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25 Jahre nach Lawinen-Unglück von Galtür – Trauer um sechs Opfer aus Heilbronner Region

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Die Katastrophe von Galtür, im Skigebiet im Paznauntal, jährt sich, sie forderte zahlreiche Tote. Sechs davon kamen aus der Region Heilbronn.

von Adrian Hoffmann und dpa
Ein Bild der Verwüstung zeigt sich nach dem schweren Lawinenunglück in Galtür am 23. Februar 1999.
Ein Bild der Verwüstung zeigt sich nach dem schweren Lawinenunglück in Galtür am 23. Februar 1999.  Foto: Peter Kneffel/dpa

Vielen ist die Lawine von Galtür bis heute in schlimmer Erinnerung geblieben. Sechs Menschen aus der Region Heilbronn waren am 23. Februar 1999 bei der Katastrophe im österreichischen Urlaubsort gestorben.

Darunter ein Lehrer des Hohenstaufen-Gymnasiums (HSG) in Bad Wimpfen sowie seine Frau und ihre beiden Kinder. Zwei weitere Frauen aus Heilbronn kehrten nicht nach Hause zurück.

Lawinen-Unglück in Galtür vor 25 Jahren: Urlauber saßen wegen Schneefall fest

25 Jahre ist dieses schicksalshafte Ereignis jetzt her. Tagelang hatte es damals in Österreich geschneit, genau wie in Bayern und in der Schweiz. "Höchste Lawinengefahr in den Alpen", hatten Experten bereits Tage zuvor gewarnt.

Doch viele Urlauber saßen in Galtür im Paznauntal, ganz in der Nähe von Ischgl, bereits fest und waren durch das extreme Wetterereignis von der Außenwelt abgeschnitten. Manche hatten schon ihre Sachen für die Abreise gepackt.

Lawine in Galtür wurde 400 Meter breit – 31 Menschen verloren ihr Leben

Gegen 16.15 Uhr an jenem Dienstag löste sich vom Hausberg Grieskogel ein Schneebrett von einer unglaublichen Dimension. Die Lawine wurde im Tal etwa 400 Meter breit und entwickelt eine Geschwindigkeit von 300 Kilometern pro Stunde. Erst vor der Kirche verlor sie ihre Kraft.

Rettungshubschrauber konnten nicht sofort zur Hilfe nach Galtür eilen, weil das Schneetreiben zu dicht war. 31 Todesopfer forderte die Lawine im Gesamten, 21 Deutsche waren darunter. In Bad Wimpfen herrschte Entsetzen und tiefe Trauer. Schüler und Kollegen vermissten ihren allseits beliebten Sport- und Mathematiklehrer.

Galtür als Skiferien-Reiseziel war populär am HSG – sowohl unter Familien von Schülern als auch im Lehrerkollegium. Der frühere Hausmeister der Schule berichtete einst, es sei sogar gescherzt worden, man könne in Galtür bald eine Gesamtlehrerkonferenz abhalten.

Lawinenabgang in Galtür: Tausende saßen in der weißen Falle

Auch in den Jahren nach dem Lawinenunglück besuchten Menschen aus der Heilbronner Region immer wieder den Katastrophenort. Nicht mehr nur, um Skizufahren, sondern vor allem auch, um den Opfern zu gedenken.

Aufräumarbeiten in den Tagen nach der Katastrophe, die als Beispiel für die Unberechenbarkeit der Natur gilt.
Aufräumarbeiten in den Tagen nach der Katastrophe, die als Beispiel für die Unberechenbarkeit der Natur gilt.  Foto: Hans Klaus Techt

Von den Tausenden Touristen, die damals im Februar 1999 im Paznauntal in der weißen Falle saßen, kamen allein 80 Menschen aus dem Unterland – aus Biberach, Bad Wimpfen, Erlenbach, Allfeld, Bonfeld und Kirchhausen. Darunter war auch Manfred Bär aus Erlenbach, heute 66 Jahre alt.

Er hatte damals die Rettungskräfte bei ihrer Suche nach Überlebenden unterstützt. Diese schlimmen Stunden bleiben für ihn unvergessen, auch 25 Jahre später. An jedem Jahrestag müsse er daran zurückdenken, sagt er heute noch.

Unglück in Galtür: Es geschah nur wenige Minuten nach dem Fassdaubenrennen

Die einzige Zufahrtsstraße war 1999 seit Ende Januar immer wieder gesperrt worden. Eine Woche vor der Lawinenkatastrophe war sie endgültig nicht mehr passierbar. Die Gäste in Galtür konnten wegen der gesperrten Pisten nicht mehr Skifahren. Sie wurden durch Belustigungen bei Laune gehalten.

Am Unglückstag gab es ein Fassdaubenrennen am Dorfplatz. Dann geschah es. Nur wenige Minuten, nachdem die Teilnehmer und Zuschauer wieder in ihre Quartiere gegangen waren, donnerte die gewaltige Lawine hinab in den Ort.

"Extrem tragische Schicksale": Lawinen-Unglück von Galtür machte weltweit Schlagzeilen

Häuser wurden zu kleinen Bruchsteinen zermalmt, andere Gebäude schwer beschädigt, Straßen und Wege tief begraben. Eltern verloren ihre Kinder, Kinder wurden zu Waisen und Halbwaisen. "Galtür war deswegen so besonders belastend für alle, weil extrem tragische Schicksale dabei herausgekommen sind", sagt die Psychologin Barbara Juen, die damals die Opfer betreut hat, in einem Podcast mit der "Wiener Zeitung".

Rettungsmannschaften durchsuchen Trümmer und Schnee nach Verschütteten.
Rettungsmannschaften durchsuchen Trümmer und Schnee nach Verschütteten.  Foto: epa apa Minich

Das Unglück hatte weltweit Schlagzeilen gemacht. Es gilt bis heute als Beispiel für die Unberechenbarkeit der Natur. Nur einen Tag nach der Lawine in Galtür war eine weitere Lawine im benachbarten Weiler Valzur niedergegangen. Erneut gab es Todesopfer. Es traf sieben Bewohner des Weilers.

Gottesdienst zum Gedenken an die Lawinen-Opfer von Galtür

Galtür ist inzwischen zu einer richtigen Schutzburg geworden. Hier steht heute die weltgrößte Lawinenschutzmauer. Sie ist 345 Meter lang und bis zu 19 Meter hoch. Wer an ihr entlang läuft, merkt schnell, wie groß im Ort die Angst ist, dass sich ein Unglück dieses Ausmaßes irgendwann einmal wiederholen könnte. Und wie groß auch der Wille in der Gemeinde ist, dass die Welt sieht: So etwas wird nie wieder geschehen.

In den ersten Jahren nach der Lawine seien die Gästezahlen eingebrochen, berichten Einheimische. Doch die Zahl habe sich wieder eingependelt. Unter vielen Urlaubern ist der Jahrestag inzwischen kein Thema mehr – weil es auch viele gibt, denen das Unglück unbekannt ist.

An diesem Freitag, genau 25 Jahre danach, soll es noch einmal präsent sein, trotz des Schmerzes. Die Gemeinde erinnert mit einem Gedenkgottesdienst in der örtlichen Kirche an die Katastrophe und ihre Opfer.

 
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