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Wer von der neuen Grundsteuer profitiert – und für wen’s deutlich teurer wird

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Die Kritik an der Grundsteuer reißt nicht ab. Der Steuerzahlerbund erläutert, wer durch die Reform weniger zahlen muss – und wer deutlich stärker belastet wird. 


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Die Vermutung gibt es schon lange, nun hat sie der Steuerzahlerbund mit konkreten Zahlen belegt: Bei der Reform der Grundsteuer in Baden-Württemberg gibt es deutliche Verschiebungen. Besitzer von Grundstücken zum Wohnen müssen deutlich mehr bezahlen, im Vergleich dazu wird das Gewerbe entlastet.

Von Grundsteuer-Reform besonders betroffen: Wohnen wird teurer

Wie mittlerweile zahlreiche Zuschriften an die Heilbronner Stimme belegen, müssen vor allem Besitzer älterer Häuser mit großen Grundstücken überproportional mehr bezahlen. In Heilbronn gibt es Fälle, bei denen die jährliche Zahlung von unter 100 Euro auf weit mehr als 1000 Euro explodiert ist. Besonders krasse Fälle, bei denen die Besitzer jetzt über den Verkauf ihres Grundstückes nachdenken, werden ebenso berichtet – empörte Reaktionen auf die Grundsteuer-Reform inklusive

Diese Tendenz hat der Steuerzahlerbund, der in Sachen Grundsteuer bereits von Enteignung sprach, in vielen Städten festgestellt. Während der Anteil an der Gesamtlast für Ein- und Zweifamilienhäuser steige, sinke jener der Eigentumswohnungen und des Gewerbes. Insgesamt werfe die ungleiche Verteilung ein schlechtes Licht auf die Reform. „Die verfassungsrechtlich zweifelhaften Belastungswirkungen der Bodenwertsteuer werden hier ersichtlich.“ 

War im Jahr 2024 das Aufkommen zwischen Wohnen und Gewerbe noch ausgeglichener, wird es nach der Reform im Jahr 2025 deutliche Verschiebungen hin zum Wohnen geben – in manchen Orten bestreiten die Besitzer von Wohngrundstücken künftig bis zu drei Viertel des Grundsteueraufkommens. Das hat eine Umfrage des Steuerzahlerbundes unter 100 Kommunen in Baden-Württemberg ergeben. 

Belastung beim Wohnen steigt durch Grundsteuer-Reform

In Öhringen fällt die Verschiebung nicht ganz so deutlich aus: Nach der alten Berechnung trugen Gewerbegrundstücke rund 36 Prozent zum Gesamtaufkommen von 4,5 Millionen Euro bei. Nach neuem Modell liegt der Gewerbe-Anteil in Öhringen bei etwa 25 Prozent, das Aufkommen steigt auf 4,75 Millionen Euro. In Heilbronn war es aufgrund technischer Probleme mit dem Auswertungstool nicht möglich, die exakte Verteilung zwischen Gewerbe und Wohnnutzung zu ermitteln.

Dafür gibt es Zahlen aus Neckarsulm: Gewerbegrundstücke trugen im Jahr 2024 mit fast 3,9 Millionen Euro oder 60,4 Prozent zum Gesamtaufkommen von 6,4 Millionen Euro bei der Grundsteuer bei. Im Jahr 2025 werden das nur noch 36,1 Prozent oder 2,2 von 6,2 Millionen Euro sein. Im Gegenzug steigt die Belastung beim Wohnen von 32 auf nahezu 50 Prozent der Gesamtsumme an.

Neckarsulm weise im Verhältnis zur Wohnbebauung eine hohe Gewerbe- und Industriedichte auf, so Rathaussprecher Andreas Bracht. Beim Gewerbe sinke die Summe, weil „die erheblichen Sachwerte wie Gebäude auf den Gewerbegrundstücken bei der Grundsteuerbemessung keine Rolle mehr spielen“. 

Grundsteuer-Reform: Ein- und Zweifamilienhäuser auf großen Grundstücken stärker belastet

Ein- und Zweifamilienhäuser auf großen Grundstücken werden im Vergleich zu den Gewerbegrundstücken auch in Neckarsulm tendenziell eher belastet. „Dieser Effekt ist dem Bodenwertmodell des Landes geschuldet. Dieses Modell unterscheidet bei gleicher Grundstücksfläche nicht mehr zwischen einem hochwertigen Neubau und einem eher einfachen, älteren Gebäude“, stellt Bracht fest.

Bei einer Umfrage des Steuerzahlerbunds unter den größten Kommunen in Baden-Württemberg stellte sich heraus, dass nur 72 einen Hebesatz im aufkommensneutralen Bereich festgelegt haben. Vier wählten einen Hebesatz, der zu einem insgesamt niedrigeren Grundsteueraufkommen führt. Allerdings haben 22 Kommunen einen Hebesatz beschlossen, bei dem die Einnahmen aus der Grundsteuer steigen. 

Damit Wohngrundstücke denselben Aufkommensanteil wie vor der Reform beisteuern, müsste es „eine individuelle Lösung für die Kommunen geben“, schlägt der Steuerzahlerbund vor. „Eine solche könnte mit gesplitteten Hebesätzen für Wohnen und Gewerbe, wie sie beispielsweise in Nordrhein-Westfalen existieren, erzielt werden.“ 

Wie bei der Grundsteuer auf Wohnen hängt auch beim Gewerbe die Höhe der Zahlung von der Lage und damit von den Bodenrichtwerten ab. Ein Gewerbegrundstück in Innenstadtlage in Heilbronn wird ähnlich stark belastet wie ein Wohngrundstück. Da größere Gewerbeeinheiten meist in Randlage sind, erklären sich die niedrigeren Zahlungen zum Teil. 

Auch Handwerker zahlen bei der neuen Grundsteuer zum Teil mehr

Allerdings, betont Jerome Umminger von der Handwerkskammer Heilbronn-Franken, gebe es Betriebsgebäude, in denen auch gewohnt wird. Stuckateurmeister Manuel Keicher aus Heilbronn-Biberach und Maler- und Lackierermeister Ulrich Stein aus Braunsbach, beide Vorstandsmitglieder der Handwerkskammer Heilbronn-Franken, haben ihre betrieblichen Grundsteuerbescheide bereits erhalten. „Bei beiden befinden sich Betrieb und Wohnhaus jeweils auf demselben Grundstück. Während der betriebliche Grundsteuerbescheid von Ulrich Stein knapp zehn Prozent höher ausfällt als im Vorjahr, muss Manuel Keicher fast das Doppelte bezahlen.“

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