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Juni 2024
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Als Lauffen überschwemmt war: Rückblick auf das Hochwasser vor einem Jahr

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In Lauffen begegnen die Anwohner der Hochwassergefahr mit Langmut. Die Stadt hat schon öfter mit Überschwemmungen zu kämpfen gehabt. Zuletzt vor einem Jahr, im Juni 2024. Ein Rückblick. 


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Ein Jahr ist es her, dass anhaltende Regenfälle in der Region zu starken Überschwemmungen geführt haben. Auch in Lauffen trat der Necker über die Ufer, flutete den Kiesplatz und die umliegenden Straßen. Die idyllische Lage direkt am Wasser macht die Stadt anfällig für Hochwasser.

Langjährige Anwohner sind routiniert, wissen, was im Ernstfall zu tun ist. „Es kostet jedes Mal Nerven, und es geht immer etwas kaputt, auch wenn man vorsorgt“, erklärt Karin Leitenberger dennoch. Mit ihrem Mann wohnt sie in der Kiesstraße, führt im Erdgeschoss einen Friseursalon.

Wegziehen war nie eine Option. „Ich bin hier geboren“, erklärt Bernd Leitenberger. Sein Elternhaus zu verlassen, kommt für den 89-Jährigen nicht in Frage. Die beiden haben gelernt, mit dem Risiko zu leben. Die Nachbarn schauen nacheinander, die Feuerwehr sei äußerst hilfsbereit. Das Ehepaar hat sich eine Pumpe und Barrieren für das Haus angeschafft: „Einfach, um vorbereitet zu sein.“ 


Hochwasser in Lauffen im Juni 2024: Stadt hat Alarm- und Einsatzplan 

Für Sebastian und Marcel Renner war das Hochwasser hingegen eine völlig neue Erfahrung, die im ersten Moment überfordernd gewesen sei. Zwar sei man vorgewarnt gewesen, dass die Gefahr besteht. „Dass es uns schon nach zwei Jahren trifft, damit hätten wir aber nicht gerechnet“, erklärt das Ehepaar, das seit 2022 die Klostergartenlaube betreibt. Abends um zehn Uhr bekamen sie einen Anruf der Feuerwehr, am nächsten Morgen stand der Biergarten schon unter Wasser. Das Grundwasser habe von unten durch die Fliesen gedrückt.

„Erst ist das Grundwasser in den Kellern, bevor der Neckar über die Ufer tritt“, erklärt Michael Kenngott, Sachgebietsleiter für Sicherheit und Ordnung. Um rechtzeitig reagieren zu können, gibt es einen Alarm- und Einsatzplan. Sobald der Referenzpegelstand in Plochingen die drei Meter erreicht, wird das Rathausteam informiert. Auch an der Schleuse an der Neckarbrücke erfolgen regelmäßige Pegelabfragen. Ab 4,70 Metern werden Bürger in gefährdeten Arealen informiert. Anfang Juni 2024 erreichte der Pegelstand die 6,7 Meter.

Nach der ersten Warnung bleiben etwa zwei bis sechs Stunden Vorlauf, um Vorkehrungen zu treffen, sagt Kenngott, selbst ehemaliger Feuerwehrmann. Die Lauffener Einsatzkräfte seien für den Ernstfall sehr gut geschult. Zum Inventar gehört auch ein Rettungsboot. Erfolgreich sei auch die aus Sandsäcken gebaute Barriere an der Unterführung beim Hagdol gewesen, so Kenngott. Ihr sei es wohl zu verdanken gewesen, dass die Supermärkte neben dem Kreisel nicht vollgelaufen sind. 

Emotionaler Schaden nach Hochwasser in Lauffen: „Echt belastend gewesen“

Während die Flut beim Ehepaar Leitenberger etwa bis zur Türschwelle kam, stand die Klostergartenlaube innen und außen zentimeterhoch unter Wasser. Es hätte nicht mehr viel gefehlt und es wäre zum Fenster reingelaufen, sagt Sebastian Renner. Mit vielen freiwilligen Helfern arbeitete das Paar Tag und Nacht daran, den Schlamm zu entfernen. Eine Woche später war der Biergarten wieder offen, der Gaststättenbetrieb musste länger geschlossen bleiben. Rund 70.000 Euro mussten die jungen Gastronomen investieren. Schlimmer sei aber der emotionale Schaden gewesen, berichtet Sebastian Renner. „Über Nacht schwimmt alles davon. Das ist für mich echt belastend gewesen“, erklärt der 31-Jährige. „Wenn es heute fünf Tage regnet, denke ich nur, bitte nicht! Also es steckt schon tief in den Knochen.“

Das Ehepaar hat einen Pachtvertrag für zehn Jahre. Mit der hohen Hochwassergefahr muss es sich arrangieren. Als nächstes sollen neue Spundwände angeschafft werden. Viel mehr machen könne man nicht – von den Versicherungen seien sie abgelehnt worden, denn sie befänden sich im roten Bereich. „Wir sind im Hochwasserschutzgebiet, da kriegst du keine Elementarversicherung“, sagt Sebastian Renner. Aus dem Altbestand des Pächters gebe es noch eine Gebäudeversicherung, von der sie auch ein wenig Geld bekommen hätten. 

Stadt Lauffen plant Maßnahmen zum Hochwasserschutz am Neckar

Die Stadt hat seit dem Hochwasser ein Haus neben dem Kiesplatz abgerissen. Zwei weitere Häuser, die die Stadt extra erworben hat, sollen noch weichen. Dahinter steckt die Idee, dass die Rasenfläche bei Überflutung weniger Schaden nimmt als Gebäude. „Das Konzept ist im Grunde, das Schadenspotenzial zu verringern“, erklärt Bauamtsleiter Helge Spieth.

Das städtebauliche Konzept sieht vor, einen Wall parallel der Kiesstraße zu errichten, um die Wohnhäuser abzuschirmen. Nahe des CVJM-Gebäudes steht bereits ein Teil davon, der erweitert werden soll. Aber das sei „ein Projekt für die Zukunft“, sagt Spieth. 

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