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Prozessauftakt am Mittwoch
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Messerangriff auf Stuttgarter Königstraße: Brüder aus syrischer Großfamilie vor Gericht

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Prozess mit politischer Sprengkraft: Einer syrischen Großfamilie aus Stuttgart werden über hundert Straftaten zugeordnet. Nach einem Messerangriff auf der Königstraße müssen sich drei Brüder vor Gericht verantworten.

Von unserer Korrespondentin Ulrike Bäuerlein

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Es ist ein Prozess, der dazu geeignet ist, die aktuelle politische Diskussion um Straftaten von Geflüchteten im Land zu befeuern und weiter nach rechts zu verschieben – ganz unabhängig vom Ausgang des Verfahrens und der grundsätzlich geltenden Unschuldsvermutung für alle Angeklagten: Von diesem Mittwoch an müssen sich vor dem Stuttgarter Landgericht drei Brüder aus einer syrischen Großfamilie unter anderem wegen des Vorwurfs des versuchten Totschlags verantworten.

Die Brüder, zum Zeitpunkt der Anklageerhebung 17, 22 und 27 Jahre alt, sollen im Juli 2024 bei einem Streit mit einer anderen Gruppe drei andere Personen durch einen Messerangriff auf der Königstraße mitten in Stuttgart verletzt haben, einen von ihnen lebensgefährlich. Auslöser des Streits: Eine Schwester der Brüder soll sich durch Blicke aus der anderen Gruppe gestört haben.

Syrische Großfamilie aus Stuttgart bereits polizeibekannt

Der Prozess sorgte bereits im Vorfeld für Aufsehen. Denn die drei Angeklagten stammen aus der in Stuttgart lebenden syrischen Großfamilie H., zu der neben dem ebenfalls bereits polizeibekannten Vater zwei Ehefrauen sowie mindestens zehn weitere Geschwister und Halbgeschwister gehören.

Ein Großteil von ihnen ist laut Innenministerium bereits wegen unterschiedlichster Delikte polizeibekannt, zwei sitzen in Haft: Der damals 19-jährige E.H., wurde im September 2024 vor dem Landgericht Stuttgart wegen gefährlicher Körperverletzung – mit Messereinsatz – zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt, in die Strafe floss ein, dass bereits zuvor für einen Messerangriff eine Bewährungsstrafe von knapp zwei Jahren erhalten hatte. Gegen einen fünften Bruder beginnt am 18. Februar in Stuttgart der Prozess, die Staatsanwaltschaft Stuttgart klagt ihn unter anderem wegen Geiselnahme an.

Stuttgarter Großfamilie mit langem Strafregister – über einhundert Delikte

Die Großfamilie und ihr Strafregister waren im vergangenen Jahr bereits Anlass für zwei Landtags-Anfragen der AfD an das Innenministerium. In der Antwort listet das Ministerium anonymisiert weit über einhundert aktenkundige Delikte auf, begangen zwischen März 2020 und September 2024. Die genaue Zahl beläuft sich auf 156 bekannte Straftaten. Darunter Diebstahl, schwerer Raub, schwere Körperverletzung, räuberische Erpressung, versuchter Totschlag, erpresserischer Menschenraub, aber auch Delikte wie Beleidigung, Bedrohung, Betrug, Leistungserschleichung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Ein Teil davon wurde auch durch weibliche Familienangehörige begangen.

Laut Innenministerium waren alle Familienangehörigen zwischen 2015 und 2020 erstmals in die Bundesrepublik eingereist,  alle haben die syrische Staatsbürgerschaft, genießen entweder Flüchtlingsschutz oder subsidiären Schutz. Der bereits rechtskräftig verurteilte E.H. soll demnach seinen Flüchtlingsschutz wieder verloren haben, ein weiteres Familienmitglied ist laut Angaben zwar bestandskräftig ausgewiesen, verfügt aufgrund vorliegendem Flüchtlingsstatus über eine Duldung.

Angehörige der syrischen Familie im Fokus des „Sonderstabs Gefährliche Ausländer“

Justiz-Staatssekretär Siegfried Lorek (CDU), bei der Vorstellung der Bilanz des „Sonderstabs Gefährliche Ausländer“ am vergangenen Freitag auf diese Großfamilie angesprochen, bestätigte, dass die Familie und einzelne Angehörige im Fokus des Sonderstabs stünden und für jeden Einzelfall ein ‚Case Management‘, also eine detaillierte Einzelakte erstellt werde. Die Frage, ob im Fall der Familie H. Sippenhaft betrieben werde, wies Lorek zurück. „Natürlich wird jeder Fall einzeln betrachtet. „Aber bei dieser Familie gibt es nicht viele Angehörige, die keine Straftaten begangen haben“, so Lorek. Zu Verurteilungen sei es aber mit Ausnahme von E.H. noch nicht gekommen. 

Natürlich möchten wir ausweisen“, bekräftigte der CDU-Politiker, das Regierungspräsidium Stuttgart sei dabei, das vorzunehmen. „Aber da kommt das große Problem Syrien. Wir haben im Moment faktisch keine Rückführungsmöglichkeiten nach Syrien. Aber wenn wir die Möglichkeit dazu haben, werden wir alles daransetzen, diese Familie außer Landes zu bringen“, so Lorek.

Zunächst einmal aber startet am Mittwoch der Prozess mit der Verlesung der Anklage. Vorerst sind 14 Verhandlungstage angesetzt.

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