Corona-Schnelltests sollen Öffnungen ermöglichen
Laut Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sind durch die massenhaften Schnell- und Selbsttests weitere Lockerungen möglich. Im Kern geht es darum, verschiedene Bereiche schrittweise zu öffnen.

Und plötzlich geht es schnell. Schon einige Tage vor dem nächsten Corona-Treffen von Bund und Ländern am kommenden Mittwoch geht Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) in die Offensive und will trotz unsicherer Infektionslage Lockerungen durchsetzen. Daher hat das Staatsministerium ein Impulspapier erarbeitet für die anstehende Konferenz.
Voraussetzungen für schrittweise Öffnungen
Im Kern geht es darum, dass mit den Schnell- und Selbsttests, die bald für die breite Masse zur Verfügung stehen sollen, schrittweise Öffnungen in verschiedenen Bereiche ermöglicht werden sollen. "In bestimmten Bereichen und zu bestimmten Anlässen können wir uns so ein Stück Freiheit zurückholen, ohne dass dies auf Kosten der Sicherheit geht", heißt es in dem Papier. Allerdings seien nur Abmilderungen möglich, eine gänzliche Aufhebung der Restriktionen sei erst dann umsetzbar, wenn ein großer Teil der Bevölkerung geimpft sei.
Bereiche, die in Frage kommen
In dem Impulspapier schlägt das Staatsministerium vor, in Bereichen, in denen das Infektionsrisiko überschaubar sei, Infektionsketten durch Registrierungen nachverfolgbar blieben und die Hygienemaßnahmen sichergestellt werden könnten, eine durch Schnelltests flankierte, schrittweise Öffnung zu ermöglichen. Hierzu würden beispielsweise "geeignete Bereiche des Einzelhandels, Teile der Gastronomie, körpernahe Dienstleistungen, Freizeiteinrichtungen wie Freiluftmuseen, Kultureinrichtungen wie Museen oder kleinere kulturelle Events sowie bestimmte sportliche Aktivitäten, etwa Individualsport im Freien und perspektivisch auch Hotels" zählen. Für sie alle gilt bislang noch der bundesweite Lockdown bis 7. März.
Viele Unternehmen stehen vor der Insolvenz
Das Staatsministerium erklärt weiter, es handele sich hier "um Branchen, die vom Lockdown der vergangenen Wochen besonders gebeutelt sind und dringend eine Perspektive benötigen". Viele dieser Unternehmen seien trotz massiver Hilfen des Staates akut von der Insolvenz bedroht.
Voraussetzung sei jedoch, dass die Betriebe, Branchen und Einrichtungen entsprechende Öffnungskonzepte erarbeiten würden. Zudem müssten die Betreiber von Einrichtungen "dafür Sorge tragen, dass nur Besucherinnen und Besucher Zutritt erhalten, die einen negativen Test vorweisen können", heißt es weiter. Nötig seien hier entweder ein zertifizierter und aktueller Test, der von einer Apotheke, einem Arzt oder in einem Testzentrum durchgeführt worden sei - oder ein Schnelltest vor Ort.
In der grün-schwarzen Koalition sieht sich die CDU in ihrem Kurs bestätigt. "Ministerin Eisenmann hat regierungsintern bereits Ende Januar ein Konzept für einen Strategiewechsel vorgestellt, um mögliche Öffnungsschritte mit wesentlich mehr Schnelltests zu flankieren", sagt ein Sprecher von Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). Man sei erleichtert, dass der Ministerpräsident seine zunächst ablehnende Haltung nun aufgegeben habe und den vorgeschlagenen Strategiewechsel von Ministerin Eisenmann auf Bund-Länder-Ebene einbringe.
Wolf hofft auf Hotelöffnungen an Ostern
Ähnlich argumentiert auch Südwest-Tourismusminister Guido Wolf (CDU) - und richtet den Blick gleich auf den Osterurlaub. "Ich habe Ostern für erste Öffnungen in der Tourismusbranche nie abgeschrieben. Wenn es gelingt, massenhaft Schnell- und Selbsttests zur Verfügung zu stellen, kann das helfen, auch in Gastronomie und Hotellerie schneller Öffnungen zu ermöglichen", sagt Wolf. Wichtig sei jetzt aber, dass die angekündigten Testungen zügig umgesetzt würden.
Laut der Opposition im Stuttgarter Landtag handelt die Regierung endlich. Für SPD-Landtagsfraktionschef Andreas Stoch ist das Papier ein "dringend notwendiges Lebenszeichen, wenn auch reichlich spät". Die Regierung brauche jetzt eine Gesamtstrategie, sagt FDP-Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke. Die gleichzeitige Mitteilung von steigenden Inzidenzen und Öffnungen verwirre die Menschen.
Kommentar: Neue Gewichtung
Die Debatte über weitere Lockerungen der Corona-Maßnahmen nimmt kurz vor der nächsten Bund-Länder-Konferenz Fahrt auf. Interessant ist, dass nun Öffnungskonzepte für Handel, Gastronomie oder auch für Veranstaltungen diskutiert werden. Dies passiert, obwohl die Zahl der Neuinfektionen zuletzt angestiegen ist. Doch die politisch Verantwortlichen scheinen immer mehr von der Fixierung auf die Sieben-Tage-Inzidenz wegzukommen – und damit auch von dem Wert 35, der bei der letzten Bund-Länder-Konferenz noch als Voraussetzung für neue Lockerungen beschlossen worden ist.
Die Öffnungspläne werden konkret, obwohl es gerade mit Blick auf die Mutationen viele Unsicherheiten gibt. Doch die Politik will der Bevölkerung und der Wirtschaft den harten Lockdown nicht mehr länger zumuten. Dies liegt daran, dass die Unterstützung in der Bevölkerung bröckelt – und die wirtschaftliche Situation in Teilen des Handels oder der Gastronomie dramatisch ist.
Im Südwesten vollzieht Ministerpräsident Kretschmann einen Kurswechsel. Während bei ihm bislang vor allem der Gesundheitsschutz Priorität hatte, rückt er nun auch Öffnungen mit Massentests in den Fokus. Dies hätte im Land schneller gehen können, denn seine CDU-Herausforderin Susanne Eisenmann hatte schon vor vier Wochen ein Konzept für Massentests vorgelegt.