Nach dem Dauerregen über Pfingsten war die Hochwasserlage an der Schozach massiv angespannt. Erstmals waren alle Regenrückhaltebecken vollgelaufen. Um über die Steuerung der Becken und die Konsequenzen zu beraten, kam um 4 Uhr der Einsatzstab des Zweckverbands Hochwasserschutz Schozachtal zusammen. Das waren aus Abstatt, Talheim, Ilsfeld und Untergruppenbach die Bürgermeister und Kommandanten, Vertreter des Landratsamts und der Stadt Heilbronn. Es erfolgten Sichtprüfungen, stündlich wurden die Entwicklungen an der Schozach und am Gruppenbach in Wüstenhausen beobachtet. Glücklicherweise fielen die Pegel dann zügig, so dass der Krisenstab sich im Morgengrauen auflösen konnte. Jede Kommune übernahm dann wieder die Regie über ihre eigene Lage.
Wie sich Kommunen vor Hochwasser schützen – und was Anwohner tun sollten
Die Kommunen im Landkreis Heilbronn haben Einsatzpläne für Hochwasser vorbereitet. Die Feuerwehr gibt Tipps, wie sich Bewohner bei Gefahr verhalten sollen.

Überschwemmte Straßen, Felder und Wiesen, überflutete Keller, vollgelaufene Rückhaltebecken, Schlamm und Unrat, die Sturzfluten mit sich bringen: Dauerregen hat über Pfingsten und Anfang Juni in Teilen von Stadt- und Landkreis Heilbronn sowie in Hohenlohe Einwohner und Rettungskräfte innerhalb kürzester Zeit in Atem gehalten.
Mitte Mai ist zudem Gemmingen von zwei Gewitterzellen so stark getroffen worden, dass der Ort in eine Seen- und Schlammlandschaft verwandelt worden ist. Die Schäden sind zum Teil enorm. Sind Feuerwehren für solche Einsätze gerüstet? "Grundsätzlich schon", sagen unisono Heilbronns Kreisbrandmeister Bernd Halter und Marc Hoffmann, Leiter für Sicherheit und Ordnung im Landratsamt Heilbronn. Wie sind die Abläufe, wenn solche extremen Wetterlagen, die der Klimawandel verstärkt mit sich bringt, sich ankündigen?
Feuerwehr in Heilbronn: "Bei Hochwasser können wir schnell reagieren"
Wie für jeden, der die App geladen hat, ist die Warnung des Deutschen Wetterdienstes die erste Informationsquelle für Halter und Hoffmann und selbstredend für die Integrierte Leitstelle in Heilbronn. Das Landratsamt trifft Vorkehrungen. Wer ist für eine eventuell notwendige Führung greifbar? "In 30 Fällen treffen wird 29 Mal die Vorkehrungen umsonst. Aber das eine Mal sind wir vorbereitet", sagt Hoffmann.
"Bei Hochwasser können wir relativ schnell reagieren", so Kreisbrandmeister Halter. "Das ist ein Stück weit planbar." Durch die Prognose der Hochwasservorhersagezentrale Baden-Württemberg wisse man sehr genau, bei welchem Pegel an Neckar, Jagst oder Kocher die Alarmschwelle ausgelöst werde.
Bei steigendem Neckarpegel macht Feuerwehr aus Heilbronn Kontrollfahren
Steige der Neckarpegel in Plochingen, ist bekannt, wie viel Zeit vergehe, bis das Hochwasser in Lauffen und Gundelsheim ankomme, erklärt Halter. In der integrierten Leitstelle in Heilbronn wird eine Meldekette in Gang gesetzt, die die Kommunen beinhaltet. Grundlage deren Alarm- und Einsatzpläne sind Karten, in denen eingezeichnet ist, bei welchem Pegelstand welche Gebiete überflutet werden.
Die Kommunen seien innerhalb "ihrer vier Wände", so drückt es Halter aus, für den Hochwasserschutz zuständig. Halter spricht von eingespielten Prozessen aufgrund jahrelanger Erfahrungen. Das Handeln beginne niederschwellig: Feuerwehr und Bauhof machten Kontrollfahrten.
Bad Friedrichshall schützt sich mit mobiler Schutzwand vor Hochwasser
Wenn sich die Lage verschärft, gibt es bauliche Maßnahmen. Bad Friedrichshall zum Beispiel, wo Kocher und Jagst in den Neckar fließen, baute beim Dauerregen Anfang Juni wieder seine mobile Schutzwand am Kocher-Mühlkanal auf, berichtet Gesamtkommandant Marcel Vogt.
Die schützte auch diesmal die Bebauung vor Überflutungen. Die Feuerwehr kontrollierte während der Rund-um-die-Uhr-Bereitschaft an besagtem Wochenende die neuralgischen Punkte, errichtete Absperrungen und pumpte Wasser ab.
Bei Gefahr sollen Einwohner Radio oder Internet einschalten
Es gibt Tore für Dämme und Unterführungen in Friedrichshall und Gundelsheim, zählt Halter weiter auf oder Dammbalken, die das Wasser vom Freibad Obereisesheim fernhalten sollen. Aber auch Firmen müssen reagieren. Halter führt die Firma KS an, die bei einem gewissen Pegelstand ihren Parkplatz zwischen Neckarsulm und Obereisesheim räumt.
Spitzt die Lage sich zu, droht Menschen Gefahr, muss die Bevölkerung gewarnt werden. Per Warn-App, über Sirenen (Signal: Heulton eine Minute) - die Einwohner sollen dann Radio oder Internet einschalten - per Lautsprecherdurchsage oder bei nur wenigen betroffenen Häusern, klingelt die Feuerwehr. "Ruhe bewahren", lautet Halters erster Rat.
Er warnt davor, in den Keller zu gehen, wenn Wasser eingedrungen ist. Dort bestehe Lebensgefahr. Durch einen Stromschlag fügt Hoffmann hinzu. Das Wasser könnte die Tür zudrücken, sodass man gefangen sei. "Das öffentliche Leben lebt ein Stück weit von der Eigenverantwortung", erteilt Halter der Vollversorgungsmentalität eine Absage.

Landkreis unterstützt Kommunen bei Hochwassereinsätzen
Können Kommunen die Hochwassereinsätze nicht mehr selbst meistern, tritt der Landkreis auf den Plan. "Überregionales Ressourcenmanagement", nennt das Halter. Überland- und Nachbarschaftshilfe lösen erschöpfte örtliche Einsatzkräfte ab. Hoffmanns Amt hat grundlegende Einsatzkonzepte, nicht nur für Hochwasser. Wo können Stützpunkte für Sandsäcke eingerichtet werden?
190 Tonnen Sand füllte beim Hochwasser zu Monatsbeginn die Spezialanlage des Landkreises in 13.000 Säcke, die vor allem in den Rems-Murr-Kreis gebracht wurden. Wo werden Notstromaggregate gebraucht, wo Pumpen? Wo können Sammelpunkte für auswärtige Kräfte eingerichtet und wo diese untergebracht und versorgt werden? Welche Flächen sind geeignet, um Großfahrzeuge abzustellen?
Kommunen sollen sich "frühzeitig Verstärkung holen"
Damit beschäftigt sich bei einer Großlage die Stabsstruktur, die koordiniert und führt. "Wichtig ist, rechtzeitig zu erkennen, wenn eigene Führungsstrukturen nicht mehr ausreichen, dass man sich frühzeitig Verstärkung holt", macht der Kreisbrandmeister deutlich.
Er verweist auf die vor zwei Jahren begonnene Vernetzung der Führungsstäbe in der Region Franken. "Wir streben eine regelmäßige Ausbildung an", sagt Halter. Er wünscht sich, dass das Land intensiver für solche Einsätze schule.
"Beim Bevölkerungsschutz können wir uns nicht entspannt zurücklehnen"
2,8 Millionen Euro investiert der Landkreis seit 2022 selbst in den Bevölkerungsschutz. So wurde das Personal im Amt für Sicherheit und Ordnung aufgestockt. Fünf Großschadensergänzungseinheiten (GSE) aus jeweils zwei Feuerwehren werden aufgebaut mit Fahrzeugen und Material für witterungsbedingte Einsätze. So hat die GSE Löwensteiner Berge erstmals mit ihrer Großpumpe in Neuenstadt erfolgreich agieren können.
"Beim Bevölkerungsschutz können wir uns nicht entspannt zurücklehnen", ist für Halter klar. Die jüngsten Hochwasser zeigten deutlich, dass sich witterungsbedingte Einsätze nicht nur häuften, sondern in ihren Auswirkungen auf die Bevölkerung unterschiedlich stark ausgeprägt seien.