Bauernpräsident Rukwied: „Wir gehen davon aus, dass sich die Ampel der Brisanz des Themas bewusst ist“
Bauern in ganz Deutschland protestieren gegen Pläne, Subventionen zu streichen. Nun gibt es ein Gespräch mit der Ampel-Koalition - der Bauernverband will vor allem über Agrardiesel sprechen.

Die Proteste der Landwirte gegen die Pläne der Ampel-Regierung dauern an. Am Donnerstag fand eine Bauern-Kundgebung am Sinsheimer Stadion statt. Rund 1500 Bauern hatten sich zu einer Großdemo versammelt. Zuvor waren sie mit ihren Traktoren in Staffelfahrten in den Kraichgau gekommen.
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Bauernproteste: Steinmeier ruft Bundesregierung zum Gespräch mit Bauern auf
Angesichts der Bauernproteste in Deutschland hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Bundesregierung zum Gespräch mit den Landwirten aufgerufen. In einem Interview mit der «Süddeutschen Zeitung» (Samstag) zeigte er zugleich Verständnis für die Bauern und ihren Unmut. «Ich finde es in der augenblicklichen Situation dringend notwendig, dass persönliche Gespräche stattfinden», sagte Steinmeier. «Proteste sind legitim, aber Sprachlosigkeit zwischen der Bundesregierung und den Bauern schadet allen Beteiligten.»
Steinmeier riet der Politik, öfter die Hauptstadt Berlin zu verlassen und raus ins Land zu gehen, so wie er dies tue, wenn er seinen Amtssitz immer wieder für einige Tage in kleinere Städte verlege. Er wolle den Menschen dort das Gefühl nehmen, dass sich niemand für sie interessiere. «Manchmal hilft es schon, hinzugehen und zu sagen, wir wollen Euch hören. Insofern halte ich mehr Präsenz im ländlichen Raum tatsächlich für dringend erforderlich.»
Hinzu komme, dass der Griff ins Supermarktregal die Menschen von den Produzenten der Lebensmittel entfremdet habe. «Das mag auch ein Grund sein, dass es in unserem Land insgesamt an einer ausreichenden Würdigung derer fehlt, die für die Erzeugung der Nahrungsmittel und für den Erhalt der Lebensbedingungen im ländlichen Raum verantwortlich sind», sagte der Bundespräsident.
Landwirte erwarten eine Lösung beim Agrardiesel
Unterdessen erwartet der Bauernverband von dem Gespräch mit den Fraktionschefs der Ampel-Koalition am Montag eine Lösung in der Kernfrage des Agrardiesels. «Wir gehen davon aus, dass sie sich der Brisanz des Themas bewusst sind und wir ernsthafte Vorschläge dazu erhalten werden», sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied der dpa. «Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Beim Gespräch am Montag kann es zunächst nur um den Agrardiesel gehen.» Man setze darauf, dass die Fraktionsvorsitzenden dazu eine Lösung vorlegen.
Die Vorsitzenden der Ampel-Fraktionen im Bundestag hatten die Spitzen der Landwirtschaftsverbände angesichts anhaltender Bauern-Proteste zu dem Gespräch eingeladen. «Bei den aktuellen Demonstrationen wird deutlich, dass es Ihrem Berufsstand jedoch nicht nur um finanzielle Belastungen geht, sondern auch um fehlende Planungssicherheit und wirtschaftliche Perspektiven für die landwirtschaftlichen Betriebe», heißt es in der Einladung. Am Montag findet in Berlin auch eine große Protestkundgebung von Bauern und der Speditionsbranche statt.
Die Bundesregierung hat die Pläne zu Subventionskürzungen in der Landwirtschaft bereits abgeschwächt. Die seit mehr als 70 Jahren bestehende Steuervergünstigung beim Agrardiesel soll demnach nicht mehr auf einen Schlag enden, sondern schrittweise über drei Jahre auslaufen. Eine Streichung der Kfz-Steuerbefreiung für Landwirte hat die Koalition ganz zurückgenommen. Die Pläne kommen nun zu den parlamentarischen Beratungen in den Bundestag.