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Das Digitale-Märkte-Gesetz wird das Netz für immer verändern, meint unser Autor.

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Ihre Euphorie konnte die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager kaum verbergen, als sie in einem Video verkündete: "Wir haben einen Deal!" Und es ist ein großer: Am späten Donnerstagabend einigten sich Kommission, Rat und Parlament nach zähen Verhandlungen auf einen gemeinsamen Vorschlag für das Digitale-Märkte-Gesetz (DMA).

Das Gesetz wird das Internet für immer verändern, ganz ähnlich, wie es die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vor wenigen Jahren getan hat. Den großen US-Konzernen Apple, Google, Microsoft, Amazon und Facebook dürfte das nicht gefallen, denn die neuen Vorgaben werden ihre Plattformen und Dienste aufbrechen.

Ein Beispiel: Messenger-Apps wie Whatsapp oder iMessage müssen sich künftig für Konkurrenten öffnen. Dadurch können Nachrichten plattformübergreifend ausgetauscht werden – von Signal zu Telegram, von Whatsapp zum Facebook-Messenger. Bisher verhinderte der sogenannte Netzwerkeffekt, dass Menschen Alternativen mit besserem Datenschutz nutzen: Wenn alle bei Whatsapp sind, erreicht man als Signal-Nutzer niemanden.


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Betroffen sind nicht nur Messenger: Auch Apple wird sein Betriebssystem für Apps anderer Anbieter öffnen müssen. Bisher wehrt sich der Konzern vehement dagegen und zwingt Entwickler, seine Infrastruktur zu nutzen. Das Digitale-Märkte-Gesetz soll solche Lock-in-Praktiken verhindern. Dadurch sollen Mittelständler und Start-ups aus Europa gestärkt werden und bei Internetdienstleistungen mithalten können. "Jeder hat die faire Chance, es zu schaffen", findet Vestager.

Das wegweisende Gesetz trägt auch eine regionale Handschrift: Die Hohenloher SPD-Europaabgeordnete Evelyne Gebhardt hat den DMA zu ihrem letzten Projekt gemacht. Bis zu ihrem Rücktritt im Februar verhandelte sie darüber und erreichte den erwähnten plattformübergreifenden Austausch zwischen Messengern. Dass das Gesetz auch Internet-Browser und Assistenten wie Amazons Alexa betrifft, ist ebenfalls ein Verdienst Gebhardts und der Sozialdemokraten.

Das Gesetz dürfte Wirkung entfalten: Bei Verstößen drohen Geldstrafen in Höhe von bis zu zehn Prozent des weltweiten Umsatzes. Bei Wiederholung kann sich die Summe auf 20 Prozent erhöhen. Beträge also, die selbst Konzerne wie Amazon und Google nicht aus der Portokasse zahlen. Zum Vergleich: Bei Verstößen gegen die DSGVO werden bis zu 4 Prozent des weltweiten Umsatzes fällig.

 

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Die Argumente der Tech-Konzerne gegen das Vorhaben sind dünn. Das Digitale-Märkte-Gesetz führe zu "Sicherheitsrisiken" oder weniger "Wahlfreiheit" für Nutzer. Überzeugend ist das nicht: Das plattformübergreifende Chatten ist laut Meinung von Experten zwar technisch kniffelig, aber möglich – zumal bei E-Mails und SMS bereits unabhängig vom Anbieter kommuniziert wird. Klar ist: Die Internetriesen brauchen die 447 Millionen EU-Bürger und werden sich fügen müssen. Wichtig ist dennoch, dass die Regeln durchgesetzt und Geldstrafen tatsächlich verhängt werden.

Die EU hat mit dem Digitale-Märkte-Gesetz den Grundstein für ein neues Internet gelegt. Für Tech-Giganten wird es schwerer, ihre Marktmacht auszunutzen. Nach den Skandalen der vergangenen Jahre sollte jedem klar sein, wie wichtig Daten und die Kontrolle darüber sind.

Ob bald Messenger-Dienste und Plattformen aus Europa aufblühen werden, bleibt abzuwarten. Die Chancen dafür stehen so gut wie selten zuvor. Schnell dürfte es nicht gehen: Zu sehr bestimmen Whatsapp, Instagram und Co. unser Leben.

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