Bad Friedrichshaller Doppelmordprozess: Verletzter ist bis heute blind
Beim Prozess um den Bad Friedrichshaller Doppelmord vor dem Heilbronner Landgericht sagten am Montag weitere Zeugen aus. Darunter auch die Mutter des Mannes, den der Angeklagte mit mehreren Schüssen schwer verletzt haben soll.
„Ich danke Gott, dass er uns die Kraft gibt“, sagte die Mutter des Mannes, der am 7. Januar 2025 von den Schüssen im Pausenraum der Bad Friedrichshaller Zahnradfabrik Hänel schwer verletzt wurde. „Aber seit diesem Tag ist unser Leben zerstört“, sagte die 75 Jahre alte Zeugin am siebten Verhandlungstag vor der Schwurgerichtskammer des Heilbronner Landgerichts.
Zwei Kollegen sterben in Pausenraum der Firma Hänel – Verletzter liegt 40 Tage im Koma
Laut Staatsanwältin soll der 53 Jahre alte Angeklagte um 17.43 Uhr im Pausenraum der Firma zwei seiner Kollegen erschossen und einen weiteren schwer verletzt haben. Ein vierter Mann konnte noch rechtzeitig über den Umkleideraum in die Fertigungshalle flüchten, wo er die anderen Kollegen lautstark vor dem Schützen warnte.
40 Tage lang sei ihr Sohn im Koma gelegen. Sein rechtes Auge hat er verloren. Auf dem linken Auge sehe er nichts mehr. Ihr Sohn sei blind und sein rechter Arm gelähmt. Reden könne man inzwischen wieder mit ihm. „Aber er darf sich nicht aufregen.“
Schüsse in Bad Friedrichshall: Verletzter hat 16 Operationen hinter sich
Seine beiden Kinder weinten seit der Tat viel. Die 17 Jahre alte Tochter habe inzwischen das Gymnasium abgebrochen und eine Ausbildung angefangen. Der 14 Jahre alte Sohn wiederhole die Klasse. „Sie konnten monatelang nicht lernen.“
16 Operationen habe der Verletzte hinter sich. „Er ist stark“, sagte seine Mutter. Aber vieles könne er nicht mehr allein machen. Ihr Sohn habe jetzt Pflegestufe 4. Ihre eigene Arbeit neben der Rente habe sie inzwischen aufgegeben. Sie pflege ihn zu hundert Prozent. Jeden Tag kommen Therapeuten ins Haus. Hoffnung habe die Familie, dass der Geschädigte vielleicht doch wieder auf dem linken Auge sehen kann. Und sei es nur Licht und Schatten. Ansonsten, so sage ihr Sohn, könne er nicht weiterleben.

Immer wieder musste die Zeugin mit den Tränen kämpfen, während der Angeklagte wie in allen Prozesstagen zuvor einen vollkommen teilnahmslosen Eindruck machte. So war das offenbar auch in der Nacht, in der er festgenommen wurde. Seelenruhig und kooperativ sei der Beschuldigte gewesen – bei seiner Verhaftung und als er danach bei der Polizeidirektion Heilbronn erkennungsdienstlich erfasst wurde, so ein Polizeibeamter.
Spezialeinsatzkommando versuchte vergeblich Haustür des Angeklagten zu sprengen
Dabei habe er nicht einmal gefragt, was ihm überhaupt vorgeworfen wird. Aus Sicht des Beamten sei das sehr ungewöhnlich, zumal wenige Stunden vorher ein Spezialeinsatzkommando (SEK) der Polizei seine Wohnungstüre gesprengt hatte und er durch das Küchenfenster verhaftet worden war.
Das SEK hatte offenbar Schwierigkeiten, die mit mehreren Metallriegeln verbarrikadierte Türe zu öffnen. Selbst eine Sprengung blieb erfolglos. Die inzwischen verkeilte Türe ließ sich nur einen kleinen Spalt weit öffnen, so dass der Angeklagte durch das Küchenfenster im Erdgeschoss des Einfamilienhauses in Seckach verhaftet wurde.
„Er war sehr ruhig und kooperativ“, sagte er damals leitende Mosbacher Polizeibeamte im Zeugenstand. Wie seine Frau und seine beiden Töchter habe der Angeklagte einen Schlafanzug angehabt. „Die ganze Familie wollte offenbar gerade schlafen gehen.“ Ein weiterer Polizeibeamter sagte aus, dass der Angeklagte nach seinen Medikamenten gegen Schizophrenie gefragt habe.
Polizei findet Gewehr und Pistole im Waffenschrank des Angeklagten
Bei der Hausdurchsuchung fanden die Beamten im Untergeschoss des Hauses einen Waffentresor. Darin hatte der Beschuldigte ein Repetiergewehr, eine Pistole Kaliber neun Millimeter und zwei Messer eingeschlossen. Außerdem fanden die Beamten jede Menge Munition. Der Polizist sprach vor der Schwurgerichtskammer von etwa tausend Patronen.
Im Schießbuch hatte der Angeklagte notiert, dass er zwei Tage vor den tödlichen Schüssen in Bad Friedrichshall mit einer Pistole am Schießstand des Schützenvereins geschossen hatte. Laut Polizeibeamten sei die Pistole in der Tatnacht frisch gereinigt worden. Offenbar wurden aber bei der Untersuchung des Angeklagten Reste von Schmauchspuren an den Händen, im Gesicht und an seiner Kleidung gefunden, so der Polizist. Ein dafür zuständiger Sachverständiger wird an einem anderem Prozesstag noch gehört.