Wie ist die Situation ukrainischer Kinder an baden-württembergischen Schulen?
Gibt es genügend Lehrkräfte? Eine weitere Herausforderung ist, für die kleineren Kinder in den Kitas möglichst schnell ausreichend Plätze zu schaffen.

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Seit mehr als zwei Monaten dauert nun die russische Invasion in der Ukraine bereits an, deren Folgen auch in Baden-Württemberg in vielerlei Hinsicht zu spüren sind. Eine der zentralen Herausforderungen ist es, die vielen Kinder, die meist mit ihren Müttern geflohen sind, in den Schulen und Kitas zu integrieren.
Bislang rund 9200 ukrainische Schüler im Südwesten angekommen
Nach Angaben des Stuttgarter Kultusministeriums sind bislang rund 9200 Schüler aus der Ukraine im Südwesten angekommen. Sie alle sollten, so der Optimalfall, nach den Osterferien einen Platz in den Schulen haben. "Die Rückmeldungen zeigen, dass die Aufnahme der Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine vor Ort funktioniert", sagt ein Sprecher des Kultusministeriums.
Die ukrainischen Schüler kommen in die Vorbereitungs- oder Vabo-Klassen. Letzteres ist die Abkürzung für das sogenannte Vorbereitungsjahr Arbeit/Beruf, bei dem der Erwerb von Deutschkenntnissen ein Schwerpunkt ist. Sind die Deutschkenntnisse gut, dann können die ukrainischen Kinder und Jugendlichen auch gleich die Regelklassen besuchen.
Land sucht händeringend Pädagogen
Laut dem Sprecher steht nach der Ankunft der Kinder zunächst deren Integration und die Sprachförderung im Fokus. Der Unterricht hier könne auch ergänzt werden durch digitale Angebote in ukrainischer Sprache. Zudem haben sich auf dem Online-Portal des Landes bislang rund 320 ukrainische Lehrer als Unterstützungskräfte für den Schulunterricht gemeldet.
Die meisten von ihnen könnten Deutsch und würden mit Arbeitsverträgen an den Schulen unterrichten, erläutert der Sprecher weiter. Insgesamt hätten sich mehr als 1300 Freiwillige über das Portal gemeldet, um bei der Beschulung zu helfen. Neben den ukrainischen Lehrkräften seien dies pensionierte Pädagogen, Erzieherinnen oder auch Studierende, die sehr schnell in den Unterricht eingebunden werden könnten. Laut der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ist die Hilfsbereitschaft und Solidarität in den Schulen gegenüber den aus der Ukraine Geflüchteten weiter groß.
GEW warnt vor Überlastung
"Alle Beteiligten in den Kitas und Schulen gehen derzeit an ihre Grenzen, denn es gibt weiter viele Ausfälle wegen Corona und in vielen Schularten starten Abschlussprüfungen. Wenn wir das durchhalten wollen, brauchen die Beschäftigten und auch die Ehrenamtlichen Entlastung, Unterstützung und Qualifizierung", sagt die GEW-Landesvorsitzende Monika Stein gegenüber unserer Zeitung. Die GEW setze sich unter anderem für Fortbildungen der Lehrkräfte im Bereich Traumapädagogik - hier geht es um die Verarbeitung der Kriegserlebnisse - und Deutsch als Zweit- und Fremdsprache ein. Beide Bereiche seien mit Blick auf die Geflüchteten sehr wichtig.
"Die Kommunen vor Ort benötigen zudem frühzeitig Informationen darüber, für wie viele ukrainische Schüler sie Räumlichkeiten zur Verfügung stellen müssen", sagt Norbert Brugger, Bildungsdezernent des Südwest-Städtetags. Das Land habe jedenfalls zugesagt, künftig möglichst zeitnah die Menge der zu erwartenden Schüler an die Städte und Gemeinden weiterzugeben. Weiter habe man mit dem Land vereinbart, dass der Unterricht in den Vorbereitungsklassen flexibler gestaltet werden könne.
In Kitas weiter mehr Flexibilität beim Personalschlüssel
Die Herausforderungen sind jedoch nicht nur für die Schulen groß, sondern auch für die Kitas im Südwesten. Letztere leiden unter Personalmangel, der sich wegen der vielen Corona-Ausfälle innerhalb der Mitarbeiterschaft noch verschärft. Um die Personalknappheit zu entschärfen, hat das Land zuletzt die Regelung bis zum 31. August dieses Jahres verlängert, dass der Mindestpersonalschlüssel in den Kitas um bis zu 20 Prozent unterschritten werden darf. "Die Fortführung dieser Regelung erfolgte, um den Kindertageseinrichtungen die notwendige Zeit einzuräumen, Personal einstellen zu können", sagt der Sprecher des Kultusministeriums.
Die Landeselternvertretung der baden-württembergischen Kitas lehnt dies ab. Eine weitere Aufweichung des Mindestpersonalschlüssels, um mehr Plätze zu schaffen, sei keine Lösung, heißt es in einer Erklärung. Die Arbeitsbedingungen in den Kitas seien sehr angespannt.
Lehrkräfte aus der Ukraine
Wollen Lehrkräfte aus der Ukraine in Baden-Württemberg unterrichten, müssen sie laut Kultusministerium mehrere Nachweise vorlegen. Wer nach dem 31. Dezember 1970 geboren ist, muss zu Beginn der Tätigkeit die erste Masernimpfung nachweisen. Weiter müssen die Pädagogen Auskunft zu möglichen Vorstrafen geben. Auch die Beschäftigung in der Ukraine als Lehrkraft muss dokumentiert werden. Zudem ist ein Nachweise über gute Deutsch- oder Englischkenntnisse nötig, um mit dem Kollegium kommunizieren zu können. Dazu sind natürlich die Aufenthalts- oder Arbeitserlaubnis sowie ein Lebenslauf vorzulegen.