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Prozess in Heilbronn
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Bad Friedrichshaller Doppelmord: Witwen der getöteten Brüder sagen unter Tränen aus

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Am siebten Verhandlungstag im Bad Friedrichshaller Doppelmordprozess sagten am Donnerstag die Witwen der in der Zahnradfabrik Hänel erschossenen Brüder aus. Sie schilderten, wie sie die Tatnacht erlebt haben.


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Für die Kinder sei ihr Vater die Nummer eins gewesen. „Sie haben ihn geliebt, und ich habe ihn auch geliebt“, sagte die 41 Jahre alte Witwe des jüngeren der am 7. Januar in Bad Friedrichshaller Zahnradfabrik Hänel beiden erschossenen Brüder. Im Zeugenstand der Schwurgerichtskammer des Heilbronner Landgerichts kämpfte die Hinterbliebene am Donnerstag, 18. September, immer wieder mit den Tränen.

Die Nachricht vom Tod ihres Mannes überbrachte ihr eine Polizeistreife im Flur ihrer Wohnung. Nach Stunden der Ungewissheit und vielen Telefonaten. Ihre Kinder hätten zu diesem Zeitpunkt schon geschlafen. „Ich hatte ihnen nichts gesagt. Ich wollte sie schützen.“ Als die Beamten die schlimme Nachricht überbrachten, habe sie geschrien, so die Zeugin.

Schüsse bei Hänel in Bad Friedrichshall: Frau wartet vergeblich auf Anruf ihres Mannes

Bereits kurz nach der Tatzeit hatte sich die 41-Jährige gewundert, dass ihr Mann nicht wie sonst immer in seiner Pause angerufen hatte. Nach 20 Uhr habe sie erfahren, dass es einen Amoklauf in der Firma gegeben haben und es Opfer geben soll. Um ihre Kinder nicht zu beunruhigen, habe sie sich im Schlafzimmer versteckt und telefoniert. Unter anderem mit dem Fertigungsleiter der Firma Hänel.

Tödliche Schüsse in der Bad Friedrichshaller Fabrik Hänel haben am 7. Januar für Angst und Entsetzen gesorgt. Die Taten begangen haben soll ein 53 Jahre alter Mann aus Seckach. Er muss sich vor Gericht verantworten.
Tödliche Schüsse in der Bad Friedrichshaller Fabrik Hänel haben am 7. Januar für Angst und Entsetzen gesorgt. Die Taten begangen haben soll ein 53 Jahre alter Mann aus Seckach. Er muss sich vor Gericht verantworten.  Foto: Seidel, Ralf

Irgendwann habe sie im Internet in der Zeitung gelesen, dass Angehörige der Opfer Hilfe bekommen. „Da war ich beruhigt, weil sich bei mir niemand gemeldet hat.“ In dem Artikel habe sie auch von einer Telefonnummer der Polizei gelesen. „Als ich dort angerufen habe, wollten die Polizisten alles von mir wissen. Das fand ich schon komisch.“

Wir hatten ein schönes Leben“ – Zeugenaussage unter Tränen in Heilbronn

Später in der Nacht sei schließlich eine Polizeistreife gekommen. „Zu diesem Zeitpunkt saß ich noch im Schlafzimmer und habe auf meinen Mann gewartet“, sagte sie.

Auch die Witwe des älteren Bruders brach bei ihrer Zeugenaussage immer wieder in Tränen aus. „Wir hatten ein schönes Leben“, sagte sie. Sie sei gerade bei der Arbeit gewesen, als sie von der Schießerei in der Firma Hänel gehört habe, in der ihr Mann als Vorarbeiter im Schichtdienst beschäftigt war.

Witwe des älteren Opfers glaubte erst nicht, dass ihr Mann betroffen sein würde

In diesem Moment habe sie sich noch keine großen Sorgen gemacht. „Ich war ruhig, weil man ja glaubt, dass so etwas immer anderen passiert und nie einem selbst.“ Als sie allerdings hörte, dass es Tote gegeben hat, habe sie langsam Angst bekommen.

„Ich habe gewartet und gewartet“, sagte die 54-Jährige. Ihren Mann habe sie telefonisch nicht erreichen können. Und auch die Polizei habe am Telefon keine konkreten Angaben gemacht. Mehr und mehr habe sie geglaubt, dass ihr Mann unter den Opfern sei. Aber bis zuletzt habe sie gehofft, dass er der Verletzte sei, den es nach den Schüssen im Pausenraum der Firma gegeben hat. „Die Hoffnung stirbt ja zuletzt“, sagte sie.

Gegen halb ein Uhr in der Nacht habe sie es nicht mehr ausgehalten und sei mit ihrem Sohn zur Fabrik gefahren. An der Absperrung dort habe es auch eine Weile gedauert, bis mehrere Beamte kamen und ihr die Nachricht vom Tod ihres Ehemanns überbrachten. „Was dann noch war, weiß ich nicht mehr.“ Nur, dass sie mit ihrem Sohn wieder nachhause gefahren sei.

Doppelmord in Bad Friedrichshall: Schwiegermutter der Witwen hat zwei Söhne auf einmal verloren

Am nächsten Tag haben die beiden Schwägerinnen ihre Schwiegermutter besucht. Die beiden Witwen hatten eine Ärztin angerufen, dass sie mitkommt. „Man musste der Schwiegermutter sagen, dass sie zwei Söhne auf einmal verloren hat.“

Den 53 Jahre alten Angeklagten B. hat die Polizei noch in der selben Nacht in seinem Einfamilienhaus in Seckach verhaftet. Bei der Spurenauswertung fand das Landeskriminalamt (LKA) Schmauchspuren beim Angeklagten, Rückstände, die beim Abfeuern einer Schusswaffe entstehen. An Händen und Gesicht, schilderte die LKA-Beamtin als Sachverständige vor Gericht. Ebenso an einem Pullover, einer Kapuzenjacke und einem Sweatshirt, die dem Angeklagten gehören. Schmauchspuren fand das LKA auch am Lenkrad, an der Handbremse sowie am inneren Türgriff und am Schaltknauf des Fahrzeuges des Angeklagten.

Sachverständige in Heilbronn: Schmauchspuren lassen keinen Rückschluss auf Tat zu

Rückschlüsse auf die Tat ließen die Spuren allerdings nicht zu, so die LKA-Mitarbeiterin. Der Beschuldigte sei Sportschütze und dürfe Waffen besitzen und benutzen. Die festgestellten Schmauchspuren könnten auch von einem früheren Waffengebrauch stammen und nicht gereinigt worden seien.

Die Funkmastauswertung entlang der Strecke vom Wohnort des Angeklagten zum Tatort in Bad Friedrichshall hat ergeben, dass das Handy des Angeklagten am 7. Januar zunächst in Seckach eingebucht war. Ab 16.30 Uhr hat sich laut ermittelndem Polizeibeamten das Handy in Neuenstadt und weiter Richtung Heilbronn eingebucht. Ab 18.30 Uhr dann wieder in Seckach.

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