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Wege aus der Krise im Gesundheitssektor

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Pläne für die Krankenhausreform sind Thema beim Landeskongress Gesundheit: Die Gesundheitszentren in Möckmühl und Brackenheim könnten als Vorbilder taugen.

Das Gesundheitszentrum in Möckmühl könnte zu einer Blaupause für die medizinische Versorgungslandschaft der Zukunft werden. Das wurde beim Landeskongress Gesundheit in Stuttgart am Freitag deutlich. Er stand unter dem Motto "Gesundheitssystem im Krisenmodus - Baustellen und Lösungsansätze". Tom Bschor, Leiter der Regierungskommission für die Reform der Krankenhausversorgung, umriss die Grundzüge des von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angestoßenen Vorhabens.


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Kooperation von ambulantem und stationärem Bereich

Die voraussichtlich größten Veränderungen wird es auf dem sogenannten Level Ii geben, der "integrierten ambulanten und stationären Grundversorgung". Ein vergleichbares Modell existiert an den früheren SLK-Klinikstandorten Möckmühl und Brackenheim bereits. Die beiden klassischen kleinen SLK-Krankenhäuser wurden ersetzt durch ein Versorgungsangebot aus ambulantem und stationärem Bereich. So gibt es in Möckmühl eine Hausarzt- und eine Kinderarztpraxis, sowie eine orthopädische Praxis, die von einem Klinikarzt und niedergelassenen Orthopäden gemeinsam betrieben wird.

Deutschland liegt bei Zahl der Behandlungen an der Spitze der Industrieländer

Das ist ein Mischkonzept, das in Deutschland bislang eigentlich weder juristisch noch abrechnungstechnisch vorgesehen ist. Denn es gibt eine strikte Trennung zwischen dem Sektor der niedergelassenen Ärzte und dem stationären Krankenhaus-Bereich mit unterschiedlichen Budgets. Das bedeutet auch: Krankenhäuser können Patienten eigentlich nur behandeln, wenn sie sie über Nacht behalten. Das und weitere Fehlanreize im System führen dazu, dass Deutschland bei Krankenhausbehandlungen an der Spitze der Industrieländer liegt.

Bschor bezeichnete die Pläne der Kommission als "große Chance für kleine Krankenhäuser ohne Notfallversorgung". Sie könnten eine neue Perspektive bekommen, denn wirtschaftlich zu betreiben sind sie in den meisten Fällen schon lange nicht mehr, auch Personal ist chronisch knapp.


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Einheiten könnten von Pflegekräften geführt werden

Künftig sollen stationäre und ambulante Versorgung gemeinsam vor Ort geplant werden. Es sei denkbar, dass solche Einheiten von akademisch ausgebildeten Pflegekräften statt von Ärzten geleitet werden, Nachtdienste könne man angesichts des Personalmangels womöglich auch über einen ärztlichen Bereitschaftsdienst statt mit Präsenz vor Ort abdecken, sagt Bschor: "Ich kann diesen Krankenhäusern durchaus Mut machen."

Zahl mit Sprengkraft

Henriette Neumeyer, Vize-Vorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, bekräftigte, dass "94 Prozent der Krankenhäuser den Bedarf für grundlegende Strukturreformen erkennen". Allerdings sorgt sie sich, dass von den Plänen "650 Krankenhäuser betroffen sein könnten", diese Zahl habe eine gewaltige Sprengkraft. Insgesamt gibt es in Deutschland knapp 2000 Krankenhäuser, die Zahl sinkt seit Jahren langsam. Neumeyer fürchtet, dass die neuen Einheiten des Levels Ii nicht mehr den Stellenwert von Krankenhäusern haben werden. "Aus unserer Sicht sind das Versorgungszentren." Insofern nehme sie "Schwung aber auch Skepsis" gegenüber den Plänen wahr.

Johannes Bauernfeind, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg, machte klar, wie ernst die Lage im Gesundheitswesen ist: "Eigentlich ist es nur noch auf Reparaturbetrieb ausgerichtet." Jetzt gebe es noch die Chance, langfristige und nachhaltige Strukturen aufzubauen, um für künftige Herausforderungen gut gerüstet zu sein. Warten dürfe man damit aber keinesfalls. "Wir haben nicht mehr viel Zeit, um die Dinge grundlegend zu verändern." Der Druck, vor allem auf Menschen, die in der Versorgung arbeiten, sei enorm.

"Die Krise ist so groß wie nie", bekräftigte Tom Bschor. Genau deshalb sei er aber zuversichtlich, dass es gelingen könne, das System grundlegend zu reformieren.

Weiterentwickeln

Der Landeskongress Gesundheit soll Denkanstöße liefern, wie das Gesundheitswesen weiterentwickelt werden kann. Träger ist neben der Landesärztekammer unter anderem die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft. red

 

 

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