Beamter der JVA schleuste wohl Drogen ins Gefängnis
Der eigene Sicherheitsdienst macht auf mögliche Straftaten aufmerksam. Die Ermittlungen richten sich gegen 33 Beschuldigte. Der Leiter der JVA spricht von einem Einzelfall.

Ein Großaufgebot der Polizei hat am Freitagnachmittag die Justizvollzugsanstalt (JVA) Heilbronn durchsucht. Hintergrund ist ein schwunghafter Handel mit Drogen und Dopingmittel "gegen erhebliche finanzielle Reize", in die auch ein 31-jähriger Justizvollzugsbeamter involviert sein soll.
Laut einer gemeinsamen Pressemitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft Heilbronn hat der interne Sicherheitsdienst der JVA - eine Stabsstelle der Einrichtung - bereits im Februar dieses Jahres Verdacht geschöpft.
"Wir sind dann sofort auf die Kriminalpolizei zugegangen, die eine relativ lange Zeit verdeckt ermittelt hat", sagt Anstaltsleiter Andreas Vesenmaier (43). Diesem Hinweis schlossen sich laut Pressebericht aufwendige Ermittlungen an, um Bandenstrukturen, Lieferketten und Geldströme zu ermitteln. Um welche Art und welche Menge von Drogen und Dopingmittel es sich handelt, wollte die Staatsanwaltschaft im Hinblick auf laufende Ermittlungen nicht sagen.
Mit hoher Gewinnspanne verkauft
Demnach richten sich die Ermittlungen gegen 33 Beschuldigte in und außerhalb der JVA. Wie groß die Bande ist, könne aufgrund noch nicht abgeschlossener Ermittlungen nicht genannt werden, heißt es von der Staatsanwaltschaft. Im Kernbereich seien es weniger als 15 Personen, die im Stadtkreis Heilbronn, im Landkreis Heilbronn, aber auch außerhalb lebten.
Sie sollen bereits seit Mitte des vergangenen Jahres Drogen und Dopingmittel in die JVA geschmuggelt und dort mit einer hohen Gewinnspanne verkauft haben. Inhaftierte Bandenmitglieder sollen für die Bestellung der Stoffe verantwortlich gewesen sein, Mitglieder von außen nahmen das Geld entgegen, mit dem Drogen und Dopingmittel bezahlt wurden.
"Ich bin konsterniert und enttäuscht und konnte das nicht glauben", sagt Vesenmaier. Die Anstalt sei seit dem Vorfall vor vier Jahren bemüht gewesen, den Ruf wieder aufzubauen. Es sei tragisch, dass durch Einzelfälle das Ansehen der im Justizvollzug tätigen Personen beschädigt werde. Der verdächtigte Beamte sei noch in den Anfängen seiner Laufbahn. Während der Vorfälle 2018 sei er mehrere Jahre im Dienst gewesen.
Nach Angaben Vesenmaiers seien die Drogen zum Teil durch Häftlinge eingeschleust worden, die zuvor zu einer Drogentherapie außerhalb der JVA entlassen wurden. Mit der festen Absicht, Drogen und Dopingmittel in die JVA zu schmuggeln, sollen sie die Therapie abgebrochen haben. Mittels in Kondomen versteckter Drogen - so genannten Bodypacks - die sie vor erneutem Haftantritt schluckten, sollen die Stoffe in die Anstalt gelangt sein. Die Drogen fanden ihren Weg auch durch Straftäter, gegen die ein Haftbefehl vorlag und die ihre Haft in der Steinstraße antraten. Letzten Endes soll der Bedienstete selbst Drogenhändler gewesen sein.
Von Insassen immer wieder angeworben
Mitarbeiter der JVA werden von Insassen immer wieder damit konfrontiert, Drogen ins Gefängnis zu schmuggeln. "Man glaubt nicht, wie viele Meldungen von Mitarbeitern seit 2018 eingegangen sind", sagt Vesenmaier. Jeder Versuch werde diszipliniert. Neben der Bibel, die in der Zelle liege, erhalte der Insasse lediglich Essen und Trinken. "Ansonsten ist er isoliert und eine Woche in Arrest." Der Anwerbeversuch werde bei der Staatsanwaltschaft Heilbronn angezeigt.
Neben der Festnahme des Bediensteten, seien Privatwohnungen weiterer Beschuldigter durchsucht worden, heißt es in der Pressemitteilung. Hierbei seien drei Tatverdächtige festgenommen worden.
2018 geriet die Justizvollzugsanstalt Heilbronn in die Schlagzeilen, nachdem gegen zehn Mitarbeiter wegen Drogendelikten, Bestechlichkeit und zuletzt auch Volksverhetzung ermittelt wurde. Der Hauptverdächtige, ein damals 37-Jähriger Justizvollzugsbeamter, wurde zu drei Jahren Haft verurteilt. Insgesamt 3750 Euro Schmiergeld habe er erhalten und die Ware an eine Art russischen Mafia in der JVA namens "Diebe im Gesetz" verteilt.



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