Naturphanömen in Weinsberg: Vögel attackieren Autos und Fenster
In Weinsberg greifen Singvögel vereinzelt Fensterscheiben und Autos an. In ihrem Spiegelbild sehen sie einen vermeintlichen Konkurrenten. Solch aggressives Verhalten tritt vor allem zur Brutzeit auf.

Vögel, die Fenster und Autos attackieren - dieses Phänomen erleben derzeit Anwohner des Maulrainwegs in Weinsberg. An den Tag legen dieses Verhalten Drosseln, die dort in einem Baum ihr Nest gebaut haben.
Vogelexperten kennen dieses kurios anmutende Treiben und bezeichnen die Tiere in solchen Fällen als "Spiegelkämpfer" beziehungsweise "Spiegelfechter". Denn die Tiere sehen dabei in Fensterscheiben, Spiegeln und reflektierenden Flächen ihr Spiegelbild - und nehmen dieses als Feind oder Nebenbuhler wahr, den sie durch die Attacken dann zu vertreiben suchen.
"Rivale" soll aus dem Revier vertrieben werden
"So etwas kommt vor, aber nicht außergewöhnlich häufig", ist der Weinsberger Revierförster Ekkehard Matter überzeugt, der auch beim Naturschutzbund (Nabu) aktiv ist. Dennoch gebe es immer wieder solche Vorfälle, auch mit größeren Vögeln. "Diese Attacken sind wohl vergleichbar mit Bussarden, die plötzlich Jogger angreifen", vermutet Matter. Es gehe den Tieren schlicht darum, vermeintliche Rivalen und Konkurrenten aus ihrem Revier zu vertreiben.
Der Weinsberger Revierförster hat einen solchen "Spiegelkampf" erst vor kurzem selbst beobachten können: "Bei einer Vogelschau habe ich eine Bachstelze beobachtet, die sich am Außenspiegel eines Autos abgearbeitet hat", erzählt Matter. Da das Fahrzeug in unmittelbarer Nähe zu einer Scheune abgestellt war, vermutet er, dass die Bachstelze dort zu diesem Zeitpunkt gerade gebrütet hat.
Aggressive Phase müsste eigentlich schon vorbei sein
Denn das außergewöhnliche Verhalten tritt vorwiegend in der Brutzeit der Vögel zwischen März und Juni auf. Daher zeigt sich Martin Klatt, Artenschutzbeauftragter des Nabu Baden-Württemberg, etwas überrascht, dass die Tiere sich aktuell noch so gebaren. "Solche Aggressionen gegenüber vermeintlichen Konkurrenten treten normalerweise zu Beginn der Revierbesetzung auf", erläutert Klatt.
"Im weiteren Verlauf lenken Singvögel wie Amsel oder Meise dieses Markieren dann in akustische Bahnen und stecken ihre Claims durch ihren Gesang ab", so der Experte. Auch diese Phase neige sich derzeit bereits dem Ende zu. Allerdings könne es auch durchaus sein, dass das Phänomen des "Spiegelfechtens" bei einer Zweitbrut nochmals zu Tage tritt oder dass ein Revier noch einmal neu besetzt werde.
Experte empfiehlt, Spieglungen zu verhindern
"Auf alle Fälle ist das Phänomen zeitlich begrenzt", weiß Klatt. Während die "Kämpfe" bei den Tieren Stress verursachten, rät er Menschen, deren Fenster oder Fahrzeuge von Vögeln angegriffen werden, zu Besonnenheit: "Mittel der Wahl ist in diesem Fall, dass man einfach versucht, Spiegelungen zu verhindern.
Als schnelle Lösung kann man bei Fenstern Gardinen nach außen hängen oder die Rollläden schließen", empfiehlt der Experte. Beim Auto könne es schon helfen, es umzuparken. Fensterscheiben mit schwarzen Greifvögelsilhouetten zu bekleben bringe dagegen nichts, da sich die Tiere weiterhin im Glas spiegelten und ihre Attacken fortsetzen.
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