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Wird diese Wahl eine "Klima-Wahl"?

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Ob der Klimaschutz bei der Bundestagswahl am 26. September wirklich das alles entscheidende Thema ist oder Wirtschaft und Außenpolitik eine ebenso wichtige Rolle spielen, dazu beziehen vier U30-Redakteure der Heilbronner Stimme Stellung.

Von unserer Redaktion
Klimaschutz und Kohleausstieg sind zentrale Themen im Wahlkampf zur Bundestagswahl 2021. Foto: dpa
Klimaschutz und Kohleausstieg sind zentrale Themen im Wahlkampf zur Bundestagswahl 2021. Foto: dpa  Foto: Julian Stratenschulte (dpa)

Weiter so? Beim Klimaschutz ist das für viele junge Menschen unvorstellbar, wie das Ergebnis einer internationalen Umfrage des Aktivisten-Netzwerks Avaaz zeigt. Sie wurde zehn Tage vor dem globalen Klimastreik am 24. September im „Spiegel“ veröffentlicht. Insgesamt waren 10 000 junge Menschen zwischen 16 und 25 Jahren aus zehn Ländern beteiligt.

Das Ergebnis? 60 Prozent gaben an, unter Zukunftsängsten zu leiden, und fast die Hälfte beklagt, dass ihre Sorgen vor dem Klimawandel ihr tägliches Leben beeinträchtigen. Schaut man sich weltweit wachsende Bewegungen wie Fridays for Future an, dann ist klar: Die Jugend fordert, dass sich etwas tut.


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Foto: irgit Reitz-Hofmann/stock.adobe.com
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Klimaschutz im Wahlkampf


Immer mehr Umweltverbände machen Druck

Wie dringend der Handlungsbedarf ist, zeigen die zahlreichen Katastrophen, die die Welt in den vergangenen Monaten heimgesucht haben – ob die Hitzewelle in Nordamerika oder die Hochwasserkatastrophe in Deutschland – die Welt verändert sich. Nicht nur Menschen auf den Straßen wollen wachrütteln, auch Umweltverbände machen Druck. So wollen Greenpeace und die Deutsche Umwelthilfe die Automobilkonzerne Volkswagen, Daimler, BMW und den Öl- und Gasförderer Wintershall Dea verklagen, sollten sie sich nicht zu mehr Klimaschutz bekennen.

Gerade verklagt eine Gruppe junger Menschen in Portugal die Regierung, um Klimaschutz in ihrem Land voranzutreiben. Klimapolitik ist ein Thema, das nicht mehr nur in den Fokus der Gesellschaft, sondern auch in den Fokus der Wahlprogramme der Parteien gerückt ist. In fast allen Wahlprogrammen zur Bundestagswahl 2021 taucht das Thema prominent auf.

Ist Klimaschutz das alles entscheidende Thema?

Aber ist der Klimaschutz bei der Bundestagswahl am 26. September wirklich das alles entscheidende Thema? Oder spielen auch Wirtschaft und Außenpolitik eine ebenso wichtige Rolle? Wird diese Wahl eine „Klima-Wahl“ und eine Chance sein, die politischen Weichen für das 1,5 Grad-Ziel zu stellen? Dazu nehmen vier U30-Redakteure und -Volontäre der Heilbronner Stimme Stellung.

 

  1. 1

    Christoph Donauer, 27, Redakteur: Die großen Weichen muss die Politik stellen

    Einfach machen statt diskutieren. Dieses Motto sollte beim Klimaschutz öfter gelten. Natürlich habe ich zu Öko-Strom gewechselt, kaufe sparsame LED-Birnen und beziehe mein Gemüse von einem regionalen Bauernhof. Zur Arbeit fahre ich mit dem Fahrrad und für längere Strecken miete ich ein E-Auto. Den Urlaub verbringe ich fast immer in Europa, fahre Bahn und kompensiere vereinzelte Flüge. Trotzdem komme ich auf rund acht Tonnen CO2 im Jahr, liege über dem weltweiten Durchschnitt und weit jenseits dessen, was das Klima abkann.

    Das zeigt: Niemand kann die Welt alleine retten. Und klimafreundliche Konsumentscheidungen kann sich nicht jeder leisten. Die großen Weichen muss die Politik stellen. Deshalb ist Klimaschutz ein zentrales Thema für diese Wahl, das sich über viele Bereiche erstreckt. Von einem besseren Nahverkehr, sauberer Luft, Aufforstungen und einem sozialen Ausgleich beim CO2-Preis profitiert am Ende jeder. Und eine Regierung, die für eine so große Aufgabe kluge Lösungen präsentiert, wird mit allem anderen auch fertig.

  2. 2

    Lisa Könnecke, 27, Volontärin: Manchmal spielt Deutschland den Moralapostel

    Verbrenner-Fahrzeuge abzuschaffen oder Tempo 30 in deutschen Städten einzuführen, werden auf lange Sicht keinen sinnvollen Beitrag für die Umwelt leisten, wenn anderswo Kreuzfahrtschiffe durch die Meere schippern und pro Tag so viel CO2 ausstoßen wie fast 84 000 Autos zusammen. Ich finde, Umweltschutz und Wirtschaft können – nein, müssen – Hand in Hand gehen. Das eine schließt das andere nicht aus. Um den öffentlichen Nahverkehr attraktiver zu machen, muss er eine wirkliche Alternative zum Auto oder Flugzeug sein. Warum macht man den Menschen Elektroautos mit Prämien schmackhaft, aber stellt nicht genügend Tankstellen dafür bereit?

    Es gibt viele Bereiche, in denen man jetzt schon handeln und die Welt ein bisschen grüner machen könnte. Manchmal kommt es mir so vor, als ob Deutschland den Moralapostel spielen will und dabei Gefahr läuft, die Probleme nur an der Oberfläche zu behandeln. Klar kann man sich im Schein vermeintlicher Lösungen sonnen. Aber Probleme müssen an der Wurzel angepackt werden. 

  3. 3

    Linda Möllers, 29, Redakteurin: Klimapolitik hat es endlich an die Spitze geschafft

    Ein Blick auf die Stimmung im Land vor den vergangenen Bundestagswahlen zeigt: Jede Zeit hat ihre Themen, und je mehr Menschen direkt betroffen sind, desto höher stehen diese Anliegen bei den anstehenden Wahlen im Kurs. Dabei ist es nur verständlich, dass den Deutschen wegen der Finanzkrise und der Flüchtlingkrise bei den Bundestagswahlen 2013 und 2017 die Themen Arbeitslosigkeit, Einwanderung und soziale Gerechtigkeit wichtiger waren als die Klimapolitik. Jetzt, nach all den Jahren im unteren Drittel, hat es die Klimapolitik bei diesem Wahlkampf endlich an die Spitze der drängendsten Themen geschafft – zwar recht spät, aber immerhin.

    Denn noch ist der Kampf gegen den Klimawandel nicht ausweglos, wenn wir jetzt handeln. Die Klimapolitik als wichtigstes Thema unserer Zeit, das hat einfach seine Richtigkeit. Schon allein, damit Deutschland den Klimaschutz im eigenen Land endlich vorantreibt und international eine Vorreiterrolle einnimmt. Das schließt andere Themen wie Digitalisierung oder soziale Gerechtigkeit nicht aus.

  4. 4

    Nils Buchmann, 29, Volontär: Deutschland rettet das Klima nicht im Alleingang

    Lange war eine Wahlentscheidung nicht mehr so richtungsweisend wie bei dieser Bundestagswahl. Der Klimawandel ist eine Herausforderung, der wir entgegentreten müssen. Allerdings nicht alleine und mit einer Politik der Verbote, sondern gemeinsam und mit Innovation. Denn dem Weltklima wird nicht geholfen, wenn ich in Deutschland auf Plastik-Trinkhalme verzichte, während in Asien reihenweise neue Kohlekraftwerke ans Netz gehen und halb Europa mit Gas oder Kernkraft heizt. Und wer – wie ich – gerne Verbrenner fährt und sich lieber für den Ein-Stunden-Flug von Düsseldorf nach München entscheidet, anstatt fünf Stunden mit der Bahn zu fahren, sollte dies auch tun dürfen.

    Um in unserem Land weiterhin in Wohlstand leben zu können, sollten wir uns wieder verstärkt auf die Finanz- und Wirtschaftspolitik sowie auf unsere Außen- und Sicherheitspolitik fokussieren. Denn das Funktionieren einer Industrienation ist zu komplex, als dass wir diese von heute auf morgen im Alleingang dem Klima unterordnen könnten.

 

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Kommentare

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Wolf-Dieter Veigel am 22.09.2021 13:27 Uhr

Der Volontär bringt es auf den Punkt. Es bedeutet persönliche Einschränkungen, man sollte auch von entsprechend weiten Urlaubsreisen Abstand nehmen.Das öffnetliche Personenverkehr müsse massiv ausgebaut werden, hier stellt sich jedoch auch die Frage, wie kommen die Betreiber- Fahrer zu ihren Fahrzeugen. Ein nicht mehr bezahlbarer Pkw kommt wohl kaum in Betracht. Jeder muss eben bereit sein, einbussen,hinzunehmen. Ob dies machbar ist, darf bezweifelt werden, da wir auf die Mdamals möglichen Dinge in den 70 Jahren zusteuern müssten.

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