SEK-Einsatz in Boxberg: Familie hat sich in Bobstadt verschanzt
Ein 54-Jähriger soll eine Schusswaffe abgeben, die er illegal besitzt. Als die Polizei kommt, verschanzen sich die Anwohner im Haus. Dann fängt das Gebäude Feuer.

Alwin Deissler ist Ortsvorsteher von Bobstadt, einem Stadtteil von Boxberg, in dem gut 400 Menschen leben. Einer davon ist ein 54 Jahre alter Mann, der in einem Wohnkomplex eines 49-jährigen Boxbergers lebt. Der Komplex hätte am Mittwoch durchsucht werden sollen. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft Mosbach lautet: Verdacht des illegalen Waffenbesitzes.
Ortsvorsteher Deissler erklärt, dass sich die Familie um den 49-Jährigen in letzter Zeit hinter dicken Mauern abgeschottet habe. "Wie einen Hochsicherheitstrakt." Er habe eine gut gehende Firma gehabt. "Hat er alles verkauft." Heidrun Beck ist Bürgermeisterin von Boxberg. Sprachlos sei sie, ob des Einsatzes. "Das hätte man nicht erwartet."
Der Durchsuchung entzieht sich der Mann. Er feuerte mehrere Schüsse auf die Polizei ab. Dabei wird ein Beamter des Spezialeinsatzkommandos (SEK) am Bein verletzt. Es kommt daraufhin zu einem Polizeieinsatz mit mehr als 200 Beamten. Aus Bayern rücken Spezialkräfte an.
Mehrere Hubschrauber im Einsatz
Der Einsatz zieht sich über Stunden. Das Gebäude geht in Flammen auf. Kurze Zeit später ergeben sich die sieben Bewohner und werden festgenommen. Hubschrauber sind im Einsatz, die zum einen Live-Bilder an das zuständige Polizeipräsidium Heilbronn schicken, wie Präsident Hans Becker erklärt. Zum anderen seien mehrere Hunde ausgerissen. Die suche man.

Deissler erklärt, dass die Familie das Geld auch dazu genutzt habe, sich selbst autark zu versorgen. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl spricht von Hinweisen auf die Reichsbürgerszene. Auch das wird in Bobstadt immer wieder behauptet. Die Polizei ermittelt auch in diese Richtung.
Ein hoher Zaun umgibt den Gebäudekomplex. Der untere Teil sei vermietet gewesen. Der 49-Jährige habe unter anderem mit seinen beiden Söhnen und der Schwiegertochter in dem Wohnkomplex gelebt. In letzter Zeit habe es immer wieder Diskussionen gegeben. Der Mann habe größere Mengen Wasser aus der Quelle entnommen, unangemeldete Fahrzeuge seien auf dem Gelände gestanden. Der letzte offizielle Kontakt habe stattgefunden, weil er einen Zaun auf städtischem Gelände errichtet hatte. Das Gelände habe man an ihn verkauft.
Paletten fangen an zu brennen
Bei dem 49-Jährigen soll es sich um Heiko A. (Name ist der Redaktion bekannt) handeln. Ein Nachbar bestätigt Deisslers Informationen. Er kenne A. Selbstversorger sei die Familie gewesen. In einem Bereich des Komplexes, in dem Paletten gelagert waren, habe es angefangen zu brennen. SEK-Beamte sollen Blendgranaten eingesetzt haben. Viele Schüsse seien zu hören gewesen, beschreibt er.
Harry Schroth ist Einsatzleiter der Feuerwehr Boxberg. Gegen sieben Uhr sei die Feuerwehr wegen eines Gebäudebrands alarmiert worden. Vor Ort habe man aus sicherheitstaktischen Gründen nicht eingegriffen. "Es wurden Sprengmittel im Gebäude vermutet. Wir haben erst eingegriffen, nachdem die Lage von der Polizei freigegeben wurde."
Vier Feuerwehren sind mit mehr als 100 Kräften im Einsatz. Die Polizei entschließt sich dazu, das Gebäude abbrennen zu lassen. Die Feuerwehr löscht Glutnester, bevor das SEK erneut das Gebäude betritt. Immer wieder sind laute Explosionen aus dem Komplex zu hören. Bei den Sprengmitteln soll es sich um größere Mengen Munition handeln, die Spezialisten des SEK kontrolliert zur Explosion bringen.
Ermittlungen wegen eines versuchten Tötungsdelikts
Ein politisch motivierter Hintergrund für die Tat steht im Raum, erklärt Polizeipräsident Hans Becker. Gemeinsam mit dem Landeskriminalamt in Stuttgart hat das Polizeipräsidium Heilbronn die Ermittlungen aufgenommen. Gegen den Tatverdächtigen werde wegen eines versuchten Tötungsdeliktes, gefährlichen Körperverletzung und schwerer Brandstiftung ermittelt, erklärt Dr. Florian Kienle, Leitender Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Mosbach.
Der Stadtteil wurde abgeriegelt
Die Polizei hat den kleinen Stadtteil Bobstadt während des Polizeieinsatzes abgeriegelt. Wegen des Brandes des Gebäudekomplexes wurden Anwohner dazu aufgefordert, Türen und Fenster geschlossen zu halten. Bei dem Großeinsatz waren neben den mehr als 200 Polizisten auch der Rettungsdienst und mehrere Feuerwehren vor Ort. Um fünf Hütehunde – vermutlich von dem Anwesen – zu versorgen, wurde die Tierrettung Unterland angefordert.