Baden-Württembergs Ministerien wollen bei Facebook bleiben
Ende März hat der baden-württembergische Datenschutzbeauftragte Stefan Brink die Ministerien im Land aufgefordert, ihre Seiten bei Facebook und Twitter zu löschen und zu datenschutzfreundlicheren Alternativen zu wechseln. Doch die Behörden wollen sich dieser Aufforderung nicht freiwillig beugen.

Stefan Brink lässt keinen Zweifel daran, was passieren muss: Ministerien in Baden-Württemberg sollen ihre Facebook-Seiten löschen. Diesen Appell richtete der Landes-Datenschutzbeauftragte Ende März an die Behörden. Denn Brink und seine Kollegen aus den anderen Bundesländern sehen die europäischen Datenschutz-Regeln (DSGVO) verletzt, wenn Behörden eine Seite bei Facebook betreiben.
Und das sehen nicht nur die deutschen Datenschützer so. Bereits im Sommer 2018 urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass Betreiber einer Facebook-Seite genauso für Datenschutzverstöße verantwortlich sind, wie der US-Konzern selbst.
Da das Netzwerk nicht transparent darüber aufklärt, was genau mit Nutzerdaten passiert, sieht Brink die DSGVO in ihren Grundzügen verletzt. "Rechtswidrig betriebene Social-Media-Kanäle haben für öffentliche Stellen keine Zukunft", fasst Brink zusammen. "Daher müssen Verantwortliche jetzt auf Alternativen umsteigen und diese ausbauen." Zuvorderst gehe es um den Rückzug aus Facebook, Twitter sei jedoch genauso problematisch.
Staatsministerium: Niemand muss Facebook nutzen, um informiert zu sein
Doch freiwillig scheinen die zwölf Ministerien in Baden-Württemberg dieser Forderung nicht nachkommen zu wollen. Sie alle sind mit einem Profil entweder bei Facebook, Twitter oder auf beiden Plattformen vertreten. Nun soll das Staatsministerium von Ministerpräsident Winfried Kretschmann klären, was mit diesen Auftritten passieren soll.
"Wir veröffentlichen keine essentiellen Informationen exklusiv auf Facebook", erklärt dessen Sprecher Arne Braun. Alle Inhalte seien auch auf den Internetseiten der Ministerien und des Landes zu finden. "Niemand muss also Facebook nutzen, um durch die Landesregierung informiert zu werden", sagt Braun. "Aber wir sehen uns verpflichtet, die Menschen mit zeitgemäßen Mitteln über die Arbeit der Landesregierung zu informieren - dazu gehören auch die sozialen Netzwerke."
Probleme mit dem Datenschutz sind bekannt, Alternativen wie Mastodon aber nicht weit verbreitet
Die Probleme mit dem Datenschutz bei Facebook seien bekannt, betont Braun. Dennoch sei die Plattform wichtig, um Menschen zu erreichen, die "nur schwer über andere Wege erreicht werden können". Deshalb stimme sich Baden-Württemberg nun mit den anderen Ländern und dem Bundespresseamt ab, was nun passieren soll. Einen Account auf der von Datenschützer Brink empfohlenen Twitter-Alternative Mastodon haben das Staatsministerium und einige weitere Ministerien bereits. Diese sei jedoch kaum verbreitet.
Bundesregierung hält Social Media in Zeiten von Corona und Ukraine-Krieg für unerlässlich
Das Problem betrifft nicht nur Landesbehörden, sondern genauso die Bundesministerien. Darauf hatte der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber 2019 hingewiesen. In diesem Jahr will er in der Sache aktiv werden. Denn ein freiwilliger Rückzug der Ministerien aus den sozialen Netzwerken scheint bisher auch in Berlin nicht bevorzustehen.
Die Plattformen seien wichtig, um einen unmittelbaren und schnellen Kontakt mit Bürgern herzustellen, sagt eine Sprecherin des Bundespresseamts. Das sei besonders in Krisenzeiten wichtig, um Gerüchte und falsche Behauptungen zu widerlegen. "Die große Bedeutung dieser Kommunikationsformen hat sich während der Pandemie oder auch aktuell im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Überfall Putins auf die Ukraine in besonderem Maße gezeigt", erklärt die Sprecherin weiter.
Auch die Facebook-Seite der Bundesregierung soll bleiben
Derzeit tausche sich die Behörde mit den Bundesländern aus. Wegen der unterschiedlichen Rechtslagen sei dieser Austausch jedoch "nicht auf das Erzielen von Ergebnissen" ausgerichtet.
Der Facebook-Auftritt der Bundesregierung soll jedenfalls bestehen bleiben. Er sei ein wichtiger Teil der Öffentlichkeitsarbeit, "an dem wir festhalten und uns zugleich für eine möglichst datenschutzfreundliche Ausgestaltung einsetzen".