Gaststätte am Michaelsberg schließt: Zukunft ungewiss
Die Gaststätte am Michaelsberg schließt. Der Gesundheitszustand von Wirt Timo Gries hatte sich lebensbedrohlich verschlechtert. Doch das ist nicht der eigentliche Grund für das Aus des Traditionslokals.

"Ich habe schon die andere Seite gesehen." Am Telefon spricht Timo Gries unaufgeregt über das vergangene Jahr und die aktuelle Reha, die er beinahe nicht erlebt hätte. Der langjährige Wirt der Cleebronner Gaststätte am Michaelsberg, direkt angrenzend an den Erlebnispark Tripsdrill, kann nur mithilfe eines Gehwagens laufen. 2023 verschlechterte sich der Gesundheitszustand des 55-Jährigen derart, dass Ärzte nach eigenen Angaben zu ihm sagten: "Wir hätten nie gedacht, dass Sie so weit kommen, dass Sie so ein Kämpfer sind." Doch der Reihe nach.
Mit Wasser in den Beinen habe die Misere angefangen, Timo Gries kommt in Heilbronn und später in Stuttgart ins Krankenhaus. Ein Leberschaden stellt sich heraus, die Situation verschlimmert sich. "Zum Schluss hatte ich 23 Kilogramm Flüssigkeit im Körper." Der Wirt sucht im Oktober erneut das Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart auf, fängt sich eine HNO- und eine Lungenentzündung ein.
Wirt der Gaststätte am Michaelsberg im Koma – Timo Gries: "Ärzte haben so gekämpft um mich"
Bei der Behandlung seiner Leiden bildet sich seinen Angaben zufolge ein Virus. Bauchspeicheldrüse, Niere, Milz – "das Virus hat sämtliche Innereien angegriffen". Gries wird wiederbelebt, befindet sich einige Tage im künstlichen Koma. "Die Ärzte haben so gekämpft um mich. Zum Abschied sind alle nochmal staunend vorbeigekommen." Das war Ende Februar, jetzt schließt sich die Reha in Bad Dürrheim (Schwarzwald-Baar-Kreis) an.
Die Gaststätte am Michaelsberg fährt 2023 "nur noch auf Halbmast". Geöffnet ist nur über mittags, "weil andere Biergärten da nicht offen haben". An Gries' Gesundheitszustand, der kaum noch selbst vor Ort ist, liegt das allerdings nicht. Es ist die angespannte Personallage in der Branche, die keine längeren Öffnungszeiten zugelassen habe. An Neujahr geht die Gaststätte in die alljährliche Winterpause, die bis zum 1. März dauern soll. Doch das Lokal öffnet nun, abgesehen von bereits im Vorjahr vereinbarten Konfirmationen oder ähnlichen Feiern, gar nicht mehr.
Wie Sandra Gries gegenüber der Heilbronner Stimme bestätigt, hat die Schließung nichts mehr der schweren Erkrankung ihres Mannes zu tun. Den Betrieb hätte sie, aufgrund des Personalmangels, nicht aufrechterhalten können. Hinzu kommt: "Tripsdrill hat Eigenbedarf angeführt, das ist vertraglich einmal im Jahr möglich", berichtet Timo Gries. Eigentlich wäre das Pachtverhältnis noch bis in den Herbst 2024 gelaufen, doch die Beteiligten setzen sich an einen Tisch. "Tripsdrill ist uns super entgegengekommen. Man muss froh über solche Partner sein."
Tripsdrill und Wirtefamilie Gries einigen sich – Zukunft der Gaststätte am Michaelsberg ungewiss
Ein Entgegenkommen gibt's nicht nur bei der Pacht. Gries' Ehefrau Sandra als bisherige Pächterin der Gaststätte wechselt in die gastronomische Leitung des Freizeitparks. Tochter Chiara erhält dort einen Ausbildungsplatz. Timo Gries ist dankbar. "Sandra hat während meiner Krankheitszeit alles super geregelt. Mir war wichtig, dass sie gut unterkommt. Buchhaltung, Einkauf, Küche: Alle Posten, die es im Gastrobereich gibt, hat sie bei uns ausgeführt." Und nimmt diese Expertise nun mit in den Erlebnispark.
Timo Gries' Einschätzung zufolge spielt Tripsdrill mit dem Gedanken, die Gaststätte in Wohnungen und Räume fürs Personal umzubauen. "Wieder ist so eine Institution unter den Traditionsgaststätten weg", sagt der Gastronom.
Gesundheit steht für Wirt Timo Gries nun an erster Stelle
Seitens des Erlebnisparks heißt es hingegen, dass noch keine Entscheidung über die weitere Nutzung gefallen sei. "Alle Optionen sind offen", heißt es von der Pressestelle. Es gebe verschiedene Nutzungsmöglichkeiten, "die zunächst in Ruhe durchdacht und ausgearbeitet werden müssen". Da der volle Fokus gerade auf der Eröffnung der Freizeitpark-Saison liege, unter anderem mit einem neuen Geschäftsführer und einem Höhenrettungstraining, soll erst im Laufe des Jahres "eine endgültige Entscheidung fallen".
Und wie geht's mit Timo Gries weiter? "In meinem Zustand kann ich mir nicht mehr vorstellen, nochmal Teller an Tische zu tragen." Durch das Koma haben sich seine Nerven verkürzt, er muss neu laufen lernen. "Die Entscheidung ist richtig, schon jetzt zu schließen. Meine Familie kommt unter. Und ich werde mich umorientieren und neu definieren müssen."
Einst hat der Wirt eine Heilbronn-Woche der Kabel1-Sendung "Mein Lokal, dein Lokal" gewonnen. Doch während bald wieder Folgen der Gastrosendung im Raum Heilbronn spielen, gilt für ihn jetzt nur noch eins: "Die Gesundheit steht über allem."
In eigener Sache: In einer ersten Version dieses Artikels stand eine andere Angabe zur Dauer des Komas. Die Passage wurde in der aktuellen Version korrigiert.
                
                 
                  
                
				
              
                
            


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