So lief das Rekord-Konzert von AC/DC in Stuttgart auf dem Cannstatter Wasen
90.000 Fans feiern am Mittwochabend mit AC/DC beim bislang größten Konzert aller Zeiten auf dem Cannstatter Wasen. Die australische Band bietet in Stuttgart eine Show der Superlative.
Die Farbe Rot dominiert den Cannstatter Wasen. Hier mit hunderten blinkenden Teufelshörnchen, die die AC/DC-Fans als Kopfschmuck tragen. Dort im in roten Farbtönen gestalteten Intro-Video, das über die riesige Leinwand flackert, und in dem ein Sportwagen in Richtung Stuttgart braust. Und damit direkt zu einem Rekord: Das Konzert der australischen Rock-Giganten, die auf ihrer „Power Up“-Tour am Mittwochabend im Schwabenländle Station machen, ist das größte Konzert, das jemals auf dem Cannstatter Wasen stattgefunden hat. Ein größeres Verkehrschaos vorab bleibt aus, die meisten der insgesamt 90.000 Fans reisen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln an oder parken abseits des Trubels.

Die positive Anspannung beim Publikum ist spürbar – um 15 Uhr, als die ersten Fans auf das weitläufige Gelände strömen, genauso wie um 20 Uhr, bei Konzertbeginn. Band und Anhänger sind dann auch schnell auf Betriebstemperatur, als AC/DC mit dem wuchtigen „If You Want Blood (You’ve Got It)“ loslegen und die ersten großen Hits mit „Back in Black“ und „Thunderstruck“ nachschieben.
Angus Young hält Rekord-Konzert von AC/DC in Stuttgart am Laufen
Der Fokus dieses Abends liegt dabei von Anfang an auf Gitarrist Angus Young, einzig verbliebenes Gründungsmitglied, und Sänger Brian Johnson, der seit 1980 Teil der Band ist. Rhythmusgitarrist Stevie Young (seit 2014), Schlagzeuger Matt Laug (seit 2023) und Bassist Chris Chaney (seit 2024) sind das stoische Uhrwerk, das den Laden zusammenhält, aber während des gesamten Auftritts im Hintergrund bleibt.
Während Johnson, mit der obligatorischen Schiebermütze auf dem Kopf, immer mal wieder durchschnaufen muss, wirkt Young, mittlerweile 69 Jahre alt, als wäre er in einen Jungbrunnen gefallen. Er ist es, der das Konzert am Laufen hält, der die Fans – in ikonischer Schuluniform-Outfit gekleidet – in seinen Bann zieht. Immer wieder setzt Young zu seinem berühmten Duckwalk an, bei dem der Gitarrist in halber Hockstellung auf einem angewinkelten Bein langsam vorwärts hüpft. Wiederholt hebt er einen Finger in die Luft oder hält die Hand ans Ohr, um eine Reaktion des Publikums einzuholen. Um dann wieder ganz in seinen Kosmos abzutauchen und in innigen Engtanz mit seiner Gitarre zu gehen.
Hells Bells“ und „Highway To Hell“: AC/DC spielen Hits auf den Cannstatter Wasen
Ihr Düster-Image müssen diese eigentlichen netten, älteren Herren natürlich auch nach 51 Jahren ein Stück aufrecht behalten, bei den Höllenglocken, den „Hells Bells“, senkt sich langsam eine riesige Glocke vom Bühnendach, bei „Highway To Hell“ lodern Flammen auf und Angus Young steckt sich rote Teufelshörner auf. Ein bisschen Satansanbetung muss schließlich drin sein.
Einen Preis für innovatives Songwriting werden AC/DC aber wohl nie gewinnen, zu ähnlich sind sich viele Lieder, die mit treibendem Schlagzeugspiel und markanten Riffs dennoch einprägsam sind und ein breites Publikum unter einen Hut bringen. Das reicht auch in Stuttgart vom alten Rockfan mit langen Haaren und Metal-Band-Aufnähern auf der Jeansjacke, bis hin zur Familie, die das Konzert als gemeinsamen Ausflug geplant hat. Die Band ist dadurch inzwischen zur übergroßen Marke geworden, zu einer Marketing-Maschine – die Shirts mit dem berühmten Blitz-Logo findet man inzwischen auch mal im wöchentlichen Angebot des Discounters um die Ecke.
Gehörschutz beim AC/DC-Konzert in Stuttgart ist bitter nötig
Doch zurück zum Konzert, das auch in Sachen Lautstärke ordentlich auffährt. Der Gehörschutz, der überall auf dem Gelände kostenlos verteilt wird, ist, je näher man der riesigen Bühne kommt, bitter nötig. Insgesamt 48 Marshall-Boxen hat die Band hinter sich aufgetürmt. Ansagen ans Publikum gibt es dagegen wie gewohnt fast keine - bis auf ein „Wir lieben euch“ und ein gehauchtes „Danke“ von Brian Johnson.
Die Australier fokussieren sich vielmehr auf ihre Musik, spielen ältere und neue Songs und steigern gegen Ende noch einmal die Hit-Dichte mit „You Shook Me All Night Long“ und „T.N.T.“. Und Angus Young? Der wird noch einmal richtig von der Leine gelassen. Mit einem knapp zwanzigminütigen Gitarrensolo, bei dem der weißhaarige Mann auf einer hydraulischen Hebebühne in die Höhe gefahren wird, es Konfetti regnet und er sich schließlich wie ein Käfer auf dem Rücken liegend brummkreiselt.
Nach 130 Minuten endet beeindruckendes AC/DC-Konzert mit Unmut einiger Fans
Nach 130 Minuten und 21 Songs endet ein beeindruckendes Konzert mit dem Song „For Those About To Rock (We Salute You)“, Böllerschüssen aus Kanonen, die auf und neben der Bühne platziert sind, einem kleinen Feuerwerk – und mit dem Unmut einiger Fans. Nicht optimal geplant ist, dass das Publikum aus den vorderen Reihen eng gedrängt eine ganze Weile ausharren muss, weil der Auslass ausschließlich über den Eingang erfolgt. Dann leert sich der Cannstatter Wasen nach und nach. Und die Fans mit den blinkenden Teufelshörnern verstreut es in die laue Nacht. Das blinkende Accessoire kann man auch auf dem Festivalgelände kaufen. Kostenpunkt: stolze 20 Euro.