BaWü-Check: Naturschutz ist vielen in Baden-Württemberg wichtiger als Bauland
Die Abwägung zwischen Naturschutz und Bauprojekten sorgt häufig für Streit. Im BaWü-Check, einer exklusiven Studie im Auftrag der baden-württembergischen Zeitungen, haben die Bürger jedoch eine klare Meinung.

Immer wieder wird im Land darüber gestritten, ob der Natur- und Artenschutz oder der Bau von Windrädern, Wohnungen oder Gewerbegebieten Vorrang haben sollte. So erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) beim Stimme-Wahlcheck in Heilbronn, das Bauen auf der grünen Wiese sei lange abgelehnt worden, wegen des Wohnungsmangels aber nötig. "Deshalb muss ein Umdenken in dieser Frage stattfinden."
Die Baden-Württemberger sehen das mehrheitlich anders. Das zeigt der aktuelle BaWü-Check, den das Institut für Demoskopie in Allensbach im November und Dezember exklusiv im Auftrag der baden-württembergischen Zeitungsverlage durchgeführt hat. Demnach sprechen sich 59 Prozent dafür aus, dass der Naturschutz nicht gelockert werden sollte, um neues Bauland für Wohnungen zu erschließen. Nur 22 Prozent befürworten das, 19 Prozent sind unentschieden.
Angesichts des Stellenwerts, den das Thema bezahlbarer Wohnraum in der Bevölkerung hat, sei dieser Rückhalt für den Naturschutz bemerkenswert, schreiben die Autoren. Dabei lohnt sich ein Blick in die Wohnverhältnisse: Wer in einem eigenen Haus oder einer eigenen Wohnung lebt, ist etwas stärker für den Naturschutz, wer zur Miete wohnt, kann sich lockerere Vorschriften noch am ehesten vorstellen.
Für den Ausbau von Windrädern und Solaranlagen muss die Natur für viele zurückstecken
Doch das Bekenntnis zum Naturschutz hat Grenzen: Wenn es um den Ausbau von Windrädern und Solaranlagen geht, sind die Meinungen weniger eindeutig. 41 Prozent finden, dass hier im Zweifel die erneuerbaren Energien Vorrang haben sollten, 38 Prozent finden dagegen den Naturschutz wichtiger. Während Männer sich eher für den Ausbau der Energieanlagen aussprechen (51 Prozent), sind es unter den befragten Frauen deutlich weniger (31 Prozent).
Ähnlich geteilt fällt das Stimmungsbild beim Schutz seltener Arten aus. Nur eine leichte Mehrheit (42 Prozent) findet es richtig, größere Bauvorhaben zu stoppen, wenn eine seltene Tierart gefunden wird oder deren Lebensraum bedroht ist. 37 Prozent halten einen Baustopp in diesen Fällen jedoch für übertrieben. Auch hier plädieren Frauen eher für einen Baustopp, Männer halten ihn eher für übertrieben.
Baden-Württemberger bekennen sich klar zum Nationalpark Schwarzwald
Wie wichtig der Schutz von Tieren und Pflanzen für die baden-württembergische Bevölkerung ist, zeigt das klare Bekenntnis im BaWü-Check zum Nationalpark Schwarzwald. Die CDU, damals noch in der Opposition, und Teile der Bevölkerung hatten die Einführung des Parks stets kritisiert. Heute stemmen sich die Christdemokraten vor allem gegen seine Erweiterung, während die Grünen um Ministerpräsident Winfried Kretschmann das für notwendig halten.
Dem überwiegenden Teil der Baden-Württemberger liegt der Nationalpark im Südwesten des Landes am Herzen: 80 Prozent finden es wichtig, dass es ihn gibt. Nur 9 Prozent halten das Schutzgebiet für "nicht so wichtig" und finden, dass Tiere und Pflanzen auch ohne den Nationalpark ausreichend geschützt sind. Weitere elf Prozent sind in dieser Frage unentschieden.
Grüne und SPD besonders zufrieden mit Umweltpolitik von Grün-Schwarz
Das Urteil der Bürgerinnen und Bürger über die Umwelt- und Naturschutzpolitik der Landesregierung fällt geteilt aus. Mehr als ein Drittel ist zufrieden oder sehr zufrieden. Das andere Drittel ist weniger zufrieden, 15 Prozent sind "gar nicht zufrieden". Besonders kritisch sind Menschen mit einem Haushaltseinkommen von 3500 Euro und mehr: Unter ihnen sind 47 Prozent der Befragten weniger oder gar nicht zufrieden. Den größten Segen für ihre Umweltpolitik bekommt die Landesregierung von Menschen mit einem Einkommen zwischen 2000 und 3000 Euro: 38,5 Prozent von ihnen gaben sich im BaWü-Check zufrieden oder sehr zufrieden.
Unter den Anhängern der Grünen sind 62 Prozent positiv gestimmt und 24 Prozent negativ gestimmt. Die SPD-Wähler stellen der Landesregierung ebenfalls ein überwiegend positives Zeugnis aus.
Anders fällt das Urteil der Christdemokraten im Land aus: Die eine Hälfte ist zufrieden mit dem Umwelt- und Naturschutz der Landesregierung, die andere Hälfte ist unzufrieden – das Gleiche gilt für die Anhänger der FDP, wenn auch sie ein Stück unzufriedener sind. Unter den AfD-Anhängern herrscht klare Ablehnung: 34 Prozent sind weniger zufrieden und 30 gar nicht zufrieden. Die Umweltpolitik des Landes sagt nur jedem fünften AfD-Anhänger zu.