Klimaschutz im Wahlkampf
Das Thema Klimaschutz ist für viele Wähler wichtig, jedoch längst nicht für alle. Der Kohleausstieg könnte im Osten schon früher kommen als geplant.

Für Freitag haben die Bewegung Fridays for Future und zahlreiche andere Verbände unter dem Motto "Alle fürs Klima" zum globalen Klimastreik aufgerufen. In Heilbronn startet der Protest um 12 Uhr am Bollwerksturm, in vielen anderen Städten der Region wie Künzelsau und Eppingen sind ebenfalls Kundgebungen angemeldet.
Zwei Tage später entscheiden die Wähler in Deutschland über die künftige Bundesregierung. "Das Klimathema ist für viele dabei schon vorrangig", sagt der Mannheimer Politikwissenschaftler Thomas Gschwend. "Die Leute wollen etwas anderes, aber sie haben unheimliche Angst davor, was der Klimaschutz kosten wird." Das sei auch ein Verschulden der Medien, meint Gschwend. "Da wurde lange Zeit ein katastrophal falsches Narrativ bemüht." Statt die Frage zu stellen, was Untätigkeit koste, sei immer thematisiert worden, was Maßnahmen zum Klimaschutz kosten. Dabei sei doch wissenschaftlich klar belegt: "Nichts zu tun kostet unendlich viel mehr."
Tatsächlich ist die Umwelt- und Klimapolitik für 66,3 Prozent der Befragten das wichtigste Thema in diesem Bundestagswahlkampf, wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey Ende August ergab. Erst mit deutlichem Abstand folgten die Themen Renten- und Sozialsysteme (50,5 Prozent) sowie Wirtschaft und Arbeitsplätze (42,6 Prozent).
Bei Straßenwahlkampf spielen andere Themen eine größere Rolle
Aber ist der Klimaschutz nun ein entscheidendes Kriterium für die Wahlentscheidung? Im Straßenwahlkampf in Heilbronn ist davon wenig zu spüren. Nur vereinzelt wird am vergangenen Wochenende an den Infoständen der verschiedenen Parteien über Klimaschutz gesprochen. Wichtiger sind Passanten offensichtlich Themen wie Steuerbelastungen beispielsweise durch den CO2-Preis, oder Mobilität insgesamt.
Beim Stimme-Wahlforum am vergangenen Montag in Brackenheim stand die Debatte ums Klima dagegen im Fokus der sechs Kandidaten für den Wahlkreis Neckar-Zaber. Für den Großteil von ihnen ist ein Ausstieg aus der Kohle- und Atomenergie unaufschiebbar.
Im Osten des Landes könnte der Kohleausstieg womöglich ohne eine Neuverhandlung des Kohlekompromisses schon früher als 2038 geschehen. Das legt eine Untersuchung des Analysehauses Energy Brainpool im Auftrag der Ökoenergiegenossenschaft Green Planet Energy nahe. Ostdeutsche Braunkohlekraftwerke, die auch nach 2030 am Netz bleiben sollen, werden demnach bei kontinuierlichem Ausbau erneuerbarer Energien und weiter steigenden CO2-Preisen schon in den kommenden Jahren unwirtschaftlich.
Steigt der Preis für CO2-Verschmutzungsrechte – die für die Kohlebetreiber Teil der Betriebskosten sind – bis 2038 weiter auf ein realistisches Niveau von 105 Euro, so rutschen die drei ostdeutschen Kraftwerke schon ab dem Jahr 2024 ins Minus, so die Untersuchung. Sie können Kohlestrom danach nicht mehr gewinnbringend anbieten.
Das Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien müsse jedoch verdreifacht werden, mahnt der Energieversorger EnBW: Bis 2030 müsse ausgebaut und der Rückstand früherer Jahre aufgeholt werden. Dazu brauche es mehr Flächen für Windkraft und bessere Genehmigungsverfahren.