch überall Mangelware. Das liegt auch daran, dass ein Teil der Impfdosen an die mobilen Teams geht, die in Pflegeeinrichtungen unterwegs sind. Alle drei Impfzentren in der Region sollen maximal 800 Impfungen täglich durchführen können und geben an, diese Zahl bei genügend Impfstoff an sieben Tagen in der Woche zu schaffen. Die drei Zentren in der Region kämen dann auf 2400 Impfungen täglich.

 

Was ist mit der zweiten Impfung?

Jeder Geimpfte braucht zwei Termine, da alle derzeit zugelassenen Impfstoffe zwingend zwei Mal verabreicht werden müssen. Laut Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) und des RKI sollen zwischen beiden Stichen mindestens 21 (Biontech) oder 28 (Moderna) und höchstens 41 Tage liegen. Im Heilbronner Impfzentrum in der Stauwehrhalle in Horkheim bekommt jeder mit dem ersten Impftermin gleich einen zweiten zugeteilt, erklärt Sprecherin Suse Bucher-Pinell. "Es wird immer ein Termin für die zweite Impfung vergeben." Am Samstag und Sonntag könnten in Heilbronn jeweils 150 Personen geimpft werden, die bereits einen zweiten Termin und dafür reservierten Impfstoff haben.

 

Haben wir überhaupt genügend Impfstoff?

"Mit dem Impfstoff, den wir jetzt haben, kommen wir in diesem Jahr nicht durch", meint der Heilbronner Ärztesprecher Martin Uellner. Das wichtigste sei nun, dass die Produktionsmenge erhöht werde und mehr Impfstoffe zugelassen werden, etwa der von Astrazeneca oder vom Tübinger Hersteller Curevac. Ersterer könnte laut der Europäischen Arzneimittelbehörde bis Ende Januar zugelassen werden. "Es muss genug Impfstoff da sein und es muss ein Impfstoff da sein, der im Kühlschrank haltbar ist", sagt Uellner. Dann könne man auch Hausarztpraxen für eine Impfung ausstatten und die Geschwindigkeit erhöhen. "Ansonsten ist die Aussage mit der Normalität im Sommer nicht haltbar", meint Uellner zu Luchas Statement. Das Ministerium hält auf Stimme-Anfrage an der Aussage fest. "Wir planen, dass die Corona-Impfung später in die Regelversorgung der Hausärzte übergeht, sodass also spätestens ab Sommer in den Arztpraxen geimpft werden kann."

 

Was spielt noch in die Rechnung hinein?

Die Impfgeschwindigkeit wird von weiteren Faktoren beeinflusst. Mit mehr Personal und Impfstoff könnten die Kapazitäten in den Impfzentren steigen. Andauernde Engpässe beim Impfstoff könnten den Prozess jedoch auch verzögern. Am vergangenen Freitag kündigte Biontech/Pfizer Lieferschwierigkeiten an: Weniger Impfstoff wird deshalb nach Baden-Württemberg geliefert. Wann mehr geliefert wird, könne man nicht sagen, betont Sprecher Florian Mader: "Die Bundesregierung ist für die Verhandlungen über Liefermengen und Liefertermine mit den Herstellern verantwortlich. Prognosen können wir da keine machen." Derzeit liegt Baden-Württemberg laut RKI auf dem letzten Platz aller Bundesländer (siehe auch Seite 5). Nur 1,2 Prozent der Bevölkerung sind hierzulande geimpft, in Mecklenburg-Vorpommern sind es bereits 2,8 und in Schleswig-Holstein 2,6. Auch die benachbarten Länder Rheinland-Pfalz (2,6), Bayern (1,8) und Hessen (1,3) sind weiter.

 

Wie lange dauert der Impfprozess also noch?

Das ist wegen der Unsicherheiten kaum abzuschätzen. Nimmt man die maximale Kapazität der Impfzentren und den doppelten Zeitaufwand für einen zweiten Impftermin an, könnte es in Heilbronn rund 193 Tage dauern, bis 60 Prozent der Menschen zwei Mal geimpft sind. Im Landkreis wären es 518 Tage, im Hohenlohekreis 168 Tage. Sollte die Impfung irgendwann beim Hausarzt möglich sein, würde das diese theoretische Rechnung beschleunigen.

 


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