Wenn die Polizei zur Schusswaffe greift – brenzlige Situationen auch im Raum Heilbronn
Mancher Routine-Einsatz wird zu einer ernsten Lage. Wann Polizisten ihrem Gegenüber androhen, dass sie die Waffe einsetzen, ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Wie die Beamten vorgehen.
Brenzlige Situationen ergeben sich im alltäglichen Streifendienst wie aus dem Nichts heraus. Brenzlig deshalb, weil Polizisten den Gebrauch der Schusswaffe androhen und – in letzter Konsequenz – bereit sind zu schießen. Derartige Fälle sind in den vergangenen Wochen wiederholt in der Region öffentlich geworden. Die Polizei berichtet in ihren täglichen Pressemitteilungen darüber. Nehmen die Fälle zu? „Die Androhung des Schusswaffengebrauchs wird nicht statistisch erfasst“, sagt Manuel Unser, Sprecher des Heilbronner Polizeipräsidiums. Grundsätzlich aber komme dies eher selten vor.
Routine-Einsatz der Polizei kann sich schnell zuspitzen – Vorkommnisse in der Region
In Öhringen kam es beispielsweise Anfang Juni dazu. Ein Mann mit nacktem Oberkörper lief mit einer Waffe im Hosenbund in der Stadt herum. Als die alarmierte Polizei den 31-Jährigen festnehmen wollte, soll der nach seiner Waffe gegriffen haben. Erst als die Beamten lautstark drohten, ihre Schusswaffe einzusetzen, habe sich der Mann widerstandslos festnehmen lassen.
Ein Einsatz in Heilbronn lief vor einigen Tagen glimpflicher ab. Ein 56-Jähriger randalierte laut Polizeibericht zunächst in einer Gaststätte in der Bahnhofstraße – dort gilt ein Messerverbot. Die Polizei nahm den Mann mit nach draußen, um eine Anzeige aufzunehmen. Unaufgefordert soll der Mann dann ein Messer mit zwei ausklappbaren Klingen aus der Jackentasche gezogen haben. Passiert ist letztlich nichts. Die Polizei drohte nicht mit dem Gebrauch der Schusswaffe. Der Fall zeigt jedoch, wie schnell eine Situation sich zuspitzen kann.

Polizisten dürfen nur drohen, wenn auch der tatsächliche Schuss rechtmäßig wäre
Eines macht Manuel Unser deutlich: Warnen Polizisten vor einer Schussabgabe, ist das keine Äußerung aus einer Laune heraus. Die Androhung sei in den Gesetzen klar geregelt. Sie dürfe nur dann erfolgen, wenn auch ein tatsächlicher Schuss gerechtfertigt ist. Konkret: Jemand läuft beispielsweise mit einem Messer durch die Innenstadt und geht bedrohlich auf Passanten zu. Stellt ein bewaffneter Mensch eine Gefahr für die Beamten oder andere dar und sieht die Polizei keine andere Möglichkeit, droht sie den Schusswaffengebrauch nicht nur an, sondern schießt.
So passiert im Mai in Bad Friedrichshall. Der Polizei zufolge soll dort ein 24-Jähriger bei einer Wohnungsdurchsuchung plötzlich mehrere Küchenmesser an sich genommen haben. Die Aufforderung, die Messer wegzulegen, soll er ignoriert haben. Stattdessen habe er ein Messer auf einen Beamten geworfen. Mit zwei weiteren Messern soll er dann zielgerichtet auf diesen Beamten zugelaufen sein. Der Polizist habe nach einer neuerlichen Aufforderung, die Messer abzulegen, geschossen. Der 24-Jährige wurde am Arm verletzt. „Der Gebrauch der Schusswaffe stellt die schärfste Form des unmittelbaren Zwangs dar“, sagt Polizeisprecher Unser. Immerhin kann ein Schuss jemanden tödlich verletzen.
„Viele Kolleginnen und Kollegen kommen glücklicherweise während ihrer Dienstzeit nie in die Situation, einen Schusswaffengebrauch gegen Menschen anzudrohen und nochmals deutlich weniger, auf einen Menschen zu schießen.“
Einsatz der Schusswaffe wird in Trainings gezielt geübt
In einer konkreten Situation treffen Polizisten binnen kürzester Zeit eine Entscheidung. Ob eine Schussabgabe rechtmäßig war, prüft die Staatsanwaltschaft, wenn es zur Anklage kommt, ein Gericht. Unser zufolge trainieren Polizisten den Umgang mit der Waffe regelmäßig und sie werden jährlich geprüft. Bei Abwehr- und Zugriffstrainings sowie Schießtrainings würden verschiedene Szenarien mit einer Schießandrohung geübt.
Ein nicht alltägliches, aber reales Szenario bot sich im Mai Polizisten auf einem Lidl-Parkplatz in Heilbronn. Dort trafen die Beamten auf einen Mann, gegen den ein Haftbefehl vorlag. Der 52-Jährige sollte wegen eines Betäubungsmittelvergehens drei Monate ins Gefängnis. Als die Polizisten ihm den Haftbefehl eröffneten, zog der Mann eine Machete hervor. Die Polizisten zogen ihre Dienstwaffen und forderten ihn auf, die Machete fallenzulassen. Dem kam der Mann nach mehrfacher Aufforderung nach. Schießen mussten die Beamten nicht.