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Urteile im Islamisten-Prozess
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Heilbronner Richter: Geplanter Mordanschlag auf Juden hatte bereits konkrete Züge

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Im Islamisten-Prozess hat die 15. Große Strafkammer des Heilbronner Landgerichts am Freitag zwei der drei Angeklagten zu Haftstrafen unter anderem wegen Verabredung zum Mord an Juden verurteilt. Der dritte Angeklagte wurde freigesprochen.


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Zu einer Gefängnisstrafe von sechs Jahren hat das Landgericht Heilbronn den Hauptangeklagten im sogenannten Islamisten-Prozess verurteilt. Die 15. Große Strafkammer sah es als erwiesen an, dass sich der 25 Jahre alte Y. aus Bad Friedrichshall der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdeten Straftat sowie der Verabredung zum Mord schuldig gemacht hat.

Gegen den inzwischen 19 Jahre alten Ö. aus Weinheim sprach das Gericht eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten nach Jugendstrafrecht aus. Das Gericht befand ihn für schuldig, sich gemeinsam mit Y. zum Mord verabredet zu haben. Darüber hinaus habe er Beihilfe zu einer schweren staatsgefährdenden Straftat geleistet.

Y. war im April 2024 in die Türkei eingereist, um sich von dort aus nach Syrien einschleusen zu lassen. Dort habe er sich von islamistischen Milizen zum Kämpfer ausbilden lassen wollen. Sein Ziel sei es gewesen, sich am bewaffneten Kampf gegen das Assad-Regime zu beteiligen. Ob bei der islamistischen Partisanengruppe Hai’at Tahrir al-Scham (HTS), bei Mudschaheddin oder einer anderen terroristischen Gruppierung. 

Im Prozess gegen drei mutmaßliche Islamisten hat das Landgericht Heilbronn am Freitag die Urteile gesprochen.
Im Prozess gegen drei mutmaßliche Islamisten hat das Landgericht Heilbronn am Freitag die Urteile gesprochen.  Foto: Berger, Mario

Islamisten-Prozess in Heilbronn: Hilfe für die Reise nach Syrien angeboten

Nach Auffassung des Gerichts habe ihn der damals 18 Jahre alte Ö. dabei unterstützt. Indem er zunächst angekündigte, gemeinsam mit ihm in ein islamisches Land auszureisen, um den Dschihad auszuüben. Also in einen von Gott gewollten und von ihm belohnten Krieg zu ziehen. Darüber hinaus habe Ö. dem Bad Friedrichshaller angeboten, ihn bei dessen Reise nach Syrien finanziell zu unterstützen.

Nachdem der Plan in der Türkei gescheitert ist, haben sich nach Auffassung des Gerichts die Angeklagten Y. und Ö. im Chat zum Mord an jüdischen Bürgern verabredet. Konkret hatten sie dabei eine Synagoge in Heidelberg, Frankfurt oder München im Visier. Anschließend wollten sie sich laut Gericht von der Polizei erschießen lassen und den Märtyrertod sterben.

Die Gedankenwelt der beiden Angeklagten kreisten beinahe ausschließlich darum, „Kämpfer gegen Ungläubige in aller Welt“ sein zu wollen, so der Vorsitzende Richter. Mit ihrer „dramatischen Bildungs- und Erwerbsbiographie“ hätten sie es nicht geschafft, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden, so Kurz. Im Internet hätten sie dagegen Wertschätzung erfahren und seien nach ihrer Meinung gefragt worden, so der Vorsitzende weiter. In Tiktok und Instagram hätten sich die beiden Angeklagten schließlich zunehmend radikalisiert. 


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Angeklagte wollten nach ihrem Tod Bekennervideo veröffentlichen lassen

Aus Chatverläufen und Suchanfragen im Internet gehe deutlich hervor, dass der geplante Mordanschlag auf eine Synagoge bereits konkret Züge angenommen habe, so Kurz. Man habe unter anderem nach vermeintlich zionistischen Synagogen gesucht und über die Anreise via Deutschlandticket geschrieben. Es fehle nur noch die „W“, was das Gericht als Waffe interpretierte. Darüber hinaus habe man Kontakt zu einem Unbekannten aufgenommen, der nach der Bluttat ein Bekennervideo veröffentlichen sollte.

Dass es sich bei der vereinbarten Tötung um eine Verabredung zum Mord handelt, stand für das Gericht zweifelsfrei fest. Nicht nur wegen des Mordmerkmals „niederer Beweggrund“, sondern auch wegen des Mordmerkmals „Heimtücke“. In seinem Plädoyer am Tag vor der Urteilsverkündung hatte der Verteidiger des Hauptangeklagten das Merkmal „Heimtücke“ ausschließen wollen, weil das Opfer dabei arglos und damit hilflos sein müsse. „Das ist ein ganz schlimmer Befund. Aber ich glaube, dass kein jüdischer Bürger mehr arglos ist“, hatte der Rechtsanwalt am Freitag gesagt.

Prozess in Heilbronn: Eltern des Angeklagten haben womöglich Menschenleben gerettet

So ist es aus Sicht des Gerichts dem Eingreifen der Behörden zu verdanken, dass der Plan nicht in die Tat umgesetzt wurde. Der Verfassungsschutz teilte bereits im April 2024 mit, dass mit Y. ein Mann mit terroristischem Hintergrund von der Türkei nach Deutschland einreist. Beschleunigt wurde das Handeln der Behörden von einer Anzeige der Eltern von Y. gegen ihren Sohn. „Damit haben Sie möglicherweise Menschenleben gerettet“, sagte Thilo Kurz in Richtung Eltern, die bei jedem Prozesstag im Gerichtssaal anwesend waren. Bei einer Hausdurchsuchung in Bad Friedrichshall am 3. Mai 2024 hat der Beschuldigte Y. Polizeibeamte mit Messern angegriffen und wurde dabei angeschossen.

Y. und Ö. zeigten sich während der Verhandlung geständig. Der dritte Angeklagte H. aus Untereisesheim bestritt bis zuletzt die Vorwürfe gegen ihn. Er hat Y. im April zum Flughafen nach Stuttgart gefahren, von wo aus der Bad Friedrichshaller in die Türkei ausgereist ist. Die Staatsanwaltschaft warf ihm deshalb Beihilfe zu Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat vor. Laut Auffassung des Gerichts hat die Beweisaufnahme nicht zweifelsfrei ergeben, dass H. bereits vor der Fahrt zum Flughafen vom Vorhaben des Hauptangeklagten wusste. Er wurde deshalb freigesprochen.

Gegen den Hauptangeklagten im Islamisten-Prozess läuft vor der Schwurgerichtskammer des Heilbronner Landgerichts noch ein Parallelverfahren. Darin wird dem 25 Jahre alten Y. aus Bad Friedrichshall versuchter Totschlag vorgeworfen. Am 3. Mai 2024 hat er bei einer Hausdurchsuchung Polizeibeamte mit Messern angegriffen. Ein Beamter griff zur Schusswaffe und verletzte den Angeklagten. Am Montag, 27. Januar, werden in diesem Prozess voraussichtlich die Plädoyers gehalten. Im Falle einer Verurteilung wird die Schwurgerichtskammer das Urteil vom Freitag mit einbeziehen und eine Gesamtfreiheitsstrafe aussprechen.

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