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Myokarditis
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Risiko Herzmuskelentzündung: Mindestens eine Woche Sportpause nach Erkältung 

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Vor allem Männer sind betroffen: Warum eine Myokarditis gerade für junge Sportler gefährlich werden kann und wie man Symptome erkennt, erklären drei Neckarsulmer Fachärzte. 


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Eine Erkältung, ein bisschen Fieber – und trotzdem zum Training? Das ist ein großes Risiko und kann unter Umständen zu einer Myokarditis, also einer Herzmuskelentzündung, führen. Sie ist eine der häufigsten Ursachen für plötzlichen Herztod bei jungen, sportlich aktiven Menschen. Die Kardiologen Lorenz Esposito und Sebastian Waldenmaier und der Sportmediziner Boris Brand beantworten die wichtigsten Fragen zum Thema:

Wie entsteht eine Myokarditis?

Bei einer Herzmuskelentzündung entzündet sich der Herzmuskel – meist ausgelöst durch Viren, etwa klassische Erkältungsviren oder Viren, die Magen-Darm-Infekte verursachen. Auch Sars-Cov-2 kann Auslöser sein. Gefährlich wird es, wenn Betroffene trotz eines Infekts Sport treiben: Die körperliche Belastung wirkt wie ein Brandbeschleuniger und verstärkt die Entzündung.

Wie häufig ist das?

Insgesamt sind Herzmuskelentzündungen selten. Eine weitere gute Nachricht: Wer an einer Myokarditis erkrankt und keine Symptome hat, hat gute Chancen, dass sie folgenlos verschwindet. „80 bis 90 Prozent aller Myokarditis-Fälle bleiben unentdeckt und heilen von alleine wieder aus“, sagt Esposito. Im Sport spielt das Thema jedoch eine überproportional große Rolle. Laut Deutscher Herzstiftung gibt es auf 100.000 Sporttreibende pro Jahr zwischen 0,7 und 3,0 Todesfälle. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Nach Daten des deutschen Registers zum plötzlichen Herztod beim Sport (SCD Deutschland) sind 96 Prozent der betroffenen Sportler Männer. Auch eine bleibende Herzinsuffizienz, also eine Schwäche des Herzens, kann eine Komplikation einer nicht ausgeheilten Entzündung sein.

Wie bemerkt man eine Herzmuskelentzündung?

Das Tückische: Myokarditis äußert sich oft unspezifisch. Häufige Symptome sind ein unerklärlicher Leistungsknick, Müdigkeit, Brustschmerzen, Herzstolpern oder Herzrasen sowie Atemnot. Aber: „Nicht jede Atemnot kommt von einer Herzmuskelentzündung“, sagt Sebastian Waldenmaier. Oft handle es sich auch nur um eine „verlängerte Infektproblematik“. 

Lorenz Esposito macht bei Sebastian Hammer eine sogenannte Echo-Kardiografie, also einen Ultraschall des Herzens. Für den Schwimmer gilt: Alles im grünen Bereich.
Lorenz Esposito macht bei Sebastian Hammer eine sogenannte Echo-Kardiografie, also einen Ultraschall des Herzens. Für den Schwimmer gilt: Alles im grünen Bereich.  Foto: Kunz, Christiana

Wie sollten sich Breitensportler bei einem Infekt verhalten?

Der wichtigste Rat, sagt Lorenz Esposito: Wer krank ist, setzt aus – und zwar bis eine Woche nach dem völligen Abklingen aller Symptome. Wer Fieber hatte, pausiert danach zwei Wochen. Wichtig auch: Es dürfen keine Medikamente eingenommen werden, die die Symptome unterdrücken. Es sei ein „großer Denkfehler“, dass man zum Beispiel mit Antibiotika schneller gesund und leistungsfähig wird: „Das braucht einfach Zeit und Geduld.“

Wie wird eine Myokarditis festgestellt?

Erster Ansprechpartner ist der Hausarzt, betonen die Kardiologen. Sportler, die Symptome bei sich vermuten, sollten zunächst dort Hilfe suchen. Für die Diagnostik werden Blutwerte erhoben und ein EKG gemacht, um Rhythmusstörungen zu erkennen. Bei Bedarf verweist der Hausarzt dann weiter an den Facharzt für Kardiologie, der unter Umständen zusätzlich eine Echokardiografie, also einen Herzultraschall, macht. 

Dr. Lorenz Esposito und Dr. Sebastian Waldenmaier sind Kardiologen und Praxisinhaber der Kardiologischen Gemeinschaftspraxis am Bahnhofplatz in Neckarsulm. Dr. Boris Brand ist Orthopäde und Sportmediziner bei Medicross in Neckarsulm. Er betreut unter anderem die Handballerinnen der Sport-Union als Mannschaftsarzt.

Wie lange muss man bei einer Myokarditis Sportpause machen?

Früher galt die strikte Regel: mindestens sechs Monate Sportverbot. „Wir hatten schon Patienten, die nach dieser Botschaft in der Praxis in Tränen ausgebrochen sind“, sagt Esposito. Für ambitionierte Hobbysportler sei es hart, so lange auf Aktivität zu verzichten. Die aktualisierten Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) von 2025 sind flexibler: Mindestens einen Monat Pause, danach langsam steigern – aber nur, wenn die Symptome verschwunden und die Laborwerte normal sind und im MRT keine Entzündung mehr erkennbar ist. Ein Kontroll-MRT nach sechs Monaten bleibt empfohlen. Keine Sportfreigabe gibt es, wenn die Herzleistung eingeschränkt ist, die Entzündung anhält oder gefährliche Rhythmusstörungen bestehen.

Im Profisport gelten scheinbar andere Regeln. Warum?

Häufig hört man in den Medien bei großen Sportereignissen: Profisportler X war gerade noch krank, einen Tag später gibt der Teamarzt dann „Entwarnung“ und der Sportler darf wieder Fußball spielen oder an Ski-Wettbewerben teilnehmen. Wie passt das mit dem absoluten Sportverbot für Breitensportler bei einer Erkältung zusammen? Boris Brand, der hochklassige Teams als Mannschaftsarzt betreut, sagt: „Profisportler nehmen andere Risiken in Kauf, denn sie leben vom Sport und haben nur eine gewisse Anzahl von Jahren zur Verfügung, um in der Weltspitze dabei zu sein.“ Als Orientierung für Hobbysportler tauge das nicht.  

Herzgesundheit: Regelmäßige sportliche Aktivität grundsätzlich ratsam

Die drei Ärzte weisen darauf hin: Regelmäßige sportliche Aktivität ist grundsätzlich ratsam, auch, um die Herzgesundheit zu erhalten und zu fördern. Wer in fortgeschrittenem Alter mit Sport beginnt oder sich neue, ehrgeizige Ziele wie die Teilnahme an einem Marathon setzt, sollte seinen Hausarzt auf das Thema ansprechen.

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