Geldautomaten-Sprengung: Zeuge berichtet von der Tatnacht – "Ich war in der Backstube"
In Offenau haben viele Menschen mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass die Geldautomaten-Sprenger so schnell festgenommen wurden. Ein Bäcker erinnert sich an die Tatnacht.

Inzwischen haben die drei Markthallen-Betreiber – Metzger, Bäcker und Obsthändler – einen mobilen Verkaufsstand auf dem Parkplatz vor der gemeindeeigenen Markthalle in Offenau eingerichtet. Dort, wo in der Nacht auf vergangenen Donnerstag mehrere Männer einen Geldautomaten gesprengt und dabei hohen Schaden angerichtet haben. Die mutmaßlichen Täter wurden in Holland bereits festgenommen.
Einerseits sei dieser Ermittlungserfolg natürlich erfreulich, sagt Tobias Lebküchner, Geschäftsführer bei Metzgerei Häfele. Er hätte damit überhaupt nicht gerechnet. Aber andererseits: "Für uns als Händler ändert sich dadurch nicht viel." Er glaube kaum, dass die Täter den entstandenen Schaden begleichen müssten oder könnten. Und sie als Geschädigte bekämen ja wohl kaum etwas von der Beute ab.
Bitte eines Offenauer Händlers: Geldautomaten in Zukunft nicht mehr im Gebäude
Lange Zeit habe er es für eine gute Sache gehalten, dass ein Geldautomat im Vorraum der Markthalle steht, sagt Lebküchner – das ziehe ja auch Kundschaft an. Doch heute denke er anders. Er fände es besser, wenn in Zukunft ein Geldautomat nur noch außerhalb des Gebäudes zur Verfügung ist. Damit bei der nächsten Sprengung die Markthalle verschont bleibt.
Die Umsatzeinbußen für sie als Händler seien über die Monate gesehen immens, so Lebküchner weiter. Mindestens drei Monate wird die Markthalle geschlossen bleiben, wie Offenaus Bürgermeister Michael Folk berichtete. Am Gebäude sind durch die Explosion schwere Schäden verursacht worden. Folk hatte angekündigt, die betroffenen Händler so gut es geht zu unterstützen.
Automatensprengung in Offenau: Bäcker Stefan Gaschler war der erste Zeuge am Tatort
Anwohner haben in der Tatnacht Handyvideos gemacht, wie die mutmaßlichen Täter nach der Sprengung mit ihrer Beute aus der Markthalle laufen und in ihren Audi RS6 Avant steigen, mit dem sie geflüchtet sind.
Bäcker Stefan Gaschler war eigenen Angaben nach als erstes am Tatort. "Ich war um diese Zeit in der Backstube und habe das deshalb direkt mitbekommen", sagt er. In der Markthalle sei ein Alarm ausgelöst worden.
Gelautomatensprenger aus sicherer Entfernung beobachtet – Flucht in Audi RS6
Gaschler lief auf die Straße und rief direkt den Notruf. Es sei Rauch und Qualm in der Luft gelegen, verursacht durch die Sprengung, schildert der 36-Jährige. Der Leitstellen-Disponent am Telefon habe beruhigend auf ihn eingewirkt, so Gaschler. Er sei immer weiter Richtung Markthalle gelaufen, sei aber in sicherer Entfernung geblieben. Er berichtet, gesehen zu haben, wie die mutmaßlichen Täter mit Müllbeuteln in den Händen aus der Markthalle liefen. In den Beuteln befand sich wohl das erbeutete Geld.
Am Audi RS6 sei kein Kennzeichen zu erkennen gewesen, sagt Gaschler. Seiner Wahrnehmung nach war es entweder überklebt oder es befand sich gar keines am Auto. Die Männer seien zunächst langsam und leise losgefahren, um dann am Ortsausgang in Richtung Gundelsheim zu beschleunigen. Dort seien sie auch geblitzt worden, sagt Gaschler.
Tatort Offenau fällt wegen des langen Fluchtwegs etwas aus der Reihe
Doch warum wählte die Bande aus Holland und mit nordafrikanischer Herkunft überhaupt Offenau aus als Ort für die nächste Tat? Eine konkrete Antwort darauf können die Ermittler derzeit noch nicht geben. Die meisten der 21 Sprengungen und versuchten Sprengungen, die der Bande angelastet werden, ereigneten sich in Nordrhein-Westfalen. Die Polizei in Düsseldorf führt daher auch das Hauptverfahren. In den letzten Monaten habe sich die Bande zunehmend auf Baden-Württemberg und Bayern verlagert, hieß es am Montag bei einer Pressekonferenz der Polizei Düsseldorf.
Düsseldorfs Polizeipräsidentin Miriam Brauns sagt, die Täter wählten ihren nächsten Tatort in der Regel danach aus, wie gut und schnell man von dort flüchten könnte. Unter diesem Gesichtspunkt fällt die Markthalle Offenau etwas aus der Reihe - zur Autobahn ist es noch ein ganzes Stück.