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Angst vor dem Unterricht: Schon Grundschüler bleiben lieber zu Hause

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Zahlreiche Kinder und Jugendliche gehen in der Region nicht mehr zum Unterricht, mal kurzzeitig, mal länger. Das betrifft dabei längst nicht bestimmte Jahrgangsstufen oder einzelne Schularten. Schulabsentismus war nun Thema bei einer Tagung in Heilbronn. Darum geht es den Verantwortlichen.

Angst vor der Schule greift schon bei den jüngsten Schülern um sich.
Angst vor der Schule greift schon bei den jüngsten Schülern um sich.  Foto: Hauke-Christian Dittrich (dpa)

Eine Tagung des Awo-Kreisverbands Heilbronn in Kooperation mit der Stadt Heilbronn und dem Landkreis Heilbronn hat nun den Fokus auf das Thema gelegt: Schulabsentismus als vielschichtige Herausforderung erfassen und verstehen. So lautete das Thema.

"Es ist ein Thema ab Klasse eins", sagt Lars Schulz, der als Mitarbeiter der Diakonischen Jugendhilfe Region Heilbronn als Schulsozialarbeiter an der Katharina-Kepler-Schule in Güglingen tätig ist. Er wünscht sich, das Netzwerk zu diesem Thema noch stärker in der Region auszubauen. So sehe man, welche Projekte und Möglichkeiten es gebe, um den Schülern zu helfen. Denn in einem Punkt müsse man aufpassen, sagt er und bekommt hier Unterstützung von Sabrina Paulino von der Awo: dass sich die ohnehin schon engagierten Kollegen nicht noch weiter auspowern. "Das Thema braucht eine größere Aufmerksamkeit", sagt Lars Schulz.

Zu Hause statt im Unterricht: Lehrerin versteht sich bei Schulabsentismus als Netzwerkerin

Annika Notheisen, Lehrerin an der Rosenauschule in Heilbronn, kennt dieses Gefühl. Natürlich könne es auch für einen Lehrer belastend sein, wenn plötzlich ein Schüler regelmäßig fehlt. Sie selbst hat für sich einen Weg gefunden, um das Thema nicht als Belastung mit nach Hause zu nehmen: dass sie tagsüber alles für diese Kinder tun wolle. Sie fährt zu den Schülern heim, spricht mit den Eltern und der Jugendhilfe. Beim Thema Schulabsentismus versteht sie sich als Netzwerkerin, die Hilfe anstoßen und zusammenbringen will. "Das ist das A und O."

 


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Tatjana Gneissl, Schulsozialarbeiterin an der Wartbergschule Heilbronn, bedauert, dass es in der Region keine Übersicht gebe, ob denn nun ein Schüler tatsächlich regelmäßig fehle oder nicht. Sie habe höchstens ein Gefühl, dass dies so sei. "Es gibt noch keine Datenbank", sagt sie. Mit Corona, dem langen Unterricht zu Hause, hat Schulabsentismus zugenommen. Dieser Punkt wird häufig bei der Tagung angesprochen. "Viele Kinder können nicht mehr eingefangen werden", sagt Tatjana Gneissl. Lehrer fehlen, Unterricht fällt deshalb aus: Das mache es für jene Kinder, denen ohnehin schon die Tagesstruktur fehle, nicht einfacher, sagt sie. Die Fachtagung kommt bei ihr und auch bei Christina Weigand, die beispielsweise Kinder mit Autismus im Unterricht begleitet, gut an. Sich austauschen zu können, eine Übersicht über die Projekte zu bekommen: Das helfe.

Auch Mobbing und Gewalt führen dazu, dass Kinder lieber zu Hause bleiben

Schulängste haben in den vergangenen Jahren zugenommen, davon berichtet Bettina Schartner-Ebelhäuser, Schulpsychologin aus Rheinland-Pfalz und Mitglied der landesweiten Arbeitsgruppe Schulabsentismus im pädagogischen Landesinstitut. Kinder hätten Angst vor den Anforderungen, aber auch Mobbing und Gewalt zählt sie zu den Ursachen. Manche Kinder könnten sich auch nicht von ihren Eltern trennen, sagt sie. Ihrer Ansicht nach ist es für Schulen wichtig, die Fehlzeiten der Kinder und Jugendlichen im Auge zu behalten, genau hinzuhören und dann zu reagieren. Fehlt der Schüler häufig nach Wochenenden oder an Randstunden?

 


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"Es darf nicht passieren, dass junge Menschen aus den Schulen wegdriften", sagt Awo-Chef Stratos Goutsidis. "Der Bedarf ist da", sagt er. "Wir haben schon Anfragen für Grundschulkinder." Der Kreisverband hat, so wie auch andere Anbieter, eine Anlaufstelle geschaffen, die sich an Schüler richtet, die nicht mehr oder nur unregelmäßig die Schule besuchen. 25 Plätze gebe es, kürzlich sei die Einrichtung sogar überbelegt gewesen, sagt Tobias Schumacher, der in der Awo den Fachbereich Bildung und Gemeinschaft leitet. Durch "intensive Beziehungsarbeit" gelingte es, den Kindern zu helfen. Man biete ihnen eine Perspektive. So könne man sie zurück in den Unterricht bringen oder in eine Ausbildung vermitteln.

Das sind Ansprechpartner in Heilbronn

Das Staatliche Schulamt in Heilbronn hilft weiter bei Schulabsentismus und Schulverweigerung. Ansprechpartner sind Corinna Gräßle und Jürgen Kurtzhals, zu erreichen unter Telefon 07131 6437744 oder corinna.gräßle@ssa-hn.kv.bwl.de und juergen.kurtzhals(at)ssa-hn.kv.bwl.de.

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