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Mängel beim Brandschutz
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Wüstenroter Campingplatz droht Schließung – Dauercamper verärgert über Gemeinde

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Auf dem Wüstenroter Campingplatzes lauern offenbar viele Gefahren, zum Beispiel beim Brandschutz. Anbauten an Wohnwägen müssen jetzt weichen, andernfalls droht die Schließung. Dauercamper sind verärgert. 


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"Die Stimmung ist allgemein sehr schlecht", beschreibt Ingrid Rühl die Lage auf dem Wüstenroter Campingplatz. Auch sie und ihr Mann sind sauer über die gravierenden Änderungen. Der Grund für den Unmut: Die Gemeinde sorgt für Ordnung auf der Anlage beim Freibad. Dazu ist sie gezwungen.

Campingplatz in Wüstenrot droht die Schließung: Wildwuchs bei Anbauten

Hintergrund sind der Brandschutz, rechtliche und versicherungstechnische Aspekte. Die neuen Mietverträge berücksichtigen die Neufassung der Campingplatzverordnung des Landes von 2023.  Würden die Vorgaben von Brandschutz und Baurecht nicht erfüllt, drohe die sofortige Schließung, heißt es im Schreiben an die Pächter.

Der Campingplatz mit seinen 99 Parzellen, seit 55 Jahren in Betrieb, gleicht mehr einer Wochenendhaussiedlung als einer Wohnwagenkolonie. Im Laufe der Jahrzehnte sind an vielen der Wohnfahrzeuge feste Holzhäuschen angebaut worden. Deren Dimension übersteigt zum Teil die von Gerätehütten, die bis zu einem Volumen von 20 Kubikmetern erlaubt sind. Gegen diesen Wildwuchs geht die Gemeinde jetzt vor, verlangt Rückbau oder Abbruch. 

Campingplatz in Wüstenrot lässt sich im Ernstfall nicht evakuieren

"Der Brandschutz ist ein großes Thema", beschreibt Bürgermeister Timo Wolf die Problematik. "Es ist vieles angebaut worden, was in dieser Form nicht sein darf." Durch Überdachungen, Anbauten oder Einhausungen von Wohnwagen seien diese nicht mehr beweglich. Im Ernstfall könne das Gelände nicht evakuiert werden.

Bei einem Rundgang mit Kreisbrandmeister Bernd Halter seien erhebliche Mängel, "eine Vielzahl an Gefahren", festgestellt worden. So fehlt es an mindestens fünf Meter breiten Brandschutzstreifen oder inneren Wegen, um das Areal in Sicherheitsabschnitte zu unterteilen.  "Wir sind in der Haftung als Betreiber", sagt Wolf. Die Gemeinde habe sich an die rechtlichen Vorgaben der Landes-Campingplatzverordnung zu halten. 

Auf einigen Parzellen wird schon klar Schiff gemacht, die Holzhütten oder Einhausungen werden abgerissen.
Auf einigen Parzellen wird schon klar Schiff gemacht, die Holzhütten oder Einhausungen werden abgerissen.  Foto: Sabine Friedrich

Die dringenden Änderungen seien kein Diskussionsthema mehr, sondern müssten von jedem einzelnen Mieter mitgetragen und umgesetzt werden, beschreibt Wolf den Ernst der Lage. Früher ausgesprochene Duldungen verlören ausnahmslos ihre Wirksamkeit. "Sollten wir es nicht gemeinsam schaffen (...), droht die sofortige Schließung durch die oberen Behörden."  Die stünde aber auch nach Ablauf des neuen Vertragsjahrs im März 2026 im Raum. Um die vorgeschriebenen Änderungen umzusetzen, müsse das komplette Gelände überplant werden. 

Am Campingplatz Wüstenrot werden Änderungen nötig – Dauercamper beklagen sich

Dem Bürgermeister ist klar, dass mancher Dauercamper ein Problem damit habe, das zurück zu bauen, was schon lange Bestand hat und geduldet worden ist. Er weiß, dass Mieter nach der Kündigung zum Jahresende ihren Platz aufgeben wollen. Das bestätigen die Rühls. In ihrer "Straße" blieben gerade mal zwei von 16 Pächtern übrig. "Die ganze Nachbarschaft baut ab. Wir verlieren unseren Freundeskreis", beklagt die Camperin aus Heilbronn. "Uns geht das sehr nahe."

Bei Maria Vass und ihrem Lebensgefährten sind Tränen geflossen. Sie gehören zu den vielen jahrzehntelangen Pächtern. 34 Jahre sind sie schon auf ihrer Parzelle. "Unser Platz ist wunderschön", sagt die 76-Jährige. Vor 32 Jahren hätten sie die Holzhütte mit Küche und Essecke angebaut. "Damals hat man keine Genehmigung gebraucht. Es hat sich keiner gekümmert", sagt Vass, die beklagt, dass jetzt alles so krass und schnell komme.

"Wir müssen weg." Denn ihr 42 Jahre alter Campingwagen ist nicht mehr fahrtüchtig. Wenigstens hat das Heilbronner Paar einen Interessenten für Holzhütte und Wohnwagen. 

"Was Gemeinde mit uns macht, ist eine Sauerei" – Ärger auf Wüstenroter Campingplatz

"Das passt uns freilich nicht", kommentiert Peter Rühl die Vorgaben. Dennoch hat das Ehepaar seinen Wohnwagen vom Vorbau getrennt und ihn ein Stück verrückt. Die Möbel sind ausgeräumt. Der Vorbau zähle jetzt als Geräteschuppen, sagt der Heilbronner. 

"Was die Gemeinde mit uns macht, ist eine Sauerei", nimmt Rühl kein Blatt vor den Mund. "Man hätte auch mit uns schwätzen können", fügt seine Frau hinzu. Dass der Bürgermeister nicht auf die Camper zugegangen sei, ärgert Vass ebenfalls.  Die Camper wüssten das ganze Jahr über schon von den Plänen der Gemeinde, verweist der Bürgermeister auf entsprechende Informationen. 

Umstellung auf Saisonbetrieb auf Campingplatz Wüstenrot

Ab kommendem Jahr stellt die Gemeinde auf Saisonbetrieb um. Nur noch von 1. März bis 31. Oktober ist der Campingplatz geöffnet. Wolf weiß, dass das für Ganzjahrescamper ein Einschnitt ist,  wenn sie im Winterhalbjahr nicht mehr campen und übernachten dürfen. Das Wasser werde von November bis Februar ohnehin abgestellt.

Wäre die Anlage in Betrieb, dann müssten auch die Sanitärcontainer beheizt und Winterdienst gemacht werden. Peter Rühl beklagt zudem, dass der Strom abgedreht werde. "Wir brauchen permanent Strom, damit die Batterien für den Antrieb des Wohnwagens geladen werden", schildert er sein Problem. 

Bei zwei Enthaltungen hatte der Gemeinderat die neue Campingplatzordnung verabschiedet. Einstimmig sprach er sich für die Erhöhung der Preise nach 20 Jahren aus. Ab 2025 wird die Pacht quadratmetergenau abgerechnet, um  Benachteiligungen zu vermeiden. Die Stellplatzgebühr für einen Wohnwagen beträgt 5,50 Euro pro Quadratmeter. Ab 16 Jahren fallen zehn Euro pro Übernachtung an, für 10- bis 15-Jährige sind es acht Euro, für Kinder ab drei Jahren und einen Hund je fünf Euro. Nebenkosten kommen für die Dauercamper hinzu. Der Gemeinderat geht von 50.000 Euro Einnahmen aus bei jährlichen Ausgaben in etwa gleicher Höhe. 

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