Einsatz für Freiheit und Demokratie: Preis für Gymnasium in Bad Friedrichshall
Mit Projekten für die Erinnerungskultur und Gegen das Vergessen der NS-Zeit erhält das Friedrich-von-Alberti-Gymnasium (FvAG) in Bad Friedrichshall den Rahel-Straus-Jugendpreis.

Paula Wartenberg läuft es eiskalt den Rücken herunter. Als sie im Zuge eines Workshops mit anderen Schülern im Plattenwald in Bad Friedrichshall unterwegs ist und dort die Überreste des ehemaligen Zwangsarbeiterlagers aus der Zeit des Nationalsozialismus sieht, realisiert sie: Genau hier, an dieser Stelle, wurden vor nicht einmal 100 Jahren Menschen geschlagen und misshandelt. Die Zehntklässlerin erklärt: „Das ist nicht irgendwo weit weg passiert, sondern in unserer unmittelbaren Umgebung.“
Die Beschäftigung mit dem ehemaligen Zwangsarbeiterlager ist eines von drei Projekten, mit denen sich 58 Schüler des Friedrich-von-Alberti-Gymnasiums (FvAG) in Bad Friedrichshall unter dem Motto „Vergangenheit verstehen – Zukunft gestalten“ auseinandergesetzt haben. Ein weiterer Fokus bildet beispielsweise der Train de Loos. „In diesem Zug wurden Häftlinge vom französischen Lille ins Konzentrationslager nach Bad Friedrichshall-Kochendorf gebracht“, erklärt Abiturientin Lena Saupp.
Gedenken an den Holocaust: Schlüsse für eine positive Gegenwart
In ihren Recherchen lasen die Schüler aus Bad Friedrichshall Tagebucheinträge von Häftlingen, studierten weitere historische Quellen und ordneten die Geschehnisse in den Kontext des Nationalsozialismus ein. „Heutzutage machen sich Menschen bei Besuchen in Konzentrationslagern über die Geschehnisse von damals lustig. Andere leugnen den Holocaust, verherrlichen die Zeit sogar. Das ist erschreckend und zeigt, wie wichtig es ist, sich an diese Verbrechern zu erinnern und sie niemals zu vergessen“, sagt der Zehntklässler Milo Scherbaum-Rühl.
Und Abiturientin Emelie Piela vom FvAG in Bad Friedrichshall ergänzt: „Für die Vergangenheit können wir jungen Leute nichts. Aber wenn wir aus ihr die richtigen Schlüsse ziehen, können wir die Gegenwart positiv beeinflussen.“
Bad Friedrichshaller FvAG erhält Rahel-Straus-Jugendpreis
Am 27. Januar, am offiziellen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, stand der reguläre Unterricht am Bad Friedrichshaller Gymnasium für zwei Stunden still. Die 58 Schüler gingen in die Klassen und stellten ihre Projekte vor. Geschichtslehrer Holger Feucht: „Gerade für die jungen Schüler war dies die erste intensive Auseinandersetzung mit dem Holocaust.“
Für dieses Engagement erhielt das Gymnasium als Ganzes den Rahel-Straus-Jugendpreis von der Landesarbeitsgemeinschaft Baden-Württemberg vom Verein Gegen Vergessen – für Demokratie mit Unterstützung der Berthold-Leibinger-Stiftung. Bei der Preisverleihung in der Aula erklärte Daniel Born, Vereinssprecher und Vizepräsident des Landtags von Baden-Württemberg: „Das Erinnern stellt auch die Bedeutung unserer Demokratie heute besonders hervor. Diese ist bei Weitem nicht perfekt, aber das Beste, was wir haben.“
Bad Friedrichshall: Song „Sage nein!“ als Auftrag, sich einzumischen
Daraufhin sang der Schülerchor des Gymnasiums in einer intensiven Darbietung das Lied „Sage nein“ von Konstantin Wecker. Dieses stellt klar heraus: Sobald jemand Minderheiten diskriminiert, Menschenrechte missachtet oder Rassismus real wird, ist das Schweigen keine Lösung. Es gilt, sich einzumischen!
Bad Friedrichshalls Bürgermeister Timo Frey sagte im Rahmen der Preisverleihung in der Aula des FvAG: „Demokratie wird nicht nur gelebt, sondern auch verteidigt – mit dem Ziel, dass die schlimmen Dinge, die geschehen sind, sich nie wiederholen mögen.“ Und Lena Saupp fasste auf dem Podium zusammen: „Das Wissen, dass jeder etwas zum Erhalt von Freiheit und Demokratie beitragen kann, ist die Hoffnung, die wir haben.“