Hausmüll trennen: Land will mehr Energie aus Biomüll gewinnen
Das Land Baden-Württemberg will die Gas-Abhängigkeit durch eine bessere Abfalltrennung reduzieren. Wie soll das umgesetzt werden? Und für was sollen alte Deponieanlagen genutzt werden?

Der Müllverbrauch in Baden-Württemberg ist zurückgegangen. Das ist zunächst eine gute Nachricht.
Das Problem ist aber, dass die Menschen den Müll immer noch zu wenig trennen - und dass weiterhin in den Restmülltonnen etwa 40 Prozent Bioabfälle landen. Dies ist umso ärgerlicher, weil aus den Bioabfällen in Vergärungsanlagen Energie und Wärme gewonnen werden kann. Und hier werden noch viele Rohstoffe quasi verschenkt.
"Aus Bananenschalen wird Erdgas hergestellt. Dann brauchen wir weniger Putin-Gas", stellt Andre Baumann, Staatssekretär im Stuttgarter Umweltministerium, den Zusammenhang zwischen der Mülltrennung im Kleinen und der globalen Energiekrise her.
Baumann: Anteil von vergorenem Biomüll muss gesteigert werden
Laut Baumann müsse der Anteil der vergorenen Bioabfälle deutlich gesteigert werden - von derzeit 67 auf möglichst 100 Prozent. Schließlich hätten fast alle Stadt- und Landkreise im Südwesten inzwischen eine getrennte Sammlung von Bioabfällen. In den nächsten beiden Jahren sollen die verbleibenden drei Kreise noch dazukommen.
Aktuell gibt es in Baden-Württemberg 15 sogenannte Biogasabfallvergärungsanlagen. In Leonberg (Kreis Böblingen) soll bis 2024 die nächste große Anlage hinzukommen. Nachdem die alte Anlage durch einen Brand zerstört worden ist, werden hier 35 Millionen Euro in den Wiederaufbau investiert.
Versorgung von 400.000 Menschen im Land als Ziel
Baumann verweist darauf, dass aktuell 230.000 Menschen in Baden-Württemberg mit Strom und Wärme aus Bioabfall versorgt werden. "Künftig sollen es 400.000 sein", so der Grünen-Politiker. "In der Restmülltonne sind Schätze vergraben. Das ist unser Gold", verweist er immer wieder auf die hohe Quote der Bioabfälle in der Restmülltonne. Er geht sogar so weit, Mülldetektive einzusetzen, "die bei den Leuten auch mal in die Tonne reingucken". Besonders in Mehrfamilienhäusern gebe es bei der Trennung Defizite.
Entwicklung der Müllmengen
Das Energiethema bestimmt nahezu die gesamte Pressekonferenz, in der Baumann eigentlich die Abfallbilanz von Baden-Württemberg für das Jahr 2021 vorstellen will. Nachdem 2020, im ersten Corona-Jahr, die Müllmengen angestiegen sind, weil die Menschen viel zu Hause waren, gab es im zweiten Corona-Jahr wieder einen Rückgang.
In Zahlen: 2020 meldeten die öffentlich-rechtlichen Entsorger in Baden-Württemberg 12,24 Millionen Tonnen, 2021 sind es 11,95 Millionen gewesen. Mit rund 6,3 Millionen Tonnen machten im vergangenen Jahr die Bauabfälle den größten Anteil aus. Baumann plädiert daher dafür, dass künftig verstärkt Recyclingbeton eingesetzt werde.
Solarparks auf Areal alter Deponien
Doch zurück zur Energiegewinnung. Hier gibt es noch ein anderes Thema im Zusammenhang mit der Abfallentsorgung. So erklärt Baumann, dass man prüfe, ob auf alten Deponieanlagen Solarparks errichtet werden könnten. Dies sei landesweit auf insgesamt 81 Deponiestandorten möglich. "Auf den Flächen hätten wir mit Fotovoltaikanlagen ein Gesamtpotenzial von rund 125 Megawatt", sagt Baumann.
Die Kommunen versuchen derweil, mit der Intensivierung von Beratungsangeboten für weniger Abfall zu sorgen. Die Landkreise im Südwesten würden das Ziel verfolgen, das Mengenniveau insgesamt weiter zu reduzieren, erklärt der Präsident des Landkreistags Baden-Württemberg, Joachim Walter (CDU). Unter Klimaschutzgesichtspunkten sei der beste Abfall der, der gar nicht erste entstehe, so Walter.
FDP kritisiert Landesregierung
Für die FDP im Stuttgarter Landtag übt deren klimaschutzpolitischer Sprecher Daniel Karrais Kritik an Baumann. So sei es zwar richtig, dass Bioabfälle mehr für Biogas genutzt werden sollten. Der Aufruf Baumanns, dass Mülldetektive zur Kontrolle eingesetzt werden sollten, lehne er aber ab. Karrais: "Die Appelle dieser Landesregierung werden immer irrsinniger."
Dieser Artikel wird in unserem Nachrichten-Podcast AbendSTIMME erwähnt - für weitere Nachrichten aus der Region können Sie hier den ganzen Podcast anhören.
Mit dem Podcast AbendSTIMME informieren wir Sie von Montag bis Freitag über die wichtigsten lokalen und regionalen Nachrichten auf stimme.de und überall, wo es Podcasts gibt.