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Geld wird knapp: Kommunen im Kreis Heilbronn kämpfen mit massiven Finanzproblemen

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Schulen, Sporthallen oder Klimaschutz stehen auf der Streichliste. Der Gemeindetagspräsident sagt: „Demokratie ist kein Bestellshop!“ und fordert das Senken von Standards. Das sagen Bürgermeister aus der Region zu den geplanten Einschnitten. 


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In Offenau hat Kämmerer Holger Leister den schwierigsten Plan in den 17 Jahren seiner Amtszeit vor sich. Die Gewerbesteuereinnahmen brechen auf die Hälfte ein, veranschlagt waren 1,5 Millionen Euro. Das Loch stopfen können höchstens noch Grundstücksverkäufe. Um den Betrieb am Laufen zu halten, werden wohl so genannten Kassenkredite nötig.

In Hohenlohe droht der Stadt Langenburg noch in diesem Jahr die Zahlungsunfähigkeit. Die 1800-Einwohner-Stadt erwirtschaftet trotz aller Sparmaßnahmen nicht einmal das Geld, das sie benötigt, um den laufenden Betrieb in diesem Jahr zu stemmen. Fast 450 000 Euro fehlen – und das Sparbuch ist praktisch leer.

Einige Kommunen im Kreis Heilbronn können sich nur mit Krediten über Wasser halten

Nur zwei Beispiele aus der Region, die zeigen: Wenn es so weiter geht, sind die Kommunen bald pleite. Für Investitionen dürfen Kommunen Kredite aufnehmen, nicht aber, um Löhne, Gebühren, Umlagen, also den laufenden Betrieb zu finanzieren. Hier gibt es die Kassenkredite, ähnlich dem Dispo auf dem Girokonto. Diese sind aber begrenzt. Ist das Limit ausgeschöpft, ist die Gemeinde bankrott.

Die hat Gundelsheim immer wieder gebraucht, um die Ausgaben wie zum Beispiel fürs Personal bezahlen zu können. „Wir sind eine finanzschwache Gemeinde und müssen schon immer sparen“, sagt Bürgermeisterin Heike Schokatz. Seit dem Jahr 2019 schaut sich die Haushaltstrukturkommission genau an, wo gespart werden kann. Was helfen würde, wäre eine „100-prozentige Gegenfinanzierung von Aufgaben, die vom Bund und den Ländern an die Kommunen übertragen werden.“ Oft legen die Kommunen drauf, wie jetzt beim Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in den Grundschulen, wo nicht einmal 80 Prozent der Investitionen gefördert werden.  

Heilbronner Landrat Heuser: Finanzielle Situation der Kommunen hat sich dramatisch verschlechtert

Landrat Norbert Heuser stellt fest: „Die finanzielle Situation der Kommunen hat sich dramatisch verschlechtert.“ Den steigenden Aufwendungen durch Übertragung von Aufgaben stehe keine adäquate Finanzierung gegenüber. Heuser fordert konkret eine Verdreifachung des kommunalen Anteils an der Umsatzsteuer. Der Zuschussbedarf im Öffentlichen Nahverkehr, bei der Unterbringung Geflüchteter, den Krankenhäusern oder den Sozialausgaben führe dazu, fast 90 Prozent der Landkreise ihre Aufwendungen nicht mehr erwirtschaften können. 

Das Sparschwein ist bald leer: Vielen Kommunen steht das Wasser bis zum Hals.
Das Sparschwein ist bald leer: Vielen Kommunen steht das Wasser bis zum Hals.  Foto: Hendrik Schmidt

„Die finanziellen Mittel, die uns zur Verfügung stehen, reichen nicht aus, um alle gewohnten Standards aufrechtzuerhalten“, sagte Bad Wimpfens Bürgermeister Andreas Zaffran bei der Einbringung des Doppelhaushaltes für die Jahre 2025 und 2026. Die steigenden Kosten in vielen Bereichen wie Bildung, Personal, Bauen, Infrastruktur und soziale Dienstleistungen stellen die Städte und Gemeinden vor immense Herausforderungen. Die Baupreise sind in den letzten vier  Jahren um 30 Prozent gestiegen, die Personalkosten um rund 20 Prozent. Zusätzliche Aufgaben erfordern weiteres Personal.

Sparmaßnahmen in Möckmühl und hohe Pro-Kopf-Verschuldung in Ilsfeld

In Möckmühl wird der Gemeinderat ab November, auch in einer Klausurtagung, über Sparmaßnahmen diskutieren. „Dabei geht es auch um die Priorisierung von größeren Infrastrukturprojekten, die in den nächsten Jahren anstehen“, so Bürgermeister Simon Michler.

Der Ilsfelder Bürgermeister Bernd Bordon weist darauf hin, dass seine Gemeinde landesweit in den Top 15 bei der Pro-Kopf-Verschuldung stecke. Man habe beim derzeitigen Regenwetter „einen exzessiven Bedarf an Wassereimern in den kommunalen Einrichtungen“.

Kommunen im Raum Heilbronn unter Sparzwang – aber Vielzahl von Pflichtaufgaben

Aber: Den Kommunen wurden und werden so viele Aufgaben aufgebürdet, dass sie kaum sparen können: Die Unterbringung Geflüchteter, die Betreuung von Kindern in Kitas und ab dem kommenden Jahr auch in Schulen, der öffentliche Nahverkehr oder das Instandhalten von Straßen, Schulen und Hallen, das alles sind mehr oder weniger Pflichtaufgaben. „Auch in Neckarsulm werden die Handlungsspielräume kleiner“, sagt Oberbürgermeister Steffen Hertwig. Bund und Länder „müssen den Kommunen helfen und die Aufgaben auf das Leistbare beschränken“. 

Die Personalkosten in Neckarsulm werden die 50 Millionen Euro überschreiten, allerdings habe man mit vielen Einrichtungen in kommunaler Trägerschaft eine Infrastruktur, die „in keinem Fall einer Stadt mit 26.500 Einwohnern entspricht“, sondern eher in Kommunen mit 50.000 bis 70.000 Einwohnern zu finden sei. In 16 Kitas sind mehr als 250 Erzieherinnen beschäftigt, 73 öffentliche Gebäude sowie „unglaublich viele Wohn- und Gewerbeimmobilien“ befinden sich im Besitz der Stadt und müssen unterhalten werden. Daher werden 20 Hausmeister beschäftigt, auch der Bauhof mit 75 Mitarbeitern hat einen vergleichsweise hohen Personalbestand. 

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