Im nächsten Teil der Serie erklärt Ernährungsberaterin Dorothea Portius von der DHBW Heilbronn, worauf Ausdauersportler achten sollten und warum der Kaffee am Morgen keine gute Idee ist. Der Neckarsulmer Orthopäde Boris Brand erläutert, mit welchen Sportverletzungen Läufer am häufigsten zu ihm kommen und was man dann tun kann. Ganz vorn auf der Liste: Lädierte Sprunggelenke durch Umknicken und Muskelverletzungen in Wade und Oberschenkel.
Lauftraining mit viel Gewicht – Sportler müssen mehr trainieren
Mythen zum Lauftraining sind einige in Umlauf. Doch welche davon stimmen? Ein Faktencheck mit Läufer Sebastian Hammer und Sportwissenschaftler Volker Sutor.
Am 21. September ist Berlin-Marathon. Eine Gruppe von 27 Läufern aus Erlenbach und der Region will in der Hauptstadt an den Start gehen. Sie laufen seit Jahren gemeinsam unter der Regie von Trainer Johannes Kaisers. Seit Mitte Januar soll jeder aus der Gruppe sein Training steigern, angepasst an sein Ziel für Berlin. Alle haben mit unterschiedlichen Herausforderungen zu tun.
Laufen mit über 100 Kilo Gewicht: „Für mich ist es schwierig, meine Laufleistung zu steigern“
Das Thema von Sebastian Hammer: sein Körpergewicht. Er ist fast zwei Meter groß und wiegt über 100 Kilo, als Schwimmer hat er viel Muskelmasse. „Für mich ist es schwieriger als für die anderen, meine Laufleistung zu steigern“, sagt er. Der 43-Jährige lässt sich individuell coachen. Damit hat er schon vor zwei Jahren, nach einer langwierigen Verletzung, gute Erfahrungen gemacht.

Ich begleite ihn bei seinem Training im Neckarsulmer Pichterichstadion und erhoffe mir, dabei etwas über Intervallläufe zu lernen – für mich eine neue Erfahrung. Der Brackenheimer Sport- und Physiotherapeut Volker Sutor liefert den wissenschaftlichen Hintergrund zu meinen Fragen.
Lauftraining mit hohem Gewicht: Wer schwer ist, braucht mehr Zeit, um Wettkampftempo aufzubauen
„Natürlich ist mit jedem Kilogramm Gewicht mehr Energie nötig, um den Köper zu bewegen, das ist einfache Physik“, sagt Sutor. Deshalb seien Spitzenläufer auf Mittel- oder Langstrecke meist auch sehr leicht. Gleichzeitig gilt: „Jeder kann laufen. Und es gibt auch eher kräftige Profis, zum Beispiel im Triathlon, die die Marathondistanz trotzdem unter 3 Stunden bewältigen.“ Die Gleichung: „Viel Gewicht, langsames Tempo“ geht für Sutor nicht auf. Eher schwere Läufer wie Sebastian Hammer bräuchten eben mehr Zeit und Grundlagenausdauertraining, um eine Leistungssteigerung zu erreichen. „Sie müssen mehr trainieren, um Wettkampftempo aufzubauen.“
Sutors Empfehlung: Im Verhältnis 90:10 oder maximal 80:20 Grundlagenausdauer und Intervalle trainieren. Im Grundlagenbereich mit Läufen in langsamem Tempo wird der Körper daran gewöhnt, über einen langen Zeitraum genügend Energie zu liefern, und die Belastbarkeit von Muskeln und Skelett wird erhöht. „Das Tempo kommt geübten Läufern fast wie Gehen vor“, sagt Sutor. Kurze, schnelle Intervalle dienen unter anderem dazu, die Geschwindigkeit pro Kilometer zu steigern. Bei langen Läufen kann es sich anbieten, während des Laufs Kohlenhydrate zuzuführen, zum Beispiel mit Gels. Wie viele davon pro Kilogramm Körpergewicht nötig sind, lasse sich über eine Spiroergometrie, eine Atemgasmessung, und Apps ermitteln. Trinken sei über lange Distanzen auf jeden Fall nötig, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen.
Lauftraining für Marathon: Die Belastung für die Gelenke steigt vor allem mit der Geschwindigkeit

Vor zwei Jahren hatte Sebastian Hammer mit einer schmerzhaften und langwierigen Knochenhautentzündung zu tun. Seitdem achtet er darauf, dass er seine Laufschuhe regelmäßig wechselt und sein Training variiert. Er läuft, schwimmt, fährt Rad und trainiert mit Gewichten. Sind seine Gelenke beim Laufen besonderen Belastungen ausgesetzt, weil er schwer ist? „Es gibt einen Zusammenhang von Gewicht und Belastung“, sagt Sutor. „Beim Joggen kann das Zehnfache des Körpergewichts an Belastung in Gelenken auftreten.“ Genau diese Reize führten jedoch dazu, dass der Körper auf Dauer belastbarer werde. „Leute, die sich mehr bewegen, haben weniger degenerative Erkrankungen.“ Es gebe nur wenige Ausnahmen für die Regel „mehr Bewegung führt zu weniger Problemen“. Sogar Veränderungen am Knorpel seien durch Bewegung wieder zu verbessern.
Sutors Botschaft: Bewegung ist die erste und beste Hilfe gegen Arthrose (Gelenkverschleiß). Wer einen erhöhten Körperfettanteil hat oder Neueinsteiger ist, dem rät er zu einem langsamen Einstieg in die Bewegung, etwa mit Walking. Auch hier gilt: Je schneller man läuft, desto höher ist die Belastung. Gleichzeitig ist Druckbelastung gut, damit Gelenke überhaupt belastungsfähig werden und bleiben. Deshalb sei auch die Behauptung falsch, dass Walken mit Stöcken besonders gut sei, weil mit den Armen ein Teil des Gewichts abgefedert wird.
Lauftraining für Marathon: Intervalltraining dient dazu, Tempo und Ausdauer zu steigern
Seit vielen Jahren laufe ich schon, allerdings bis vor kurzem ambitionslos und ohne jegliche Datenerfassung oder Trainingstheorie. Seit ich mich der Erlenbach-Gruppe angeschlossen habe, ändert sich das langsam, auch wenn die anderen mich meistens noch daran erinnern müssen, meine kürzlich erworbene Fitnessuhr zu starten. Auch unter dem Begriff Intervalltraining konnte ich mir vor Beginn des Projekts nichts vorstellen. Heute will ich selbst ausprobieren, wie Intervalltraining funktioniert und habe mir vorgenommen, zumindest einen Teil der Intervalle mit Sebastian zu laufen.
Wir legen los mit Stretching und vier Runden lockerem Warmlaufen. Dann rennt Sebastian los und sprintet 800 Meter auf der Tartanbahn. Nach Runde drei von fünf steige ich ein. „Intervalltraining ist wichtig, um spezifische Ausdauerleistungen wie Laktattoleranz oder Wettkampftempo aufzubauen“, sagt Sutor. Man sollte es damit aber nicht übertreiben. Gerade für eher große Sportler mit viel Gewicht seien langsame und lange Einheiten zur Vorbereitung auf einen Marathon wichtig. „Mir kommt das selbst ätzend langsam vor, ich muss mich auch zwingen“, sagt Sutor. Nach fünfmal 800 Meter für Sebastian und zweimal 800 Meter für mich beenden wir heftig schnaufend das Rennen um den Pichterich und laufen noch drei Runden locker aus. Meine Oberschenkel brennen und stechen.
Lauftraining für Marathon: Wem Dehnen guttut, soll es weiterhin machen
„Zu dem Thema sind viele Spekulationen im Umlauf“, sagt Volker Sutor. Es gebe keine Erkenntnisse dazu, dass normale Sportler, die sich nicht dehnen, zu mehr Verletzungen neigten. „Das gilt höchstens für Kampfsportler oder einen Torwart, zum Beispiel im Handball, der muss extrem beweglich sein.“ Gleichzeitig gelte es natürlich, mit zunehmendem Alter die Beweglichkeit zu erhalten, um den Alltag lange gut meistern und zum Beispiel Schuhe binden zu können. Zudem gebe es neue Studien, die einen positiven Effekt des Dehnens für die Gefäßbeweglichkeit nachweisen – sie ist wichtig für einen gesunden Blutdruck und die Durchblutung von Organen und Gewebe.
Der Läufergruppe rät Sutor: „Beim Joggen wird der Hüftbeuger sowieso gedehnt, das ist also nicht unbedingt notwendig. Aber wenn es guttut, dann weitermachen!“ Dehnen wirke auf manche Menschen beruhigend und entspannend. Für mich persönlich ist eine Trainingseinheit erst mit ein paar Dehnübungen für Oberkörper und Beine abgeschlossen. Das hilft mir, nach der Belastung runterzukommen. Wenn ich das Dehnen auslasse, zum Beispiel wenn es draußen kalt ist, habe ich oft später das Gefühl, verspannt zu sein.

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