Aus für 18 Notfallpraxen in Baden-Württemberg fix – auch Brackenheim betroffen
Die Kassenärztliche Vereinigung präsentiert in Stuttgart ihre Pläne für die Neuaufstellung des Bereitschaftsdienstes. Draußen demonstrieren derweil Menschen aus dem ganzen Land gegen die Pläne.
Den Bereitschaftsdienst "zukunftsfest" machen: Unter diesem Schlagwort präsentierte die Kassenärztliche Vereinigung KVBW in Stuttgart ihre Pläne für die von ihr so betitelte "Reform" der ärztlichen Bereitschaftsdienste im Land.
57 allgemeine und 32 fachärztliche Bereitschaftspraxen sollen demnach künftig noch für die medizinische Versorgung der Bevölkerung nachts und an Wochenenden zur Verfügung stehen, wenn die Praxen von Haus- und Fachärzten geschlossen sind. 18 Standorte fallen weg, darunter Brackenheim.
18 Notfallpraxen in Baden-Württemberg schließen: Andere Dienste sollen ausgebaut werden
Damit bleiben im Regierungsbezirk Stuttgart die Bereitschaftspraxen an den Kliniken in Heilbronn, Bad Friedrichshall und Öhringen erhalten. Zudem soll es weiter Fahrdienste für Hausbesuche und eine telemedizinische Beratung geben. Diese Dienste sollen ausgebaut werden.
Aus für 18 Notfallpraxen in Baden-Württemberg: Demonstrationen vor KV-Gebäude in Stuttgart
Seit die Pläne vor knapp zwei Wochen durchgesickert waren, sorgt das für großen Unmut in der Bevölkerung und bei Kommunalpolitikern. Mehrere Busse brachten am Montagmittag Dutzende Demonstranten vor das KV-Gebäude in Stuttgart-Möhringen. Die Menge verlieh dort ihrem Unmut lautstark und mit Transparenten ausgestattet Ausdruck.
Im Inneren des Gebäudes bediente sich der KV-Vorstand um Dr. Karsten Braun und Dr. Doris Reinhardt einer neuen Argumentationslinie, um die Maßnahme zu begründen. Der Bereitschaftsdienst sei für Notfälle gar nicht zuständig, hieß es, da gehe viel durcheinander. "Medizinische Notfälle sind Aufgabe des Rettungsdienstes und der Notaufnahmen von Kliniken."
Der ärztliche Bereitschaftsdienst leiste dagegen eine "Überbrückungsbehandlung für akute Beschwerden, die medizinisch nicht warten können, bis die Haus- oder Facharztpraxen am nächsten Tag wieder geöffnet sind." Alles, was mit "Blaulichtbehandlung zu tun hat, fällt nicht in unseren Zuständigkeitsbereich", so Braun.
Verbliebene Ärzte können Masse an Bereitschaftsdiensten nicht stemmen
Bekannt und vielfach aufgezählt ist dagegen die Zustandsbeschreibung zum Personalmangel in der Branche. Die Menge der zur Verfügung stehenden Ärzte sei begrenzt und nehme durch die bevorstehende Ruhestandswelle weiter ab, so Braun. "Wir haben schlicht und ergreifend ein Besetzungsproblem." Allein die Zahl der unbesetzten Hausarztsitze hat sich laut KVBW seit 2014 von über 300 auf über 900 etwa verdreifacht.
Diese Kräfte fehlten für die Besetzung der Bereitschaftsdienste. Die verbliebenen Ärzte könnten die Menge an Bereitschaftsdiensten nicht stemmen, das sei nicht zumutbar zusätzlich zu den regulären Arbeitszeiten in der Praxis. So sei die Reduzierung der Bereitschaftsdienste keine Schikane gegenüber der Bevölkerung, sondern eine zwingendes Erfordernis. "Wenn wir den Bereitschaftsdienst nicht anpassen, dann fahren wir die Regelversorgung an die Wand", so Braun.
1,1 Millionen Behandlungsfälle gibt es in den KV-Bereitschaftspraxen pro Jahr. Die Inanspruchnahme sei damit selten im Vergleich zu 70 Millionen in der Regelversorgung, so Karsten Braun. "Heute nimmt jede Person rein statistisch etwa alle fünf bis sechs Jahre einmal den Bereitschaftsdienst in Anspruch."



Stimme.de