Stadtmobil Carsharing: So hat sich der Anbieter von Stuttgart aus entwickelt
Carsharing klappt nicht bei jedem Anbieter. Bei Stadtmobil schon. Von Stuttgart aus breitete sich das Erfolgsmodell aus – auch in die Region Heilbronn. Doch es gibt einige Hürden.

Für Carsharing, also das kurzfristige Mieten von Fahrzeugen, brauchen Anbieter einen langen Atem. Davon ist Ulrich Stähle überzeugt, er selbst sieht sich und Stadtmobil Carsharing aus Stuttgart als Überzeugungstäter. In den 90ern fing er an, sich für dieses Mietmodell in Pforzheim zu engagieren, 1997 wechselte er nach Stuttgart und führt seither Stadtmobil. Nun geht der 67-Jährige in den Ruhestand.
Das Wachstum hat er maßgeblich mitgeprägt, auch die Region Heilbronn kann von den Erfahrungen aus Stuttgart profitieren: Stadtmobil deckt mit Fahrzeugen eine Großstadt genauso ab wie den ländlichen Raum.
700 Fahrzeuge, 17.000 Kunden: Als Ulrich Stähle in der Landeshauptstadt anfing, waren die Zahlen deutlich kleiner. Gut eine Handvoll Autos waren damals im Bestand. "Unser Ziel sind 200 Autos", erinnert sich Ulrich Stähle an eine seiner ersten Ziele. Schnell wurde diese Hürde erreicht, Stadtmobil ist auf Wachstumskurs. In Stuttgart. Und rund um die Landeshauptstadt.
Anfragen gebe es aus zahlreichen Orten, sagt er. "Wir müssen uns aber beschränken." Aus finanziellen Gründen und weil es keine Stellplätze gebe, aber hier habe immerhin ein Umdenken bei den Kommunen eingesetzt. Ohne Stuttgart würde es Stadtmobil in dieser umfassenden Form nicht geben können.
Stadtmobil in Stuttgart: Carsharing-Anbieter profitiert von den Einnahmen aus der Landeshauptstadt
Mit den vielen Buchungen in der Landeshauptstadt lassen sich die kleineren Standorte überhaupt nur halten. Von Quersubventionen spricht der Stadtmobil-Chef. Für neue Standorte gilt, dass 80 Prozent der Kosten reingefahren werden müssten. Ehrenamtliche tragen einen Teil dazu bei, die Kosten im Rahmen zu halten: Sie übernehmen beispielsweise vor Ort das Marketing.
Die Zahlen müssen auch bei Stadtmobil stimmen, doch anders als die großen Anbieter sind die Stuttgarter nicht auf die schnelle Rendite aus. Und: Sie geben auch offen zu, was nicht funktioniert. "Ein einziges Auto als Carsharing ist eine Zumutung", sagt Ulrich Stähle – für Nutzer vor Ort genauso wie für Stadtmobil. Die Anfangsphasen seien deshalb immer schwer. "Erst wenn sechs bis sieben Autos stehen, können wir zufrieden sein." Nur hat Stadtmobil eben keine prall gefüllt Kasse, in kleinen Schritten geht es voran. Und manchmal eben nur mit einem Fahrzeug an einem neuen Standort.
Für welche Zielgruppe Carsharing vor allem gedacht ist
Mit einem Auto sprechen die Stuttgarter erst einmal jene Leute an, die von der Idee überzeugt und bereit seien, "Opfer zu bringen", wie es Ulrich Stähle bezeichnet. Carsharing ist für ihn "sanfter Entzug" weg vom eigenen Auto. Gerade so ist zu verstehen, weshalb für Ulrich Stähle ein Element besonders wichtig ist, damit Carsharing überhaupt funktionieren kann: der Öffentliche Personennahverkehr. Der müsse stimmen. "Je kleiner die Gemeinde ist, desto wichtiger ist der ÖPNV."
Für Stadtmobil ist das kein Widerspruch. Wenn Stadtmobil in einen neuen Ort gehe, warteten die meisten Menschen nicht auf den Mietwagen. "Sie haben ihre Mobilität ja schon organisiert." Sei es mit dem eigenen Auto - oder eben dem ÖPNV. "Carsharing ist ein Prozess", sagt deshalb der Stadtmobil-Chef. Die Menschen müssten ihren Alltag anpassen, die persönliche Einstellung zum Auto überdenken. Als ein "Slow Business" bezeichnet er deshalb das Geschäftsmodell. Am Ende ist Carsharing für Ulrich Stähle ein Bestandteil, um die Mobilitätswende hinzubekommen.
Carsharing: Stadtmobil wächst, andere Anbieter gaben auf
Auf Carsharing sind auch Autohersteller aufgesprungen, mit teils unterschiedlichem Erfolg. Ulrich Stähle wundert das nicht, sie verstünden das Geschäft nicht, sähen meist nur ein klassisches Mobilitätsverhalten. Stadtmobil wächst langsam, hat als Verein angefangen und sich in eine kleine Aktiengesellschaft umgewandelt. "Wir haben zu wenig Geld, um es richtig aufzuziehen", sagt Ulrich Stähle. "Die anderen haben Geld, machen es aber nicht richtig."
Bei Stadtmobil sind Autos an speziellen Standorten stationiert. Das erspart Kosten, da kein Mitarbeiter die Autos zurückfahren müsse. Und Kunden haben einen Vorteil: Wenn sie ein Auto bestellen, wissen sie, wo es steht. Kunden, die auf ihr eigenes Auto verzichten, könne man nur schwer vermitteln, dass Autos an immer anderen Stellen zu finden seien. "Sonst haben sie gar nichts mehr, worauf sie sich verlassen können."


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