Stimme+
Stuttgart
Lesezeichen setzen Merken

Gibt es genügend Lehrer an den Schulen?

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

In Baden-Württemberg will Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) den hohen Lehrerbedarf mit einer Reihe von Maßnahmen bekämpfen. Dabei kommen aktuell einige Faktoren zusammen, die für eine angespannte Personallage sorgen. Was sind die Gründe für den Mangel?

von Michael Schwarz
Zum Schuljahresbeginn warten auf die Lehrkräfte eine Reihe von Herausforderungen. Alleine die vielen zusätzlichen Schüler, die aus der Ukraine geflüchtet sind, sorgen für einen erhöhten Personalbedarf an den Schulen.
Foto: dpa
Zum Schuljahresbeginn warten auf die Lehrkräfte eine Reihe von Herausforderungen. Alleine die vielen zusätzlichen Schüler, die aus der Ukraine geflüchtet sind, sorgen für einen erhöhten Personalbedarf an den Schulen. Foto: dpa  Foto: Sebastian Gollnow

Am kommenden Montag beginnt das neue Schuljahr. Baden-Württembergs Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) blickt auf dieses mit Sorgenfalten, hat aber auch einige positive Botschaften. "Für mich steht über allem, dass wir Schulschließungen - aus welchen Gründen auch immer - um jeden Preis verhindern", sagt Schopper. Heißt: Weder wegen einer Corona-Ausbreitung, noch wegen Energieproblemen sollen die Kinder und Jugendlichen zu Hause bleiben müssen.


Mehr zum Thema

Ein Mäppchen liegt während des Unterrichts einer zweiten Klasse einer Schule auf einem Tisch.
Stimme+
Region
Lesezeichen setzen

Hohe Ausgaben beim Schulmaterial: Blöcke und Stifte belasten Familienbudgets


Bis zu 30 000 Kinder aus der Ukraine

Doch unabhängig vom schlimmsten Szenario der Schulschließungen gibt es an den baden-württembergischen Schulen eine Reihe von Problemen. Da wären zum einen die Folgen des Ukraine-Krieges. "Wir haben im letzten halben Schuljahr über 20.000 Kinder zusätzlich aus der Ukraine in die Klassen aufgenommen", erklärt Schopper. Sie gehe wegen des anhaltenden Zuzugs davon aus, dass die Zahl zum Schulstart weiter ansteigt auf rund 30.000. "Wir werden an manchen Orten an die Kapazitätsgrenzen auch an den Schulen kommen", so die Grünen-Politikerin.

Mehr Schüler bedeutet mehr Lehrer, womit Schopper schnell beim Hauptthema der bildungspolitischen Debatten ist: Gibt es genügend Pädagogen an den Schulen?

Mehr als 5000 Stellen konnten neu besetzt werden

Zunächst ein Blick auf die zu besetzenden Stellen. Von den mehr als 6060 Stellen, die zu Beginn des Schuljahres neu zu besetzen sind, wurde bislang in 5175 Fällen pädagogisches Personal gefunden. Das sind immerhin 400 neu besetzte Stellen mehr als im Vorjahr. Die Posten müssen besetzt werden, weil zum einen viele Pädagogen in den Ruhestand gehen, zum anderen fallen Lehrkräfte wegen Schwangerschaft oder Elternzeit aus. Außerdem steigen die Schülerzahlen wieder an. Mit Blick auf den Mehrbedarf hat das Land Vorkehrungen getroffen, um die hohe Zahl an geflüchteten Schülern zu integrieren. So wurden im Haushalt 1165 Stellen, die als künftig wegfallend vorgesehen waren, beibehalten. Zudem hat Grün-Schwarz bei den Beratungen zum Doppelhaushalt entschieden, dass 500 zusätzliche Lehrerstellen geschaffen werden sollen.

Lehrer in Teilzeit wollen mehr arbeiten

Weiter sind knapp 3000 Lehrer in Teilzeit dem Appell von Schopper und Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) gefolgt und haben ihre Wochenarbeitszeit erhöht. Kretschmann wurde im April dieses Jahres noch scharf für seinen Vorschlag kritisiert, Lehrer in Teilzeit könnten wegen des Pädagogenmangels und wegen der hohen Zahl an Ukraine-Flüchtlingen eine Stunde pro Woche zusätzlich unterrichten. Zwar rückte Kretschmann, nachdem es heftigen Gegenwind von den Bildungsverbänden gegeben hatte, von dieser Forderung wieder ab. Freiwillig sind aber jetzt viele der Aufforderung gefolgt.


Mehr zum Thema

Eine bessere Sprachförderung in Krippen und Kindergärten ist nach Expertenmeinung nur mit mehr Personal möglich.
Stimme+
Ilsfeld
Lesezeichen setzen

Zum Schuljahresstart: Auch die Sprachförderung in der Region bleibt wichtig


Große Probleme in Sonderpädagogik

Die Reihe der Personalmaßnahmen geht weiter. Rund 440 pensionierte Lehrkräfte helfen mit befristeten Verträgen an Schulen aus - oder es wurden Lehrkräfte, die an Gymnasien eingestellt worden sind, an andere Schularten abgeordnet, um dort die Unterrichtsversorgung zu sichern. Große Personalprobleme gibt es laut Schopper noch immer in der Sonderpädagogik. An den Grundschulen habe sich die Situation hingegen verbessert.

Erhebliche regionale Unterschiede

Interessant ist auch der Blick auf die regionalen Unterschiede im Land. Besonders beliebt bei den Nachwuchslehrern sind Stellen in Universitätsstädten wie Heidelberg, Karlsruhe oder Freiburg. Der Großraum Stuttgart ist wegen der hohen Lebenshaltungskosten kein einfaches Terrain, ländliche Regionen wie die Kreise Rottweil oder Tuttlingen sind kaum nachgefragt. Doch der Staat kann auch steuernd eingreifen: Zur Bekämpfung von regionalem Lehrermangel hat das Land mehr als 2400 Pädagogen in benachbarte Regionen versetzt.

Berufliche Schulen

An den beruflichen Schulen im Südwesten hat sich die Personalsituation deutlich entspannt − und liegt nur knapp unter der Vollversorgung. Von den 1220 zu besetzenden Stellen konnten lediglich 40 Posten nicht besetzt werden. Da in den beruflichen Schulen eine sogenannte Steuerrungsreserve von 100 Stellen vorhanden ist, kann an den einzelnen Standorten auf Schwankungen flexibel reagiert werden. Zudem gibt es an den beruflichen Schulen auch viele Direkteinsteiger aus der Wirtschaft, die berufsbegleitend pädagogisch qualifiziert werden. 

  Nach oben