An den Schulen: Wenig Begeisterung für "Rückenwind"
Der Lehrerverband klagt, dass das Förderprogramm auf Kosten der Pädagogen geht. Bei Schulen kommt Geld nicht an oder es ist zu viel Bürokratie dahinter.

Lehrer und Schulleitungen sehen sich nach einer neuen Umfrage ihres Verbandes durch das Förderprogramm "Lernen mit Rückenwind" zusätzlich belastet. Außerdem fehle vor allem bei Rektoren und Schulleitern die Zeit, um das millionenschwere Nachhilfeprojekt für Lernrückstände durch die Corona-Pandemie planen und koordinieren zu können. "Wenn die Lehrerinnen und Lehrer das Programm trotzdem unterstützen sollen, muss das Land sie für diese Zeit von außerunterrichtlichen Aufgaben entlasten", sagte der Landesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand, am Freitag.
Jede vierte Schule nicht dabei
An der VBE-Umfrage hatten Lehrkräfte aus rund 120 Schulen teilgenommen. Demnach beteiligt sich etwa jede vierte Schule nicht an dem Programm. Rund die Hälfte der Befragten gab zudem an, nicht ausreichend über das Programm informiert gewesen zu sein, 60 Prozent fühlten sich bei der Umsetzung nicht ausreichend unterstützt. Es sei vor allem wichtig, die Schulleitungen zu entlasten, sagte Brand. Die Leitungszeit müsse ausgebaut werden, außerdem müsse es Anrechnungsstunden geben für besondere Aufgaben. "Die Grenze des Möglichen ist erreicht, wenn nicht bereits überschritten", sagte der VBE-Landeschef.
Vorbereitet, nicht voran gekommen
Die Grundschule in Heilbronn-Biberach hatte alles vorbereitet, erzählt Viviane Kalisch, die neue Vorsitzende des Heilbronner Gesamtelternbeirats. Alles war organisiert, sogar eine Lehramtsstudentin gefunden. Allerdings sei die Behörde, die dann für die Arbeitsverträge zuständig ist, nicht vorangekommen. Die junge Frau hätte also wieder abgesagt. Die "Rückenwind"-Idee findet die Vorsitzende gut. Es sei besser, jemanden langfristig in die Schulen zu holen und die Jungen und Mädchen zu fördern, als den Kindern Bildungsgutscheine für Nachhilfe zu überreichen.
In Bürokratie gefangen
An der Bischof-von-Lipp-Schule Mulfingen bekommen die Schüler sämtlicher Klassenstufen seit Schuljahresbeginn Förderung in Deutsch, Mathe und Englisch - nur die Schule bislang kein Geld dafür. Warum das so ist, erklärt Schulleiter Johannes Dirnberger: Die Privatschule habe das Angebot aus eigenen Reihen organisiert, ehe das staatliche Programm angelaufen ist. "Da waren wir richtig stolz auf uns, dass wir das so schnell umsetzen konnten", sagt Dirnberger. Doch jetzt "hängen wir bürokratisch dazwischen", verweist er auf Probleme bei der Bewilligung von Landesgeldern. Denn die Kurse laufen schon. "Aber noch ehe Rückenwind ein Thema geworden war, hatten wir den Bedarf erkannt und die Wiederholungskurse angeboten, indem viele Lehrer aufgestockt haben." An der Gemeinschaftsschule sind derzeit rund 266 Schüler in den Klassen fünf bis zehn, die von etwa 30 Haupt-, Real- und Gymnasiallehrkräften unterrichtet werden.