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Analyse: So wirkte sich das 9-Euro-Ticket auf den Straßen der Region aus

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Im Berufsverkehr mit dem Auto nach Heilbronn zu gelangen, kann zäh sein. Notorisch stauanfällig sind die Bundesstraßen, die aus allen vier Himmelsrichtungen auf die Stadt zulaufen. An der Verkehrsbelastung hat sich auch im Juni und Juli vor den Ferien wenig geändert trotz 9-Euro-Ticket.

Unter Bundespolitikern aus der Region Heilbronn und aus Hohenlohe ist umstritten, ob die Aktion mit dem 9-Euro-Ticket gelungen war.
Unter Bundespolitikern aus der Region Heilbronn und aus Hohenlohe ist umstritten, ob die Aktion mit dem 9-Euro-Ticket gelungen war.  Foto: Seidel, Ralf

In diesen Monaten galt das günstige 9-Euro-Ticket für Bus und Bahn, das auch Pendler zum Umsteigen bewegen sollte. Daten des Navigationsanbieters TomTom, die exklusiv für den Raum Heilbronn ausgewertet wurden, lassen darauf schließen, dass die Aktion kaum Einfluss auf den Autoverkehr hatte. Mit einer Ausnahme.

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Zahlreiche Daten zum Verkehrsfluss

TomTom gehört zu den größten Anbietern von Navigationslösungen. Software des Konzerns ist in vielen Autos verbaut. Trotzdem ist bei der Interpretation der Daten Vorsicht geboten. Erfasst werden nicht alle Verkehrsteilnehmer. Wenn in Vergleichszeiträumen die Zahl der registrierten Autos auf einer bestimmten Strecke schwankt, lässt das darauf schließen, dass der Verkehr zu- oder abgenommen hat. Exakte Zuwächse lassen sich aber nicht ableiten, weil es auch andere Einflussfaktoren gibt.


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Für unsere Analyse wurden jeweils zwei Wochen im Mai sowie Ende Juni und Anfang Juli verglichen. Einmal galt das 9-Euro-Ticket, einmal nicht. Ferien und Feiertage, die das Ergebnis verfälscht hätten, gab es in keinem der Zeiträume. Erster Befund: Die Zahl der je Messzeitraum registrierten Fahrzeuge war in der 9-Euro-Zeit durchweg kleiner als vorher. Das deutet mit den oben genannten Einschränkungen darauf hin, dass weniger Autos unterwegs waren. Die Unterschiede sind aber gering. So umfasst die durchschnittliche Messgruppe auf der B293 aus dem Kraichgau Richtung Heilbronn vor dem 9-Euro-Ticket 2402 Fahrzeuge, im Aktionszzeitraum sind es gerade mal 53 weniger.

Auf der B39 ging es tatsächlich flotter voran

Weitere Messzahlen lassen auf den Verkehrsfluss schließen. Hier ist das etwa die Fahrtzeit auf dem Straßenabschnitt - gewählt wird der Median, nicht das arithmetische Mittel, weil dann Ausreißer nach oben oder unten das Ergebnis weniger verfälschen. Auch hier liegen die Unterschiede im Sekundenbereich. Verbrachte ein Autofahrer vor dem 9-Euro-Ticket auf dem B27-Abschnitt zwischen Kirchheim und Heilbronn durchschnittlich 18 Minuten und 35 Sekunden, so waren es während es ÖPNV-Rabatts gerade einmal zwölf Sekunden weniger.

Die Experten der TomTom-Pressestelle kommen denn auch zu einer eindeutigen Interpretation: Die Daten lassen nicht darauf schließen, dass durch das 9-Euro-Ticket der Autoverkehr rund um Heilbronn signifikant abgenommen hat. Eine Ausnahme ist die vergleichsweise kurze Strecke zwischen Weinsberg und Heilbronn. Dort ging es im Juni/Juli merklich flotter voran. Warum das so ist, lässt sich nicht eindeutig klären. Die TomTom-Experten vermuten aufgrund der Datenlage "externe Störfaktoren", die im Vergleichszeitraum im Mai den Verkehr ausgebremst hätten. Größere Baustellen gab es in diesem Zeitraum aber nicht, abgesehen von einer Sperrung des Schemelsbergtunnels, die aber immer nur nachts erfolgte.


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Daten zeigen: 9-Euro-Ticket hatte kaum Auswirkung auf Autoverkehr


Eine weitere Auswertung sollte Hinweise liefern, ob es mehr Umsteiger auf Bus und Bahn gab. Dazu wurde untersucht, ob die großen Park-and-Ride-Anlagen in Lauffen, Heilbronn, Mosbach-Neckarelz und Bad Friedrichshall häufiger angefahren wurden, während das 9-Euro-Ticket galt. Es ergab sich jedoch keine eindeutige Tendenz. Mal wurden die Parkflächen etwas häufiger angefahren, mal sogar seltener.

Studien: Vor allem der Freizeitverkehr profitierte

"Eingefleischte Autofahrer haben das 9-Euro-Ticket nicht genutzt", ist das Fazit von Hans-Martin Sauter aus dem Regionalvorstand des Verkehrsclubs Deutschland (VCD). Allerdings waren die Rahmenbedingungen in der Region speziell. Just zum Start der Aktion war der Verkehr auf der Frankenbahn wegen Baustellen massiv gestört - nicht gerade ein Anreiz zum Umsteigen. Die Ergebnisse der regionalen Analyse deuten in dieselbe Richtung wie weit umfangreichere Studien, wie sie etwa das Deutsche Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) durch Befragung von 2500 Personen durchgeführt hat. Demnach nutzten 60 Prozent das 9-Euro-Ticket für Ausflüge und Freizeitaktivitäten am Wochenende, 34 Prozent für Freizeitwege in der Woche und 21 Prozent für Urlaubsfahrten. Auch bei privaten Erledigungen und Einkaufswegen kam das Ticket häufig zum Einsatz. Eine kleinere Rolle spielte das Ticket beim Berufsverkehr: 18 Prozent legten damit den Weg zur Arbeits- oder Ausbildungsstätte zurück.

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