Der Talmarkt in Bad Wimpfen weckt Erinnerungen
Bei der Traditionsveranstaltung in Bad Wimpfen ist für alle Generationen etwas geboten. Doch es sind herausfordernde Zeiten für Schausteller.
Unterhalb der malerischen, historischen Altstadt von Bad Wimpfen weht in diesen Tagen ebenfalls ein Hauch von Geschichte: Der Talmarkt, der einst als Pilgerfest rund um die Ritterstiftskirche St. Peter im Tal begann, feiert seine 1058. Auflage. Die Tradition wird sicht- und erlebbar. Zum Beispiel dank des 1886 von Emil Schmidt konzipierten Etagenkarussells mit Pferden, die Prinz, Charly oder Blacky heißen. Heute sitzt Peter Schmidt in vierter Generation hinter der kleinen Kasse und ist ebenfalls stolz auf die historische Orgel von 1900.
Auch der vierjährige Bastian aus dem Odenwald, der mit Mama und Oma gekommen ist, will zur Überraschung seiner Mutter lieber die Orgel hören als die Musik, die aus dem Karussell ertönt. Das Karussell weckt Erinnerungen bei Brigitte Goldfuß. "Anfang der 1960er Jahre sind wir zu zwölft in unseren Opel gestiegen, und meine Mutter hat uns zum Talmarkt gefahren." Ihre Tochter Pia Oehler erinnert sich, dass sie schon vor 35 Jahren als Kind mit ihrer Mutter hier war und als Mädchen auf dem Etagenkarussell gefahren ist. Nun hat sie selbst Kinder, und die fünfjährige Emilia und der dreijährige Arne dürfen viele Fahrgeschäfte ausprobieren.
Historisch und modern: Die Fahrgeschäfte auf dem Talmarkt in Bad Wimpfen
Nur wenige Meter neben dem historischen Karussell geht es moderner, schneller und lauter zu. "Break Dance" heißt das Fahrgeschäft aus den 1980er Jahren, das sich ebenfalls behauptet hat und bei Jugendlichen ziemlich beliebt ist. Marcus Heumann aus Münster sitzt im Regieraum und macht mit sonorer Stimme Ansagen in Richtung des kreischenden Publikums. "Break Dance ist bei allen Altersklassen ab acht Jahren beliebt", sagt er und will auch schon über 70-Jährige in diesem sich in hohem Tempo auf zwei Ebenen gegenläufig drehenden Fahrgeschäfts gesehen haben.
Herausforderungen der Schausteller auf dem Talmarkt
Über die Herausforderungen des Schauerstellerwesens können "Wurzelsepp" Peter Schneider aus Mannheim und Mike Roie ein Lied singen. Roie kommt aus Frankfurt und ist der Chef des Kuckuckswirts in dritter Generation. Beide sind in der Gastronomie zuhause. "In den letzten Jahren hat sich viel verändert", sagt der 67-jährige Peter Schneider und meint die gestiegenen Einkaufspreise. Diese hätten sich verdoppelt, doch das könne man nicht komplett an die Kunden weitergeben.
"Wir versuchen es über die Masse zu kompensieren", sagt Mike Roie. Die Preispolitik ist die eine Seite, der oft beklagte Personalnotstand die andere. Roie will nicht klagen. "Ich habe das gleiche Personal wie vor Corona." 14 Mitarbeiter sind bei dem Gastronomiebetrieb im Einsatz. 16 Transporter waren nötig für die komplette Infrastruktur. Für Peter Schneider ist dieses Fest auch gelebter Austausch und Treffpunkt, und er weist auf die Kombination von Fahrgeschäften, Gastronomie und Krämermarkt hin, was man sonst kaum in dieser Zusammenstellung finde.
Auf herausfordernde Pandemiejahre blickt auch Schaustellerin Ariane Haas-Bruch zurück. Sie betreibt einen Fuhrpark mit Autoscootern. Dieser hat eine lange Tradition. Autoscooter Haas gibt es seit 123 Jahren. "Vor einem Jahr", sagt sie, "haben die Menschen die Situation wie einen Hype erlebt, wollten wieder raus." Jetzt sei es vergleichbar mit der Zeit vor der Pandemie. Allerdings würden die Leute, verunsichert durch die allgemeine Lage aufgrund von Inflation, Transformation und Krieg, mehr auf die Finanzen schauen und weniger Geld ausgeben. "Für uns Schausteller wäre es schön, wenn nicht immer wieder neue Hiobsbotschaften kommen würden."
Stimmiges Angebot auf dem Bad Wimpfener Talmarkt
Für Marktmeister Jochen Großkopf ist die Sache klar: "Wir dürfen den Talmarkt nicht überladen. Es muss bunt bleiben." Die Abstimmung müsse stimmig sein. Bei Gastronomie und Fahrgeschäften soll für jeden etwas dabei sein. Der Krämermarkt gehört mit den vielen Ständen ebenfalls ins Anforderungsprofil. Auch musikalisch steht der Talmarkt für ein breites Angebot: Nach Crazy Zoo (Samstag) und Gipfelgaudi (Sonntag und Montag) spielt Happiness Voice (Dienstag). Der Talmarkt hat noch bis Dienstag geöffnet.