Stimme+
Arbeitszeit in der Logistik
Hinzugefügt. Zur Merkliste Lesezeichen setzen

Auch ohne Urteil am Arbeitsgericht: Würth-Mitarbeiterin fühlt sich als Siegerin

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

Noch gibt es im Verfahren um die Klage einer Logistik-Mitarbeiterin von Würth kein Urteil. Dennoch fühlen sich die Lagerarbeiterin und die IG Metall nach der Verhandlung in Heilbronn bestätigt.


Externer Inhalt

Dieser externe Inhalt wird von einem Drittanbieter bereit gestellt. Aufgrund einer möglichen Datenübermittlung wird dieser Inhalt nicht dargestellt. Mehr Informationen finden Sie hierzu in der Datenschutzerklärung.

Die Besucherstühle des kleinen Saals vier des Arbeitsgerichts Heilbronn reichten gerade so aus. Den Fall Ina Möller gegen Würth verfolgten am Dienstagmittag gut 20 Interessierte, auch von einem Unternehmen der Würth-Gruppe aus Österreich war eine kleine Delegation gekommen. Als Richter Carsten Witt mit leichter Verspätung in den Saal trat, ließ er als erstes die Fenster öffnen, da der „CO2-Gehalt schon im roten Bereich“ sei, wie er sagte.

Die Luft reichte anschließend aus: Die Verhandlung war – nach zwei kurzen Unterbrechungen – nach nicht einmal 30 Minuten wieder vorbei, das Verfahren wurde ausgesetzt. Grund war ein unklarer Rechtszustand, so formulierte es Carsten Witt. „Wir hätten heute nicht zusammenkommen müssen“, stellte der Richter fest. Die Parteien stehen sich in einem anderen Verfahren im Mai noch einmal gegenüber.

In der Logistik von Würth arbeiten mehrere Hundert Mitarbeiter. Vor allem in der Spätschicht sollen Kollegen bei entsprechender Auftragslage früher nach Hause geschickt worden sein.
In der Logistik von Würth arbeiten mehrere Hundert Mitarbeiter. Vor allem in der Spätschicht sollen Kollegen bei entsprechender Auftragslage früher nach Hause geschickt worden sein.  Foto: Würth/Peter Petter

Prozess am Arbeitsgericht Heilbronn – Würth-Lagerarbeiterin klagt

Dabei geht es um die von Würth ausgesprochene fristlose Kündigung von Möller, ihren Betriebsratskollegen Uwe Klenk sowie IG-Metall-Vertrauensmann Jürgen Fischer in einer anderen Sache. Dieses Verfahren habe Vorrang, ehe eine Entscheidung im Fall der Klage von Möller wegen der Arbeitszeiten in der Logistik entscheiden werden kann.

Die Lagerarbeiterin, die schon 2011 in der Würth-Logistik tätig ist, klagte aufgrund des Umstands, dass vor allem Mitarbeiter in der Spätschicht von Führungskräften bei niedrigerer Auftragslage sehr kurzfristig früher nach Hause geschickt werden – und ihr diese Stunden am Ende fehlten. „Würth wälzt dadurch sein unternehmerisches Risiko auf seine Mitarbeiter ab“, sagt Uwe Bauer, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Schwäbisch Hall.

„Würth wälzt das unternehmerische Risiko auf seine Mitarbeiter ab.“

Uwe Bauer

Wie Würth-Mitarbeiter der Heilbronner Stimme berichten, sei die Auftragslage in den Sommerferien sowie in den Wintermonaten Dezember und Januar tendenziell schwächer, weshalb es in der Zeit häufiger vorkomme, dass die Spätschicht früher nach Hause geschickt wird. „Dadurch entstehen mitunter auch Minusstunden“, sagt einer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Ist die Auftragslage gut, würden Logistik-Mitarbeiter auch samstags zum Arbeiten einbestellt. Planbarkeit: Fehlanzeige, da vieles kurzfristig entschieden werde.   

Klage von Würth-Lagerarbeiterin – neue Betriebsvereinbarung in der Logistik

Ein wechselnder Arbeitsanfall sei auch in anderen Bereichen und Branchen nichts Ungewöhnliches, führte Michael Laudahn aus. Abgesehen davon, so der Würth-Anwalt: „Die Vertriebsvereinbarung gibt das her.“ Allerdings wurde die inzwischen angepasst, oder wie Laudahn sagte: ausdifferenziert. Mitarbeiter sollten nach Möglichkeit früher erfahren, inwiefern sie mehr oder weniger arbeiten müssten.

Die neue Vereinbarung sei auch mit dem Betriebsrat abgestimmt, führte Laudahn an. „Nur mit arbeitgebernahen Betriebsräten“, wie Bauer später sagte. Denn die IG Metall hätte dem nicht zugestimmt. An der Klage von Ina Möller indes änderte das nichts. Obwohl das Verfahren ausgesetzt wurde, fühlte sie sich nach der Verhandlung durchaus als Siegerin. Abhängig von der Kündigungsklage sei es nur darum gegangen, „ob ich die Stunden ausbezahlt oder gutgeschrieben bekomme“. Entsprechende Anträge wurden eingereicht.

Verhandlung am Heilbronner Arbeitsgericht: Droht Würth ein Präzedenzfall?

Ähnlich sah das Uwe Bauer. „Die Stunden an sich wurden nicht streitig gemacht“, stellte der 1. Bevollmächtigte der IG Metall Schwäbisch Hall zufrieden fest. Mit Blick auf die anderen rund 800 Mitarbeiter in der Würth-Logistik stellte er provokativ die Frage: „Was bedeutet das jetzt für die?“ Würth-Anwalt Michael Laudahn wollte die Frage nach einem möglichen Präzendenzfall nicht kommentieren. Er nahm aber zur Kenntnis, dass die Gewerkschaft offenbar weitere Anträge von Mitarbeitern auf Anerkennung ihrer Arbeitsstunden auf dem Tisch liegen habe.

Würth hatte Ina Möller, ihrem Betriebsratskollegen Uwe Klenk und IG-Metall-Vertrauensmann Jürgen Fischer vergangenes Jahr wegen des Erschleichens und Fälschens von Unterschriften fristlos gekündigt. Vergangenen Sommer hatte das Trio Unterschriften gesammelt, um auf die fehlende Wertschätzung vonseiten der Führungskräfte in der Logistik hinzuweisen. Die Kündigungen beschäftigen das Gericht in drei Einzelverfahren in den nächsten Wochen, nachdem es bei den jeweiligen Güteterminen zu keiner Einigung gekommen war.

Da beide Parteien am Ende des Verfahrens ihre Anträge einreichten, wird nach dem Verfahren um die Kündigung gegen Möller ohne weitere Zusammenkunft ein Urteil zu den Arbeitsstunden ergehen. Im Fall einer Kündigung, so formulierte es Richter Witt, könnten Möller rund 1650 Euro samt fünf Prozent Zinsen zugesprochen werden. Sollte die Kündigung unzulässig sein, würden die Stunden wohl gutgeschrieben.

Kommentare öffnen
Nach oben  Nach oben