Klostergespräche in Bad Wimpfen: Deshalb ist die Presse so wichtig für die Demokratie
Tilmann Distelbarth, Verleger der Heilbronner Stimme, referiert beim Klostergespräch in Bad Wimpfen zur wichtigen Rolle der klassischen Medien. Wenn es keine Presse- und Meinungsfreiheit mehr gibt, ist der Weg zur Diktatur geebnet.

Im Grunde geht es kaum demokratischer: Im Internet kann jeder publizieren und seine Meinung kundtun. Jede soziale Strömung kann sich präsentieren. Noch nie in der Geschichte der Menschheit war der Zugang zu Informationen jeglicher Art so einfach wie heute.
Allerdings stehen Demagogen, Volksverführern und Antidemokraten im digitalen Zeitalter ebenfalls Tür und Tor offen. Auf Plattformen wie beispielsweise X und Tik-Tok verbreiten sie Falschinformationen zugunsten eigener Zwecke. „Algorithmen, die einen nur im eigenen Meinungssaft schmoren lassen, sind das Gegenteil von Vielfalt und Quellenmischung. Man fühlt sich informiert, ist es aber nicht“, sagt Tilmann Distelbarth.
Mediennutzung: Oft oberflächlich und schlagzeilenorientiert
Der Geschäftsführer und Verleger der Heilbronner Stimme ist am vergangenen Dienstagabend der Gastredner beim 30. Klostergespräch in Bad Wimpfen. Der Förderverein des Ritterstifts St. Peter belebt mit der Reihe die Debattenkultur am historischen Ort und lädt zur Diskussion über gesellschaftliche Themen ein. Distelbarths Fokus könnte im Zeitalter von Fake News und sogenannter alternativer Fakten kaum aktueller sein. Der Titel seines Beitrags: „Demokratie im digitalen Zeitalter – Haben die klassischen Medien ausgedient?“
In seinem Vortrag kritisiert der Verleger der Heilbronner Stimme, dass Mediennutzer oft nur noch Schlagzeilen wahrnehmen und Inhalte oberflächlich konsumieren: „Durch diese Gewohnheit trainiert sich das Gehirn auf Unterhaltung und nicht mehr auf das Durchdringen der Themen.“ Gerade jungen Menschen fehlten oft das notwendige Bewusstsein und wichtige Medienerfahrung.
Ohne unabhängige Medien und Pressefreiheit keine Demokratie
Dies mache qualitativ hochwertigen und glaubwürdigen Journalismus bedeutsamer denn je. „Unabhängige Medien wie die Heilbronner Stimme bilden – sowohl in Print als auch digital – eine wichtige Säule des demokratischen Diskurses und befähigen die Leser und Nutzer dazu, sich selbst eine Meinung zu bilden.“ Wenn aber Diskussionen nicht mehr dem Austausch dienen und es nur noch um das Verunglimpfen anderer Sichtweisen geht, steht die Debattenkultur als solche auf dem Spiel.
Das hat auch politische Dimensionen, wie Distelbarth in Bad Wimpfen, das am selben Abend zur „Schönsten Altstadt Deutschlands“ ernannt wurde, erklärt: „Wenn es keine Meinungs- und Pressefreiheit gibt, existiert auch keine Demokratie mehr, und wir befinden uns in einer Diktatur. Eine starke Presse ist das Gegengewicht zu gezielter Falschinformation.“ Dabei sei es ein Fehler, Plattformen wie Tik-Tok als rein schädlich zu betrachten. Der Verleger weiß aus der eigenen Familie, wie das Schauen kurzer Videos dazu anregen kann, sich im Anschluss intensiv mit dem gezeigten Thema zu befassen,
Reaktion auf Vortrag: Klassische Medien sollen digitaler werden
In der lebhaften Diskussion nach dem Vortrag loben viele der gut 40 Besucher die Impulse. Rainer Stegmaier regt an, die Zeitung noch mehr als bisher zum Raum von Debatten zu machen. „Ich wünsche mir mehr Pro-und-Kontra-Gegenüberstellungen in der Stimme“, sagt der Bad Wimpfener.
Und Professor Klaus Hekking findet, dass die klassischen Medien wie zum Beispiel die Heilbronner Stimme sich stärker auf digitale Plattformen einlassen und mehr ausprobieren sollen: „Man muss diesen Fortschritt umarmen und ihn demokratisch sinnvoll nutzen. Denn rückgängig machen oder gar besiegen kann man ihn sowieso nicht.“