Miserable Stimmung auf Wüstenroter Campingplatz: „Was hier Tränen geflossen sind“
Pächter am Campingplatz Wüstenrot müssen feste Anbauten abreißen. Jetzt ist die Frist dafür abgelaufen – Betroffene sind weiter verärgert. Ein Großteil der Camper verlässt den Platz.
Er gibt ein trostloses Bild ab, der Campingplatz in Wüstenrot. Ein Großteil der Parzellen ist abgeräumt oder mit Resten von Abbruchmaterial, Haushaltsgeräten und Möbeln bestückt. Zum 1. Mai ist die Frist abgelaufen, die die Gemeinde Wüstenrot den Pächtern gestellt hat, feste Anbauten, Einhausungen, Überdachungen und nicht mobile Wohnwagen zu beseitigen. Grund für dieses rigorose Vorgehen sind der Brandschutz sowie rechtliche und versicherungstechnische Aspekte.
Campingplatz Wüstenrot: Frist für Abbau fester Anbauten abgelaufen
Die Kommune sah sich gezwungen zu handeln, bevor die Schließung durch übergeordnete Behörden droht. Die Stimmung auf dem Gelände oberhalb des Freibads ist miserabel.
Akkuschrauber und Hammerschläge dominieren die Geräuschkulisse in den Tagen vor dem Fristablauf. Hölzerne feste Vorzelte werden Brett für Brett abmontiert. Auf einem Platz steht ein Anhänger voller Metallteile. Das Material muss getrennt und auf eine Deponie gebracht werden.

Pächter am Campingplatz Wüstenrot beklagen kurze Frist für Rückbau
Willi Alt wird sich wohl einen Anhänger mieten. Er ist den zweiten Tag mit seinem Schwiegersohn mit dem Abbau beschäftigt. Küchenecke und Esszimmer waren im Holzanbau eingerichtet. Über eine Stufe geht es in den Schlafbereich im Wohnwagen. Den hat Alt verschenkt, Tüv hat der Wagen nicht mehr. „Der steht seit 40 Jahren und wurde nie bemängelt“, beklagt der Sprecher der Campinggemeinschaft, der versucht hat, mit der Gemeinde Lösungen zu finden. Brandschutzwände habe er vorgeschlagen, zudem hätten sich die Camper mit Feuerlöschern ausgestattet.

Alt ist nicht der einzige, der bemängelt, dass den Pächtern so wenig Zeit blieb. Im Juli 2024 habe die Gemeinde laut Bauamtsleiterin Rebecca Weller erstmals über anstehende Veränderungen informiert. Im Winter zurück zu bauen, überhaupt in wenigen Monaten den Platz zu räumen, wenn man den neuen Vertrag nicht unterschreiben wollte, dazu sahen sich viele Camper nicht in der Lage – und das ohne Strom, weil ihnen dieser am 1. Januar gekappt worden sei.
Wüstenroter Camper verkaufen oder verschenken ihr Hab und Gut
Auf einer anderen Parzelle sind die Hecken abgesägt, der Wohnwagen ist verschwunden. Dass dieser verkauft werden konnte, darüber ist der Sohn der 82-Jährigen Pächterin, die 52 Jahre in Wüstenrot gecampt hat, froh. Nun wartet er darauf, dass der Käufer das hölzerne Vorzelt – deutlich größer als die erlaubten 20 Kubikmeter – und ein Teil der Bodensteinplatten abholt. Aber er hat starke Zweifel. Schon mehrfach sei er vertröstet worden. Das erginge auch anderen so, weiß der Ludwigsburger.
Ein Heilbronner, der vor der Corona-Pandemie einen Platz übernommen und das Camper-Hab und -Gut für 5000 Euro übernommen hat, hat noch gar nicht mit dem Rückbau begonnen. Er sei krank gewesen, sagt der Mann, der aber schon Kontakt zu einer Abrissfirma aufgenommen hat. Die Situation bezeichnet er als Katastrophe.

Wegen Brandschutz: Pächter am Campingplatz Wüstenrot müssen Hütten und Co. abreißen
Willi Alt, der auf dem Platz im Sommer sein Rentnerdasein genießen wollte, schätzt seinen Aufwand und den Wert von dem, was er abreißen muss, auf rund 8000 Euro. Andere Camper setzten bis zu 30.000 Euro in den Sand, weiß er. „Was hier Tränen geflossen sind“, berichtet er von den Reaktionen der teils jahrzehntelangen Pächter, die sich zum Aufgeben gezwungen sehen. „Aber es bringt ja nichts.“ Dass der Brandschutz gewährleistet sein müsse, kann Alt verstehen.
Er weist darauf hin, dass er wöchentlich mindestens 100 Euro in den Läden in Wüstenrot ausgegeben habe. „Manchmal waren wir auch essen. Das merken die“, meint der Camper zu den Auswirkungen auf den Handel und die Gastronomie.
„Wir hören ganz auf“, sagt ein Fellbacher, der seinem Ärger Luft macht über die Gemeinde und die „Art, wie die uns rausgeschmissen hat“. Ein Parzellennachbar, nicht minder erregt, macht deutlich: „Meine Hütte stand 35 Jahre und wurde in 35 Jahren nicht beanstandet.“ Nur ein Viertel der Dauercamper hat einen neuen Mietvertrag unterschrieben.