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Hier finden Frauen Schutz vor sexuellen Übergriffen auf dem Cannstatter Volksfest

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Hilfe in Not, Begleitung für den Heimweg oder einfach Ruhe: Das Pilotprojekt "Wasenboje" bietet einen Rückzugsort für Frauen auf dem Cannstatter Volksfest. Die ausschließlich weiblichen Mitarbeiterinnen sind auf jegliche Situationen vorbereitet.

Auf dem Cannstatter Wasen in Stuttgart gibt es jetzt die Wasenboje, einen Schutzraum für Frauen.
Auf dem Cannstatter Wasen in Stuttgart gibt es jetzt die Wasenboje, einen Schutzraum für Frauen.  Foto: Theresa Heil

Während auf dem Festgelände des Cannstatter Volksfests die Fahrgeschäfte auf Hochtouren laufen und in den Bierzelten gefeiert wird, steht am Eingang nahe des Parkplatzes ein Schutzraum, an dem vor allem eines herrscht: Ruhe. Der grün und blau gestrichene Container mit dem leuchtenden Ball auf dem Dach ist kaum zu übersehen.

Auf dem Container leuchtet die große runde Boje, die der Wasenboje ihren Namen gibt.
Auf dem Container leuchtet die große runde Boje, die der Wasenboje ihren Namen gibt.  Foto: Theresa Heil

So soll es auch sein. Die Wasenboje ist ein sogenannter Safer Space, also ein Schutzraum für Frauen auf dem Cannstatter Wasen. Besucherinnen des Volksfests können hierherkommen, wenn sie in Not sind und Hilfe brauchen, aber auch wenn sie einfach nur kurz dem Trubel entkommen wollen. Auch wer sein Handy aufladen oder beten will, findet hier einen ruhigen Ort dafür. "Vorhin war auch jemand zum Stillen da", erzählt Anna Hondros. Die 20-Jährige engagiert sich ehrenamtlich im Team der Wasenboje. Dieses besteht neben ihr noch aus 59 anderen Ehrenamtlichen und Fachkräften - alles Frauen. Erkennbar sind sie an den blau-grünen T-Shirts mit dem Logo der Wasenboje darauf.


Schutzraum auf dem Cannstatter Wasen: Mitarbeiterinnen der Wasenboje sind gut geschult

Sonja Martin (links) und Anna Hondros (rechts) engagieren sich ehrenamtlich bei der Wasenboje.
Sonja Martin (links) und Anna Hondros (rechts) engagieren sich ehrenamtlich bei der Wasenboje.  Foto: Theresa Heil

Aus dem Team sind immer sechs Frauen vor Ort, zwei Fachkräfte und vier Ehrenamtliche. Die Fachkräfte arbeiten etwa im Frauenhaus oder beim Jugendamt, sind sozialpädagogisch und psychologisch geschult. Die Ehrenamtlichen haben ebenfalls Erfahrung im sozialen Bereich. Anna Hondros arbeitet neben ihrem Studium in einem Kindergarten. "Ich habe mich in den letzten Jahren auf dem Wasen selbst nicht sicher gefühlt", erklärt die Esslingerin. Der Schutzraum soll in solchen Situationen eine Anlaufstelle sein. Aktuell sei die Wasenboje noch ein Pilotprojekt, erklärt die 20-jährige Sonja Martin: "Dieses Jahr haben wir das Ziel, Bewusstsein zu schaffen."

Der Container hat einen kleinen abgetrennten Rückzugsraum. Zwei Stühle und eine Liege stehen hier. Ein buntes Plakat, Kuscheltiere und eine Zimmerpflanze geben dem Raum eine beruhigende Atmosphäre. Für jede mögliche Situation ist vorgesorgt: Auf einem Tisch liegen Süßigkeiten, Wasser und Ladekabel, aber auch Flyer und Kondome.

Wasenboje auf den Cannstatter Wasen steht in Kontakt zum Deutschen Roten Kreuz

"Wir versuchen erstmal, die Situation zu stabilisieren", sagt Hondros. Braucht die Person ärztliche Hilfe, eine Begleitung zur Bahn oder einfach nur ein bisschen Ruhe? Für medizinische Notfälle stehe das Team in engem Kontakt zum Deutschen Roten Kreuz, erzählen die beiden Studentinnen. Auch mit der Wasenwache stehen sie im Austausch. Das Angebot der Wasenboje richtet sich vor allem an Frauen. Wenn aber ein Mann komme und Hilfe brauche, gebe es dafür extra eine Raumtrennung. "Hier wird niemand abgewiesen", sagt Hondros.

An diesem Mittwochabend ist es in der Wasenboje eher ruhig. Die Menschen, die vorbeigehen, schauen interessiert, laufen aber meistens weiter. Viele Besucher der Wasenboje wollen sich auch einfach informieren. "Vorhin war ein Pärchen da, das im Radio von uns gehört hatte", erzählt Hondros. "Wir werden von vielen Frauen auch als Treffpunkt genutzt", sagt Sonja Martin. Über den Abend verteilt schwärmen die Mitarbeiterinnen aus und verteilen Flyer, machen Besucherinnen darauf aufmerksam, wo sie zu finden sind.

Die Wasenboje kommt bei den Besucherinnen des Cannstatter Volksfests gut an

Henriette Reyher ist mit ihren beiden Freundinnen auf dem Volksfest. Als sie einen Flyer in der Hand hält, hört sie zum ersten Mal von dem Projekt. "Wir finden es richtig gut, dass es das gibt", sagt sie. "Besonders wenn gruselige Leute da sind oder man verloren geht." Schlechte Erfahrungen haben sie aber noch nicht gemacht. "Bis jetzt war immer alles gut", sagt ihre Freundin Jule Großmann. Auch die 19 Jahre alte Anny aus Stuttgart, die ihren Nachnamen nicht nennen möchte, ist von der Wasenboje begeistert. "Man kann nicht verleugnen, dass immer mal wieder Sachen passieren, gerade wenn man betrunken ist", sagt sie. Darum stehe sie zu 100 Prozent hinter dem Projekt.


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Mit der Wasenboje hat die Stadt Stuttgart einen Safer Space, also einen Schutzraum für Frauen geschaffen. Die Wasenboje ist während des Cannstatter Volksfests täglich von 13 bis 24 Uhr geöffnet. Sie steht nahe des Parkplatzes am Eingang zum Festgelände in der Nähe des Deutschen Roten Kreuzes und der Wasenwache. Es ist ein Projekt der Kommunalen Kriminalprävention und der Abteilung für Chancengleichheit. Unterstützt wird es von vielen Kooperationspartnern, unter anderem der Polizei Stuttgart und dem Frauenberatungszentrum Fetz e.V., der SSB und der Taxizentrale. Weitere Infos gibt es unter www.nachtboje.stuttgart.de.

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